DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2017 - page 57

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Monika Kuntze, Leiterin des Geschäftsfelds Inte-
grations- und Familienhilfen beimCaritasverband
und erste Ansprechpartnerin für das Projekt. „Da-
bei haben wir festgestellt, dass die Wohnungs-
unternehmen ähnliche Problemlagen mit ihren
Mietern haben, wie wir es auch von ‚unseren‘ Hil-
fesuchenden kennen“. Schnell kamdie Erkenntnis,
dass diese Probleme in Zusammenarbeit mit dem
Vermieter präventiver und schneller zu lösen sein
dürften. Folge dieser Erkenntnis war der Koopera-
tionsvertrag zwischen den Genossenschaften und
der Caritas. Köln-Süd machte 2013 den Anfang,
GEWOG und Erbbauverein stießen später dazu.
Anfangs war Überzeugungsarbeit nötig
„Das neue Angebot wurde zwar auf Homepages,
Mieterzeitungen und Aushängen kommuniziert,
dennoch hat es eine Weile gedauert, bis unsere
Mitarbeiter ein Gespür dafür bekamen, wie die
neue Sozialberatung funktioniert, und bis sie von
den Mitgliedern angenommen wurde“, sagt Horst
Werner, Vorstand der Köln-Süd eG. Das Beispiel ei-
ner verhinderten Räumungsklage habe sich dann
schnell herumgesprochen. Inzwischen sind die
Sprechstunden bei allen Genossenschaften gut
frequentiert. Der Kooperationsvertrag beinhaltet
aber auchHausbesuche bei Mietern, die nicht zu den
Sprechstunden gehen können oder wollen.
Im ersten Gespräch stellt die Mieterberaterin
fest, ob sie das Problem zusammen mit dem Hil-
fesuchenden allein lösen kann oder ob ein spe-
zieller Fachdienst hinzugezogen werden muss.
Der Caritasverband für die Stadt Köln unterhält
insgesamt rund 80 Einrichtungen und Dienste,
auf die die Sozialarbeiterin unbürokratisch und
niedrigschwellig zurückgreifen kann. „Dann
führen wir mit den entsprechenden Kollegen ein
Vorgespräch, um einen verlässlichen Übergang
zu gewährleisten“, so Monika Kuntze. Bei Bedarf
wird der Hilfesuchende auch zu demersten Termin
bei dem Fachdienst begleitet. Nach Analyse der
Ausgangssituationwird dann gemeinsammit dem
Betroffenen ein Hilfeplan erarbeitet. Alle Anga-
ben werden streng vertraulich behandelt, in die
Unterlagen haben nur Klient und Sozialarbeiter
Einblick. 75 €/h berechnet die Caritas den Genos-
senschaften. Damit werden die Personalkosten für
den Einsatz gedeckt. Je nach Inanspruchnahme
kostet das die Genossenschaften jährlich zwischen
10.000 und 12.000 €.
Erfolgsbilanz
2016 wurden insgesamt 250 Beratungsgesprä-
che durchgeführt. Durch Intervention konnte
drohender Wohnungsverlust vermieden und eine
Regulierung des Mietrückstandes, z. B. durch Ra-
tenzahlung oder Übernahme durch die Stadt Köln,
erreicht werden. In vielen anderen Fällen wurden
Maßnahmen zur Verbesserung von Problemlagen
eingeleitet. „Für uns ist es ein Erfolg, wenn wir es
schaffen, dass der Mensch sich auf denWegmacht,
um etwas zu verändern“, so Kuntze. Die schnelle
Lösung nach dem Motto: Jetzt kommt eine Bera-
tung und dann ist das Problem weg, sei aber eher
selten. „DieMenschen kommenmit Problemen zu
uns, sagen aber nicht direkt z. B. ‚ich bin Alkoho-
liker.‘ Häufig braucht es mehrere Anläufe, bis je-
mand in der Lage ist, kontinuierlich an der Verän-
derung eines verfestigtenMissstands zu arbeiten.
Dieses treffe insbesondere auf den Suchtbereich
zu, so Monika Bialas, seit 2016 „amtierende“ So-
zialberaterin. Einfacher sei es häufig bei Mietrück-
ständen oder bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, die
letztlich auf Kommunikationsproblemen beruhen.
„Hier bringen Schlichtungsgespräche oder Medi-
ationen oft direkten Erfolg.“
Resümee der Genossenschaften
„Die Kooperation ist eine ideale Lösung für mit-
telgroße Genossenschaften, die sich keine eige-
ne Mieterberatung leisten können“, erklärt Horst
Werner von der Köln-Süd auf die Frage nach seiner
Erfolgsbilanz. Werner sieht vor allem die Vernet-
zungmit Hilfsdiensten aller Art als unschätzbaren
Vorteil. „Wir wüssten gar nicht, wen wir bei der
Stadt oder der Kirche anrufen könnten, um Hil-
fe zu bekommen“, sagt er. „Manche aufwändige
Räumungsklage, manches Problem mit Mietern,
die Alltagsdinge nicht mehr auf die Reihe bekom-
men, hat die Mieterberaterin der Caritas verhin-
dern können.“ Einige auchmit einer Tasse Kaffee:
„Eine betagte Mieterin, die seit Jahrzehnten bei
uns wohnt, führte regelmäßige Klage über Lappa-
lien“, erzählt Werner. „Da hat dann unsere Koope-
rationspartnerin angeklingelt, sich vorgestellt und
eine Tasse Kaffee mit der alten Dame getrunken.
Hinterher hatten wir für einen langen Zeitraum
Ruhe“, erinnert sichWerner. Eine funktionierende
Mieterberatung bedeutet für das Unternehmen
einen Imagegewinn, den man nicht an Kosten
festmachen kann.
GEWOG-Vorstand Uwe Seibel sieht in der Zu-
sammenarbeit mit der Caritas eine große Hilfe
vor allem für ältere Mitglieder, die aus unter-
schiedlichen Gründen ihre Ansprüche gegenüber
Ämtern nicht formulieren könnten und mit dem
Papierkrieg nicht zurechtkommen. „Einer Sozial-
arbeiterin vertrauen die Menschen, da fühlen sie
sich gut und sicher aufgehoben.“ Gleiches gelte
auch bei Streitigkeiten unter Mietern. „Der Nutzen
ist hoch, wir bleiben auf jeden Fall dabei“, fasst
Seibel zusammen. Das sei auch für eine Genossen-
schaft der richtige Weg, den Mitgliedern etwas
zurückzugeben.
Werner Roche vom Erbbauverein Köln sieht noch
Verbesserungsbedarf bei der Kooperation: „Bis-
her ist es noch nicht gelungen, den großen Tanker
Caritas so einzubinden, dass wir imgleichen Fahr-
wasser schwimmen. Damüssenwir nachjustieren.
Wir geben der Sache aber ihre Zeit, da der Bedarf
definitiv größer wird. Auch bei Genossenschaften
gibt es zunehmende Vereinsamung und Altersar-
mut. Das wird uns künftig stärker in die Pflicht neh-
men. Da brauchenwir jede gute Idee, jede helfende
Hand, jede Unterstützung.“
Sozialberaterin
Monika Bialas vom
Caritasverband
Köln. Sie hilft den
Mietern der
Genossenschaften
Quelle: Caritasverband Köln
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