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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
INTERVIEW
bereich oder sogar auch für den Bereich
des externen Eigenkapitals. In der Praxis
kommt es in der Tat vor, dass – anders als
die Theorie es vorsieht – höheres Risiko
(bspw. externes Eigenkapital) mit einem
geringeren Zins bepreist werden kann als
geringeres Risiko (bspw. Hybridkapital).
Ein Zeichen dafür, dass der Wettbewerb
immens ist.
Ja, deshalbmachen Finanzie-
rer viel Massengeschäft. Die Wege, wie sie
Gewinnmachen können, bestehen zurzeit
vor allem darin, fristeninkongruent zu re-
finanzieren oder die Beleihungsausläufe
(LTVs) nach oben zu treiben. Beides kann
gefährlich sein. Die Studien, die ich im
letzten Jahr für die EBS Universität durch-
geführt habe, wiesen als LTVs 70 Prozent
für Gewerbe und bis über 80 Prozent für
Wohnen aus. Die Transaktionen, die 2015
beobachtet wurden, sind zum Teil jedoch
aggressiver finanziert worden.
Banken wollen oft nur 80 Prozent
Fremdkapital finanzieren. Wenn ich kein
Eigenkapital habe und die restlichen 20
Prozent nicht zu 20 Prozent Zinsen fi-
nanzieren will, wie geht es günstiger?
Externe Eigenkapital- oder Hybridkapital-
geber kommen bspw. aus demBereich der
Versicherungen, Versorgungswerke oder
Pensionskassen. Ebenfalls bietet sich das
Instrument der Anleihenrefinanzierung
an. Auch kommen Family Offices als ex-
terne Eigenkapitalgeber oder als Begeber
von Hybridkapital in Frage. Dies könnte
aber aufgrund des Eigenkapitalcharakters
vergleichsweise teuer werden, mit mindes-
tens zehn Prozent annualisierter Zinsen.
Sind Versorgungswerke, Versiche-
rungen, Pensionskassen der Markt der
Zukunft?
Ja, sie haben genügend Mittel,
die Anlage suchen, Anlagedruck und die
Herausforderung, nur geringe Renditen zu
erwirtschaften. Ebenso investieren sie nur
noch eingeschränkt in Direkt-Immobili-
Herr Prof. Rottke, gibt es zu viele Banken
in Deutschland?
Klares Nein. In Frank-
reich undGroßbritannien gibt es zwischen
500 und 800. In Deutschland sind es etwa
2.100. Davon sind aber 1.500 Sparkassen
und Volksbanken. Wenn Sie das deutsche
Bankensystem mit den europäischen ver-
gleichenwollen, müssten Sie Volksbanken
und Sparkassen herausrechnen.
Verdienen Banken noch Geld mit der
Vergabe von Immobiliendarlehen?
Si-
cher nein, was das normale Kreditgeschäft
betrifft. DieMargen sind für Bestand aber-
witzig niedrig. Das Pricing ist bei allen
Banken nahezu identisch, sie sind am un-
teren Level angekommen. Sie müssen ein
systematisches Risiko eingehen, um Geld
verdienen zu können. Oder große Losgrö-
ßen bedienen. Sonst bekommen Sie Ihren
Return on Equity nicht hin.
Wie ist dann die Strategie der Banken?
Große Losgrößen sind Realität, können
aber gefährlich sein. Auch beobachten wir
einen sehr hohen Grad an Spezialisierung
zu Lasten des Gesamtsystems. So existie-
ren Banken, die fast nur Spezialfinanzie-
rungen umsetzen, aber rein im vorran-
gigen Fremdkapitalbereich (sog. Senior)
und nur auf Spezialassetklassen fokussiert
und nur in bestimmten Regionen.
Ist das nachhaltig?
Hohe Spezialisierung
ist grundsätzlich interessant. Ich frage
mich aber, wie Immobilienbanken für
20 Jahre ein Shoppingcenter finanzieren
können, ohne zu wissen, ob es in 20 Jah-
ren überhaupt noch benötigt wird. Zudem
besteht die latente Gefahr, dass Banken an-
dere Gefahrenpotenziale in Kauf nehmen.
Welche?
ImMoment stehenBanken in der
Versuchung, Darlehen mit zu günstigen
Zinssätzen für das eingegangene Risiko
zu vergeben. Dies gilt nicht nur für den
Senior-, sondern auch für den Nachrang-
Günstige, gefährliche Finanzierungs-Welt
Um Geld zu verdienen, müs-
sen Banken vielfach syste-
matische Risiken eingehen.
Und nach wie vor brauchen
Investoren nur wenig Eigen-
kapital, um riesige Volumen
zu bewegen; Finanzierungs-
Möglichkeiten sind zumeist
exzellent. Diese Gemenge-
lage – gut für Investoren –
kann jedoch mittelfristig das
System destabilisieren. Ein
Interview mit
Nico Rottke
,
Ernst & Young.
„Es gibt nach wie vor
das Konstrukt, dass
nicht Personen, sondern
Gelder hinter Geldern
stecken. Das Benzin, das
Sie tanken, wurde vor-
her zwölf Mal verkauft.
Diese Strukturen sind
hoch gefährlich.“