Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 23

23
1
2-01.2016
KAUM GROSSE WÜRFE ZU ERWARTEN
Auch
in der Baukostensenkungskommission,
dem Herzen des Bündnisses, drehen die
Mitglieder eher an Stellschrauben. Die 28
Vertreter aus Praxis, Wissenschaft und
Verwaltung habenmehr als 60 Vorschläge
erarbeitet, wie Bauen attraktiver gemacht
werden soll. Diese Empfehlungen befin-
den sich impolitischenAbstimmungspro-
zess, öffentlich werden dürften sie frühe-
stens im Frühjahr 2016.
Einzelne Mitglieder des Gremiums
bremsten derweil vorab allerdings die
Erwartungen. Die ganz großen Würfe
kämen da nicht, hieß es. Unter anderem
sollen Normen und Vorgaben vereinfacht
und standardisiert werden. Wo allerdings
Länderrecht greift, bleiben dem Bund nur
Appelle.
Ministerin Hendricks betont derweil
das Zusammenspiel kleinteiliger Maß-
nahmen, auf das es ankomme. Ob die
Strategie ausreichen wird, um den Bedarf
an bezahlbaren Wohnungen vor allem in
Ballungsräumen zu decken, bleibt abzu-
warten. Derzeit ist nicht einmal klar, wie
viel Raum überhaupt gebraucht wird: Die
Dynamik des Flüchtlingsstroms erschwert
Prognosen. Hendricks spricht von der
größtenwohnungsbaupolitischenHeraus-
forderung seit Jahrzehnten.
DIE BRANCHE HOFFT AUF NEUEN SCHWUNG
Bleibt abzuwarten, ob sich das im Par-
lament neu geweckte Bewusstsein für
Wohnungspolitik tatsächlich in Ergeb-
nissen niederschlägt. Rasch eingerichtete
Bundes- und Landesmittel für Modul-
und experimentelle Bauten deuten auf
Bewegung infolge eines überaus großen
Drucks hin; in einzelnen Ländern kommt
die Baugenehmigung erst nach dem Bau-
start, Gewerbebrachen werden zu tempo-
rären Wohngebieten.
In Berlin sollen Asylsuchende gar in
Traglufthallen auf dem Tempelhofer Feld
unterkommen, obwohl ein gegenlautender
Volksentscheid und ein entsprechendes
Gesetz gelten. Kommunen sollen Konver-
sionsflächen nochmals günstiger erhalten,
wenn sie darauf Flüchtlingsunterkünfte
oder Sozialwohnungen bauen, nachdem
sie von dem Angebot bisher nur in ge-
ringem Umfang Gebrauch machten – ein
Verhalten, das bis vor wenigen Monaten
undenkbar schien, mussten Kommunen
doch um jeden Quadratmeter Konversi-
onsfläche feilschen.
Das Bauministerium schließt auch die
Einführung einer degressiven Abschrei-
bungsmöglichkeit nicht aus; Finanzmini-
sterWolfgang Schäuble ließ zuletzt Bereit-
schaft erkennen eine Sonderabschreibung
für preiswertenNeubau von 2016 bis 2018
auf den Weg zu bringen.
Selbst Standards bei Klimaschutz
und energetischer Sanierung wackeln; so
gelten für neue oder umgebaute Flücht-
lingsunterkünfte Ausnahmen bei der En-
ergiesparverordnung. Laut dem Asylver-
fahrensbeschleunigungsgesetz sind diese
Regelungen allerdings zeitlich und auf die
Flüchtlingsthematik beschränkt. Ob und
wie Umwelt- und Klimastandards grund-
sätzlich fortgeschrieben werden, dürfte
sich in absehbarer Zeit zum Wahlkampf-
thema mausern – und das zusammenge-
schusterte Bau- und Umweltministerium
vor neue Zerreißproben stellen.
SUMMARY
»
Nach dem Amtsantritt von Bauministerin Barbara Hendricks wurde
ein
„Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“
gegründet, in dem Bund, Länder, Kommunen, aber auch die wichtigsten Verbände der Immobilienbranche vertreten sind. Die Zusammenarbeit klappt
gut, konkrete Ergebnisse gibt es bislang jedoch nur wenige. Lediglich die Städtebauförderung wurde auf 650 Millionen Euro erhöht.
»
Die Immobilien-
branche erhofft sich durch die aktuelle Flüchtlingsdebatte
neue Impulse, da gerade viele Gesetze und Regelungen auf dem Prüfstand stehen.
Kristina Pezzei, Berlin
«
Wie könnte Bauen
attraktiver werden? Das
ist eines der Themen,
über die das Bündnis für
Wohnen diskutiert.
1...,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22 24,25,26,27,28,29,30,31,32,33,...76
Powered by FlippingBook