Die Wohnungswirtschaft 1/2018 - page 15

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genossenschaft eG Göttingen und die Städtische
WohnungsbauGmbHGöttingen – taten sich zusam-
men, umein nichtmehr benötigtes, innenstadtna-
hes Grundstück der Universität zu erwerben und
dort insgesamt 200 Geschosswohnungen neu
zu bauen. Gemeinsam mit der Stadt Göttingen
lobten sie am Windausweg einen städtebaulich-
freiraumplanerischenWettbewerb aus, teilten das
Grundstück in Baufelder auf, die von verschiedenen
Architekten (pbs Aachen, bmp Göttingen, Sergio
Pascolo Venedig) bebaut wurden. Die gestalte-
rische Klammer des gesamten Quartiers ist eine
übergreifende, gemeinsame Freiraumgestaltung,
die eindeutig zwischen privat, halböffentlich und
öffentlich nutzbaren Freiflächen unterscheidet. Es
ist für jedermann ablesbar, was man wo machen
darf. Wohltuend ist nicht nur der gute Pflegezu-
stand der Anlagen, sondern auch dieMischung der
Wohnungen mit Restaurants, Bäckerei/Café und
weiteren Arbeitsplätzen. Die Entscheidung, den
ruhenden Verkehr unter die Erde zu bringen – das
Wohngebiet ist praktisch autofrei – erwies sich als
richtig, wirkte sich positiv auf die Gestaltqualität
sowie die Nutzung der Freiräume aus.
Fazit
Die Erfahrungen in den Projekten – ob es Erneue-
rungs-, Ergänzungsneubau oder Neubauprojekte
waren –, die die Autorin als Landschaftsarchitektin
im Bereich der Wohnumfeldgestaltung im Auf-
trag der Wohnungswirtschaft sammelte, belegen,
dass die Art der Gestaltung des Wohnumfeldes
eine sehr große Rolle für den nachbarschaftlichen
Zusammenhalt spielen kann.
Nachbarschaftlicher Zusammenhalt kann ent-
stehen, wenn die Menschen sich wohl und sicher
Das Besondere im Hannover-
Buchholzer Quartier am
Merianweg ist dieser „Park-
weg“ durch die großzügigen
Freiflächen, der rückwärtig
alle Hauseingänge und Fahr-
radschuppen erschließt
in ihrem Quartier fühlen, wenn sie dort auch zur
Ruhe kommen können. In einem „grünen Um-
feld“ gelingt dies besonders gut. Gelegenheiten
zum Kontakt dürfen natürlich nicht fehlen, also
Angebote für Spiel und Aufenthalt imFreien. Dazu
gehören Bänke an interessanten Standorten, wo
es etwas „zu gucken“ gibt, aber auch attraktive
Spielplätze, die eindeutig signalisieren: Hier sind
Kinder erwünscht! Von besonderer Bedeutung ist
die Sauberkeit und die regelmäßige Pflege der An-
lagen – dabei sollte aber auch dem Wunsch nach
naturnah gestalteten Flächen Rechnung getragen
werden. Als förderlich für den nachbarschaftlichen
Zusammenhalt haben sich ferner Möglichkeiten
zur Betätigung imUmfeld erwiesen, die z. B. Nach-
barschafts- oder Mietergärten bieten.
Positiv auf die Atmosphäre im Freiraum wirkt es
sich auch aus, wenn sich alle Nachbarn grund-
sätzlich willkommen fühlen, egal wie alt sie sind
oder aus welchemLand sie kommen. Gelingt es, in
bestehenden Quartieren barrierefreieWohnungen
zu schaffen, damit ältereMenschen nicht wegzie-
hen müssen, sobald sie nicht mehr so mobil sind,
ist die Wirkung besonders positiv. Auch die Be-
teiligung der Mieter an der Planung anstehender
Umgestaltungen ist unabdingbare Voraussetzung
für eine hohe Akzeptanz und einen pfleglichen
Umgang mit den Außenanlagen. Dabei hat sich
bewährt, wenn die Außenanlagen eher nutzungs-
orientiert und nicht nach irgendwelchen Moden
gestaltet wurden – also nachhaltig, eher grün als
steinern. Gut ist ferner, wenn Autos im Quartier
nicht bedingungslosen Vorrang genießen, wenn
alle wichtigen Einrichtungen zu Fuß oder mit dem
Rad zu erreichen sind und wenn eine gute ÖPNV-
Anbindung oder Carsharing-Angebote existieren.
Vor diesem Hintergrund kann der Aufenthalt im
Freiraum eine andere Qualität bekommen – und
dieWahrscheinlichkeit wird größer, dass man auch
mal jemanden trifft.
Wohnungsunternehmen sollten sich öfter zu-
sammentun und gemeinsame Strategien für ihre
Quartiere entwickeln, indem sie übergeordnete
Freiraumkonzepte entwickeln lassen. Sollten all
diese Chancen für eine höhereWohnzufriedenheit
und einWeniger an Einsamkeit mancher Menschen
in ihren Siedlungen nicht noch viel stärker als bis-
her genutzt werden?
Drei Wohnungsunternehmen haben sich in der Stadt Göttingen entschlossen,
ein innenstadtnahes Grundstück zu erwerben und gemeinsam zu bebauen
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