Immobilienwirtschaft 5/2016 - page 65

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„BigData kommt nicht in allen Segmenten
der Immobilienwirtschaft gleicherma-
ßen zum Tragen, da beispielsweise bei
kleineren Hausverwaltungen weder der-
art riesige Datenmengen anfallen, noch
strukturierte und unstrukturierte Daten
verarbeitet und ausgewertet werden müs-
sen“, so die Erfahrung von Carsten Thies,
Vorstandsvorsitzender der Haufe-Lexwa-
re Real Estate AG. „Auch bei Wohnungs-
unternehmen fallen die meisten Daten
noch so an, dass sie mit den aktuell vor-
handenen Software-Programmen, wie sie
beispielsweise auch unser Unternehmen
anbietet, nutzerorientiert bearbeitet wer-
den können“, so Thies. Etwas anders sehe
die Situation aus, wenn Wohnungsun-
ternehmen für ihre Marketingstrategien
und -aktionen Big Data verwendeten.
Diese würden sie allerdings in der Regel
nicht selbst erheben, sondern von entspre-
chenden Spezialisten einkaufen.
DIFFERENZIERTER BEDARF
„Ein weiteres
Anwendungsfeld von Big Data könnte
sich durch das ‚Internet der Dinge‘ erge-
ben. Noch werden die Daten meist eins
zu eins aus der jeweiligen Wohnung er-
mittelt, und die Erhebung, Übermittlung
undNutzung vonDaten privater Personen
unterliegen in Deutschland sehr restrik-
tivenDatenschutzbestimmungen. Anders
sähe die Situation aus, wenn diese Daten
flächendeckend ausgewertet und von der
Immobilien- oder auch der Gesundheits-
wirtschaft genutzt werden könnten“, blickt
Thies in die Zukunft. Auf der Basis dieser
Informationen ließen sich Wohnungen
sehr viel spezifischer auf bestimmte Ziel-
gruppen und ihre Bedürfnisse ausrichten
und Trends frühzeitiger erkennen. „Hier-
bei könnten die immobilienwirtschaft-
lichen Verbände mitwirken, da sie über
einen hohen Organisationsgrad und das
entsprechende Vertrauen verfügen“, sagt
Thies. Ähnliche Entwicklungen ergäben
sich im Bereich der Smart City.
„Die Immobilienwirtschaft wird auf diese
Herausforderungen unterschiedlich rea-
gieren. Kleine Unternehmen werden sich
das notwendige Spezialwissen eher durch
externe Experten verfügbar machen,
während größere Unternehmen auf neu
eingestellte interne Expertenteams setzen“,
sagt Krings. In beiden Fällen müsse das
vorhandene Personal geschult werden, um
Schnittstellenprobleme zu vermeiden und
in dem Dreieck von Organisation, Perso-
nal undWerkzeugen effizient und effektiv
zu handeln.
Dennoch: Auch gut ausgebildete Big-
Data-Spezialisten werden nicht alle An-
forderungen in einer Person vereinen kön-
nen. Die Aufgaben werden auch hier auf
mehrere Positionen oder Fachleute verteilt
werden müssen. „Big Data verändert al-
lerdings auch die Anforderungen an die
Nutzer. Es sind ganz neue Tools entstan-
den, deren Bedienung teils komplex ist.
Die Notwendigkeit, fachübergreifendes
Know-how zu erwerben, steigt nicht nur
für IT-Spezialisten“, so Krings. „In fünf
Jahren werden digitale Lösungen viele
Jobs effizienter und günstiger erledigen.
Die Immobilienwirtschaft heute ist noch
nicht ausreichend darauf vorbereitet, Da-
ten in und umdie Immobilien strukturiert
zu sammeln und durch die Auswertung
einenMehrwert zu generieren“, stellte Ale-
xander Ubach-Utermöhl, Gründer und
Geschäftsführer von blackprintpartners,
bei einem Pressegespräch des Unterneh-
mens zur digitalen Zukunft der Immobi-
lienbranche fest. Ebenso werde es Platt-
formanbieter geben, die sich zwischen
den Nutzer und die Immobilie schieben:
„Das sehen wir in Großbritannien und
den USA: Die sind Deutschland voraus.“
In der Aus- undWeiterbildung begin-
nen sich die neuen Berufsbilder allmäh-
lich zu etablieren. Zwischenzeitlich bie-
ten verschiedene Hochschulen, wie die in
Albstadt-Sigmaringen, die TU Chemnitz,
die Universitäten vonWeimar, Oldenburg,
Mannheim, München, Lüneburg oder
Münster, entsprechende Studiengänge an.
Daneben schulenUnternehmen wie HPE,
IBM oder die Fraunhofer Academy Mit-
arbeiter aus dem IT-Bereich für Big Data.
„Bis Absolventen demArbeitsmarkt aller-
dings signifikant zur Verfügung stehen,
werden weitere vier bis fünf Jahre verge-
hen und die Arbeitgeber werden umdiese
Spezialisten werben müssen“, sagt Miseré.
Eine Cornerstone Studie von 2013 sehe für
Unternehmen einen weiteren Vorlauf von
vier bis sieben Jahren, um funktionieren-
de interdisziplinäre Teams im Big-Data-
Bereich zu etablieren. „Gründe genug also,
um das Thema frühzeitig in die Business-
planung einzubeziehen“, so Miseré.
SUMMARY
»
Aktuell benötigen vor allem größere Unternehmen
in den Bereichen Transaktionsberatung, Research, Asset und Property
Management, Valuation und Immobilienfinanzierung
Big-Data-Spezialisten
.
»
Bei einer flächendeckenden Erhebung und Verarbeitung von
Gebäude-, Personen- und Gesundheitsdaten könnte sich dies jedoch ändern. Dann steigt die Bedeutung
auch für die Klein- und Mittelständischen
Unternehmen
(KMU) der Immobilienwirtschaft.
»
In der Aus- und Weiterbildung beginnen sich die
neuen Berufsbilder
allmählich zu etablieren.
Zwischenzeitlich bieten verschiedene Hochschulen entsprechende Studiengänge an.
Foto: Kienbaum Executive Consultants, Arnim Personalberatung
«
Gabriele Bobka, Bad Krozingen
„Big Data ist kein spezi-
fisches Thema der IT-Ab-
teilung, des Marketings
oder des Controllings,
sondern ein klassisches
Schnittstellenthema.“
Stefani Miseré,
Geschäftsführerin
von Arnim Personalberatung, Berlin
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