Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 29

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eninvestments, aufgrund der mit Solvency
II verbundenen Eigenkapitalunterlegung.
Was ist mit Anleihen?
Das ist nichts für
die mittelständisch geprägte deutsche
Immobilienwirtschaft. Die kleinen Ge-
sellschaften sind meist nicht unbegrenzt
kapitalmarktfähig. Etwa weil der CEO
schon an der Verrentungsgrenze steht
oder das Unternehmen keine instituti-
onelle Beteiligungsstruktur aufweisen
kann. Auchmüssten die Unternehmen für
viele 100.000 Euro Personal aufbauen, um
den Kapitalmarktvorschriften Rechnung
zu tragen. Diesen Aufwand scheuen viele.
Viele ausländische Banken sind in
Deutschland aktiv. Ich dachte, es sei
ein „Closed Shop“ hier?
Ich würde zwi-
schen Banken und Finanzierern unter-
scheiden. Diese finanzieren das, was die
deutschen Banken nicht finanzieren. Etwa
Projekte außerhalb der Top fünf. Bei der
Finanzierung von Projekten in anderen
als den Top-Städten nimmt eine deutsche
Bank gerne einen höheren Risikozuschlag.
Dann werden ausländische Banken plötz-
lich konkurrenzfähig, insbesondere dann,
wenn Projekte eine bestimmte Größe er-
reicht haben bzw. sehr komplex werden.
Dafür werden Versicherungen als Kre-
ditgeber aktiver.
Wenn sie Immobilien
direkt in den Bestand legen oder entwi-
ckeln und dafür 25 bis knapp 50 Prozent
Eigenkapital hinterlegen müssen, verliert
die Asset Klasse im Direkterwerb an At-
traktivität, und indirekteWege des Immo-
bilien-Exposures wie Kreditfinanzierung,
Fondsauflegung oder Anleihenerwerb
werden relativ gesehen interessanter.
Was bedeutet das für den Markt?
Ma-
kroökonomisch ist das nicht gerade posi-
tiv. Wir kommen in eine Situation, in der
Nicht-Banken Bankengeschäft betreiben.
Mag dies im Einzelfall sinnvoll sein,
scheint dies in der Summe das System
zu destabilisieren. Die Banken machen
also Beteiligungsgeschäft und die Nicht-
Banken Kreditgeschäft. Es ist sicher nicht
zielführend, wenn man auf Dauer außer-
halb seiner Kernkompetenz tätig wird ...
Und die Anleger?
Die gehen jetzt in den
nicht regulierten Bereich. Folge ist, dass
dieser Bereich stark wächst. Der Markt
sortiert sich gerade neu. Auf einmal kom-
men die Kreditvermittler hoch. Die gab es
vor einem Jahr noch gar nicht. Europaweit
werden für große Transaktionsvermittler
nun neue Broker-Teams geschaffen.
Und wer betreibt dieses Real-Estate-
Debt-Brokerage?
Dies sind derzeit „Local
Heroes“mit Regionalexpertise, ehemalige
Bankenvorstände, Investmentbanker res-
pektive große Corporates aus der Transak-
tionsvermittlung oder -begleitung.
Braucht man für eine Finanzierung
überhaupt noch Eigenkapital?
Dass
manch ein Projektentwickler null Pro-
zent Eigenkapital einbringen will, ist eine
Realität unserer Zeit. Doch wird natürlich
nicht alles finanziert.
Aber ist es nicht Definitionssache, was
Eigenkapital ist?
Der Begriff befindet sich
in einem Veränderungsprozess. Wir hat-
ten Basel I, Basel II, Basel III. Noch nach
Basel I musste man acht Prozent Ei-
Foto: Ernst & Young
ZUR PERSON
Prof. Dr. Nico Rottke
ist Spezialist für Real Estate Finance-, Investment- und Strategie-/Leadership-Fragen beim
Berater Ernst & Young. Vorher war er Dozent und Research Fellow an der EBS Business School im Bereich Real Estate Finance
& Strategy. Er ist Präsident des Instituts der Deutschen Immobilienwirtschaft e.V. und Mitglied des Continental European Education
Standards Boards (CESB) der RICS sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA).
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„Versorgungswerke, Ver-
sicherungen, Pensions-
kassen sind die Kredit-
geber der Zukunft.“
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