Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 13

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Ist es dieses Mal so weit? Seit 1995 wird
eine Reform der Grundsteuer disku-
tiert. Nun allerdings ist die Diskussion
konkreter geworden. Die Finanzminister
der Länder haben Anfang Juni 2016 bei
ihrer Jahreskonferenz beschlossen, eine
umfassende Reform der Grundsteuer
auf den Weg zu bringen.
Die jetzige Entschlussfreude der Länder-
finanzminister scheint nicht zuletzt dem
Bundesverfassungsgericht zu verdanken
zu sein. Im Sommer 2015 hatte Karlsruhe
eine Bewertungsregel des Grunderwerb-
steuergesetzes rückwirkend verworfen und
eine knappe Frist zur Neuregelung gesetzt.
Nunmehr sind beim Bundesverfassungsge-
richt fünf Verfahren in Sachen Grundsteuer
anhängig und es ist unklar, wie viel Zeit es
dem Gesetzgeber für eine Neuregelung
einräumen würde. Ein möglicher Wegfall
des Grundsteueraufkommens wäre für die
Kommunen ein fiskalisches Desaster, stellt
das jährliche Aufkommen mit rund 13 Milli-
arden Euro doch die drittgrößte und zudem
konjunkturunabhängige Einnahmequelle der
Kommunen dar.
Bei unbebauten Grundstücken sollen für die
Bewertung des Grund und Bodens zukünftig
die Bodenrichtwerte der Gutachterausschüs-
se, also die durchschnittlichen Verkaufswerte
eines bestimmten Gebiets, maßgeblich
sein. Schon wegen dieses Bezuges auf den
Durchschnitt kann keine Einzelfallgerech-
tigkeit erreicht werden, schon gar nicht für
Ausreißer wie das ungünstige Eckgrundstück
in einer ansonsten begehrten Lage.
Bei bebauten Grundstücken soll für die
Wertermittlung zusätzlich ein so genann-
ter Gebäudepauschalherstellungswert mit
einfließen. Vereinfacht ausgedrückt sollen
die Gebäude pauschal nach Baukosten be-
wertet werden, wobei diese anzusetzenden
Bau- und Grundstückskosten in regel-
mäßigen Abständen aktualisiert werden
sollen. Die Abkehr von der fortlaufend zu
aktualisierenden Verkehrswertermittlung ist
nachvollziehbar, doch folgt aus dem Abstel-
len auf die laufend aktualisierten Baukosten
eine ständig steigende Bemessungsgrund-
lage für die Grundsteuer. Allein durch die
EnEV-Verschärfung ab dem Jahr 2016 hatte
die Baukostensenkungskommission in be-
stimmten Fällen eine Baukostensteigerung
durch energetische Maßnahmen in Höhe
von sechs bis neun Prozent festgestellt.
Dabei vermag mit Blick auf die ehrgeizigen
klimapolitischen Ziele der Bundesregierung
nicht einmal der größte Optimist ein Ende
bei den regulatorischen Kostentreibern zu
sehen. Der Preisindex für Grundstücke ist
in Deutschland einer der dynamischsten
Preisindizes überhaupt. Im Zusammenhang
mit diesem systematisch verankerten
Anstieg der Bemessungsgrundlage ist es be-
sonders misslich, dass der Entwurf nicht den
Nachweis eines niedrigeren tatsächlichen
Wertes zulässt.
Im Gesamtsystem der Grundsteuererhebung
stellt die Bemessungsgrundlage jedoch
nur eine von drei elementaren Stellschrau-
ben dar. Letztendlich wird die tatsächliche
Höhe der Grundsteuer maßgeblich durch
die Steuermesszahl sowie den jeweils
geltenden Hebesatz beeinflusst. Dabei sieht
das Gesetzesvorhaben auch Änderungen im
Grundgesetz vor, wonach den Ländern die
Kompetenz zur Bestimmung eigener, jeweils
landesweit geltender Steuermesszahlen
eingeräumt werden soll. Die Festlegung
der Höhe der Hebesätze liegt dagegen in
der Hoheit der jeweiligen Gemeinde, wobei
das Aufkommen auch ausschließlich dieser
zusteht und nicht durch Umlagen an Länder
oder Bund geschmälert wird. Mit Blick auf
die ohnehin schon seit Jahren steigenden
Hebesätze ist es auch wichtig, über eine
Limitierung nachzudenken.
DR. HANS VOLKERT VOLCKENS
Reform der Grundsteuer –
Steuererhöhung mit Ansage
Dr. Hans Volkert Volckens
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