Immobilienwirtschaft 4/2017 - page 64

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PERSONAL & KARRIERE
I
WORK-LIFE-BALANCE
mobilienfirmen in der Lage, Work-Life-
Balance-Maßnahmen umzusetzen, indem
sie unbürokratisch auf die persönlichen
Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen
und ihnen Verständnis entgegenbringen.
„Diese einfache, zwischenmenschliche
Komponente ist nicht zu unterschätzen”,
sagt Anne Bailly.
Flexibilisierung der Arbeitszeit und
des Arbeitsortes sind die gängigsten Va-
rianten, um für eine gute Vereinbarkeit
von Familie, Freizeit und Beruf zu sor-
gen – Gleitzeit und Home Offices sind
in einigen Immobilienunternehmen be-
reits üblich, und Unternehmen wie Jones
Lang LaSalle punkten besonders mit dem
Konzept der Vertrauensarbeitszeit, wobei
Arbeitnehmer ihre Einsätze im Wesent-
lichen eigenverantwortlich einteilen. „Die
Flexibilisierung der gesamten Arbeitswelt
wird von denMitarbeitern sehr geschätzt“,
sagt HR-Expertin Catrin Brand: „Die di-
gitale Welt hat uns freier, selbstständiger
und wendiger gemacht. Und genau das
wünschen sich die Mitarbeiter auch von
ihrer Arbeitsumgebung. Wer als Un-
ternehmen Nachwuchs gewinnen und
im Wettbewerb um Fachkräfte die Nase
vorn haben will, muss sich entsprechend
und rundum auf die neuen Erwartungen
seiner wichtigsten Ressource einstellen.
Neben dem zeitlichen Aspekt wird auch
das Einlassen auf räumliche Flexibilität
immer wichtiger. Nicht nur im Hinblick
auf Home Office oder Arbeiten von un-
terwegs, sondern auch vor Ort im Büro
selbst, das anpassbar sein muss an neue
Arbeitsformen. Daran arbeiten wir.“
MASSNAHMEN MÜSSEN NICHT VIEL KOSTEN
Es gibt aber noch viele andere Maßnah-
men, die wenig kosten. Haushaltsnahe
Dienstleistungen, die Büros für den ei-
genen Bedarf einkaufen, können den
Angestellten zu günstigen Konditionen
angeboten werden: Wäsche-, Bügel- oder
Reinigungsservices entlasten schließlich
W
issen allein ändert etablierte Ver-
haltensmuster nicht: Das hat Anne
Bailly festgestellt, die Geschäfts-
führerin der Bailly Real Estate GmbH in
Hamburg: „Ich sehe in der Immobilien-
branche nach wie vor sehr eingefahrene
Strukturen mit festen Büroarbeitsplätzen,
fixen Arbeitszeiten, einer extrem hohen
Akzeptanz von unvergüteter Mehrarbeit
– und sich daraus ergebende Totalausfäl-
le nach langen Durchhaltephasen.” Das
gilt es dringend zu ändern, wenn man in
Zeiten des Fachkräftemangels noch neues
Personal rekrutieren und die Leistungs-
träger des Unternehmens halten möchte.
Denn dass die weichen Faktoren für viele
Bewerber mittlerweile oft entscheidender
sind als das Gehalt, stellt sich immer wie-
der in Einstellungsgesprächen heraus.
„Auch männliche Bewerber haben inzwi-
schen den Punkt Familienfreundlichkeit
im Fokus“, bemerkt Catrin Brand, Asso-
ciate Director Human Resources bei der
Jones Lang LaSalle GmbH.
VERSCHIEDENE BEDÜRFNISSE
Lebenspha-
senorientierte Personalpolitik ist das Mit-
tel, um den richtigen Mix aus Work-Life-
Balance-Maßnahmen im Unternehmen
zu finden und sich dadurch als attraktiver
Arbeitgeber zu positionieren. Denn im
Immobilienbereich treffen oft verschie-
dene Generationen aufeinander, und sie
alle haben unterschiedliche Ansprüche an
ihren Arbeitgeber. So müssen Work-Life-
Balance-Maßnahmen idealerweise sowohl
den Azubi zum Immobilienkaufmann als
auch die junge Mutter und den 60-jäh-
rigen Fachmann gezielt ansprechen. Aber
wie macht man das, ohne dafür viel Geld
in die Hand nehmen zu müssen?
Es ist ein Irrglaube, dass nur große
Immobilienunternehmen sich Work-
Life-Balance-Maßnahmen leisten können.
Freilich können diese teilweise mit eigens
für die Mitarbeiter errichteten Kindergär-
ten trumpfen, doch sind auch kleinere Im-
Wäscheservice auf Firmenkosten
Work-Life-Balancing fängt im
Kleinen an. Wenn Immobili-
enfirmen ihre Mitarbeiter bei
alltäglichen Dingen unterstüt-
zen, haben sie schon etwas
für den besseren Einklang
von Arbeits- und Privatleben
getan. Es gibt viele weitere
Ideen. Doch das ist noch
nicht ausreichend in der
Branche angekommen.
ÜBERSICHT
DIE BESTEN WORK-LIFE-BALANCE-
MASSNAHMEN
Teamarbeit mit Vertretungsrege-
lungen/ Projektteams einführen
Familienorientierte Urlaubsplanung
Kontrolle der Arbeitsergebnisse statt
der Präsenz
Sonderurlaub gewähren/
Kurzabwesenheiten tolerieren
Freistellung bei familiären Problemen
Unbürokratische Verlängerung der
Auszeiten (Elternzeit, Pflegezeit) über
die gesetzlichen Ansprüche hinaus
Sabbaticals
Beratung und Vermittlung von Kinder-
oder Seniorenbetreuung
Zuschuss für Kinderbetreuung
Kind zur Arbeit mitbringen erlauben/
Eltern-Kind-Büro
Organisation von Familienfesten für
Mitarbeiterkinder
Kontakt halten während der Eltern-
und Pflegezeit
Unterstützung beim Wiedereinstieg
Online-Plattform mit Informations- und
Serviceangeboten für Familien oder
Schwarzes Brett für Work-Life-Balance
Praktika und Ferienjobs bevorzugt für
Mitarbeiterkinder anbieten
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