Die Wohnungswirtschaft 5/2018 - page 23

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5|2018
Serielles Bauen
Qualitätsvoll und effizient gegen den Wohnungsmangel
Vor zehn Jahren hieß es, Deutschland sei fertig gebaut. Die Bautätigkeit schlief bundesweit ein: Zwischen
2008 und 2010 verzeichneten sowohl Baugenehmigungen als auch Fertigstellungen ein Rekordtief. Heute
verlangen die Zuwanderung nach Deutschland und eine massive Wanderungsbewegung in die Städte und
Ballungsräume ein Umdenken und rasches Handeln. Mit der Ausschreibung „Serielles Bauen“ suchen das
Bundesbauministerium und der GdW als Spitzenverband der Wohnungswirtschaft nach Lösungswegen.
Der Mangel an bezahlbaremWohnraum in Städten
und Ballungsregionen hat sich die letzten Jahre
verschärft. Die Zahlen an geplanten Wohnungen
insbesondere impreisgünstigen Segment reichen
bei Weitem nicht aus, um den hohen Nachholbe-
darf zu decken. Die Baubremsen müssen gelöst
werden, damit endlich der notwendige und lang
erwartete Schwung in denWohnungsbau kommt.
Ansonsten kann das in der Koalitionsvereinbarung
festgeschriebene Ziel von 1,5 Mio. neuen Woh-
nungen in dieser Legislaturperiode nicht erreicht
werden. Hier müssen Kommunen, Länder und die
neue Bundesregierung dringend ansetzen. Sonst
wird der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in
vielen Großstädten zum größten sozialen Prob-
lem der nächsten Jahre werden. Heute haben es
vor allem einkommensschwächere Haushalte,
aber zunehmend auch Haushalte mit mittleren
Einkommen schwer, eine bezahlbare Wohnung
zu finden. Wir brauchen in Deutschland bis 2020
pro Jahr mindestens 140.000 neue Mietwohnun-
gen zusätzlich, um den zunehmenden Bedarf an
kostengünstigemWohnraumvor allem in unseren
Ballungszentren zu decken. Davon allein 80.000
im sozialen Wohnungsbau. Den Gesamtbedarf
schätzen wir jährlich mit 400.000 Wohnungen.
Serielle und modulare Bauweise fördern
Neue und bedarfsgerechte Konzepte der Standar-
disierung beim Wohnungsbau sind ein Lösungs-
ansatz in einer ganzen Reihe von notwendigen
Maßnahmen, um mehr bezahlbaren Wohnraum
zu schaffen. Die serielle und standardisierte Bau-
weise muss gefördert und dazu eine bundesweit
gültige bauliche Zulassung für diese Gebäude ge-
schaffen werden. Wohnungen in modularer oder
serieller Bauweise zu errichten, hat angesichts des
steigenden Nachfragedrucks nach bezahlbarem
Wohnraum und den Kapazitätsengpässen bei Pla-
nungs- und Genehmigungsverfahren eine Reihe
von Vorteilen: Die Kosten für Bauherren und damit
anschließend auch für die Mieter sind bei seriell
gefertigten Gebäuden geringer als bei herkömm-
lichen Bauten. Außerdem können sie deutlich
schneller errichtet werden, einmal genehmigt –
mehrfach gebaut. Serielle Bauten bieten gerade
angesichts des enormen Nachholbedarfs beim
Wohnungsneubau einen wichtigen Zeitvorteil.
Serielles Bauen muss zu tragbaren Kosten, aber
auch in hoher Qualität erfolgen, damit der neu
geschaffene Wohnraum als Bereicherung der
Stadtquartiere erlebt wird. Deshalb ist die früh-
zeitige Kooperation von Bauwirtschaft, Planern
und Wohnungsunternehmen wichtig. Sehr gute
Beispiele für die gelungene Umsetzung serieller
Bauweise sind die zwei diesjährigen Gewinnerpro-
jekte unseres Bauherrenpreises 2018 in diesem
Bereich. Das Projekt der kommunalen Münchner
GEWOFAG Holding GmbH amDantebad zeigt bei-
spielhaft, wie dank effizienter Vorfertigung kos-
tengünstiger Wohnraum schnell und noch dazu
über einer bereits versiegelten Parkplatzfläche
gebaut werden kann. Im zweiten Beispiel hat die
Bremer GEWOBA Aktiengesellschaft Wohnen und
Bauen zusammenmit LIN Architekten Urbanisten
einen würfelförmigen Bautyp in serieller Holz-
bauweise mit einer Grundfläche von 14 × 14 m
entwickelt. Der „Bremer Punkt” eignet sich
zur Ergänzung von Siedlungen der 1950er und
1960er Jahre und passt sich dank eines Baukas-
tenprinzips an die Bedürfnisse unterschiedlicher
Nachbarschaften an.
Neue Impulse durch internationale
Ausschreibung
Mit demWettbewerb für „Serielles Bauen“ haben
wir gemeinsam mit dem Bundesbauministerium
(BMUB), der Bundesarchitektenkammer und der
Bauindustrie einenweiterenwichtigen Schritt für
mehr bezahlbares Wohnen in Deutschland getan.
Die unerwartet hohe Beteiligung an unserer Aus-
schreibung und das rege Interesse an den neuen
Konzepten sind ein sehr gutes Zeichen. Zahlreiche
Bewerber haben sehr qualifizierte Teilnahmean-
träge eingereicht. Wir versprechen uns daher in
der nächsten Phase des Wettbewerbs eine Reihe
geeigneter Lösungen. Ziel ist es, noch imFrühjahr
2018 eine Rahmenvereinbarung über den Neubau
vonmehrgeschossigenWohngebäuden in serieller
und modularer Bauweise mit insgesamt fünf bis
zehn Bietergemeinschaften aus Planung und Aus-
führung abzuschließen. Das bietet insbesondere
öffentlichenWohnungsunternehmen den Vorteil,
konkrete Angebote aus der Rahmenvereinbarung
mittels Einzelaufträgen direkt zu realisieren – zu
einem festen Preis, der alle Kosten bis auf die lo-
kale Anpassung umfasst.
Die Vorlaufzeiten für Bauvorhaben sollten sich
durch dieses Verfahren wesentlich verkürzen.
Die Befürchtung derjenigen, die bei serieller und
modularer Bauweise an Plattenbauten denken, ist
unbegründet. Es ist der Anspruch unseres Wettbe-
werbs, die innovativen Baukonzepte zu fördern,
die gleichzeitig die Zeitersparnis beim Bau, redu-
zierte Baukosten und hohe architektonische sowie
städtebauliche Qualität als auch baukulturelle Be-
lange berücksichtigen und vereinen.
Axel Gedaschko
Präsident
GdW
Berlin
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