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MARKT & POLITIK
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AUSGEWÄHLTE GESETZESVORHABEN
Kommentare
Das Bundesministerium der
Finanzen (BMF) feilt schon
seit einiger Zeit an einem
Gesetzentwurf, um gesetzliche
Voraussetzungen für eine Ober-
grenze für Beleihungen von
Wohnimmobilien bei der Kre-
ditvergabe zu schaffen. Damit
soll stabilitätsgefährdenden
Immobilienblasen entgegenge-
wirkt werden.
Das Bundesfinanzministerium sieht
sich aufgrund einer Anregung des
Ausschusses für Finanzstabilität
vom Juli 2015 hierzu verpflich-
tet. Der Ausschuss sah für den
Berichtszeitraum zwar keine
Notwendigkeit für den Einsatz
makroprudenzieller Instrumente
am Wohnimmobilienmarkt, hielt
es jedoch gleichwohl für erforder-
lich, den verfügbaren Instrumen-
tenkasten zu überprüfen und zu
vervollständigen.
In einem ersten Schritt will das
Bundesministerium der Finanzen
ein Berichtssystem für Wohnimmo-
bilienkredite schaffen. Erfasst wer-
den sollen der Beleihungsauslauf,
also die Kredithöhe im Verhältnis
zum Immobilienwert, sowie das
Verhältnis der Kredithöhe zum
Einkommen des Kreditnehmers.
Die hierfür erforderliche Daten-
grundlage sollte eigentlich schon
bald das Analytical Credit Dataset
(AnaCredit) der Europäischen
Zentralbank (EZB) liefern. Die an
diesem EZB-Vorhaben geäußerte
berechtigte Kritik hat jedoch zu
einer Reduzierung der EZB-Daten-
sammlung geführt. Zunächst müs-
sen nur Darlehen an Unternehmen
erfasst werden – und auch nur,
sofern sie mindestens 25.000
Euro betragen. Um dennoch eine
geeignete Datengrundlage zu
schaffen, arbeitet das BMF an
einem eigenen Immobilienkredit-
register. Unabhängig davon, ob die
Banken letztlich gesammelte und
zusammengefasste Daten über
ihre Immobilienkreditportfolien
oder granulare Daten für jeden
einzelnen Immobilienkredit über-
mitteln müssen, wird in jedem Fal-
le immenser Verwaltungsaufwand
geschaffen, dem nicht unbedingt
ein hinreichender Mehrwert ge-
genübersteht. Nicht umsonst wur-
de im Rahmen von AnaCredit auf
solche Maßnahmen verzichtet. In
einem zweiten Schritt sollen dann
für die Bundesregierung oder die
Bundesanstalt für Finanzdienstleis
tungsaufsicht die gesetzlichen Vo-
raussetzungen geschaffen werden,
um im Bedarfsfall eine temporäre
Obergrenze für die Beleihung
von Immobilien in Deutschland
vorzuschreiben. In Anbetracht der
hierzulande traditionell konserva-
tiven Beleihungsausläufe – wobei
nicht unbeachtet bleiben darf,
dass die Ermittlung des Belei-
hungswerts in Deutschland viel
stärker nach dem Vorsichtsprinzip
erfolgt als in anderen Ländern –
erscheint ein solcher Schritt nicht
notwendig. Abgesehen davon
stellt selbst ein Beleihungsauslauf
von 95 oder auch 100 Prozent kein
Problem dar, wenn die Solvenz des
Darlehensnehmers durch sein Ein-
kommen oder andere Vermögens-
bestandteile so hoch ist, dass eine
Rückzahlung stets möglich wäre.
Vor diesem Hintergrund kann man
nur anregen, dass die Einführung
solcher Maßnahmen mit Augen-
maß erfolgt. Es sollte zum Beispiel
sehr genau analysiert werden, ob
nicht bereits die Einführung der
Wohnimmobilienkreditrichtlinie
ausreicht, um noch mehr Stabilität
auf dem Finanzierungsmarkt zu
erzeugen. Sofern kein Mehrwert
entsteht, wäre die Einführung
eines – nach dem Millionenkre-
ditmeldewesen und AnaCredit
– dritten Registers schon sehr
bedenklich.
RÜDIGER MROTZEK
Berichtssystem und Beleihungsgrenzen – weitere
Hemmschuhe für die Immobilienkreditvergabe
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Rüdiger Mrotzek
«
„... besonders miss-
lich, dass der Entwurf
nicht den Nachweis
eines niedrigeren
tatsächlichen Grund-
stückswerts zulässt.“
Dr. Hans Volkert Volckens,
Vorsitzender des ZIA-Ausschusses
Steuern
„... immenser Verwal-
tungsaufwand, dem
nicht unbedingt hin-
reichender Mehrwert
gegenübersteht.“
Rüdiger Mrotzek
,
Vorsitzender des ZIA-Ausschusses
Finanzierung