DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2017 - page 21

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8|2017
Wozu brauchen wir neue Formen des
seriellen Bauens in Deutschland?
DieWohnungsmärkte vor allemder Groß- undUni-
versitätsstädte entwickeln sich seit Jahren dyna-
misch. Deutliche Mietsteigerungen und vielerorts
spürbare Engpässe waren die Folge. Einkommens-
schwache Haushalte, aber zunehmend auch Haus-
halte mit mittleren Einkommen haben Schwierig-
keiten, eine für sie bezahlbareWohnung zu finden.
Wir müssen es deshalb schaffen, dass neu gebaute
Mietwohnungen auch ohne Förderung für dieMitte
der Bevölkerung wieder bezahlbar werden.
Um Fehlentwicklungen zu korrigieren, rufen wir
deshalbmit unserenPartnern dazu auf, zeitgemäße
Formen des seriellen undmodularenBauens zu ent-
wickeln. Das Verfahren ist einmalig und innovativ:
Planen und Bauen werden erstmals in einer Aus-
schreibung zusammengedacht, umgrößtmögliche
Synergie- und Skaleneffekte zu erzielen.Wir setzen
damit übrigens eines der wesentlichen Ergebnisse
der Baukostensenkungskommission um.
Können seriell gefertigte Wohngebäude den
Mangel beheben?
Seriell gefertigte Wohnbauten können nur eine
Teillösung für das Problem des Wohnraumman-
gels in deutschen Großstädten sein. Ihre schnelle
Realisierung kann zur Entlastung angespannter
Märkte beitragen. Der Flaschenhals beimBauen ist
die Grundstücksvergabe. Die Kommunen müssen
diesen Prozess nach demPrinzip der Konzeptquali-
tät – statt des Höchstpreisgebots – beschleunigen.
Insgesamt muss eine Reihe von Maßnahmen um-
gesetzt werden, ummehr bezahlbarenWohnraum
zu schaffen. Die Auflagenflut sowie die Preisspi-
rale bei der Grunderwerbsteuer müssen gestoppt
und mehr Anreize für den Wohnungsbau gesetzt
werden.
Neue, moderne Bauweisen sollen künftig in Bal-
lungsregionen hochqualitativen und gleichzeitig
bezahlbaren Wohnraum besonders für untere
Einkommensgruppen bieten. Imgeförderten Seg-
ment bedeutet das auch eine starke Entlastung
der Kommunen, da sich der Abstand zwischen
Kosten- und Zielmiete verringert. Der zusätzli-
cheWohnungsbau in angespannten Lagen soll zu-
dem den Markt entlasten. Davon profitieren alle
Einkommensgruppen. Besonderer Wert wird auf
eine langfristige Nutzbarkeit, dieMöglichkeit von
Umnutzungen sowie – kostengünstige und ohne
großen Aufwand durchführbare Anpassungen an
veränderte Wohnansprüche und Nachfragegrup-
pen gelegt.
Wie sollen die neuen seriell gefertigten
Bauten aussehen?
Bei unserer technologieoffenen Ausschreibung
werden prototypische, mehrgeschossige Wohn-
gebäude zu reduzierten Baukosten gesucht, die
bundesweit errichtet werden können. Sie sollen
mit hoher architektonischer Qualität auf die je-
weiligen Bedürfnisse vor Ort ausgerichtet und in
Einzelaufträgen realisiert werden können. Dabei
sind Nachhaltigkeits- sowie wirtschaftliche As-
pekte zu berücksichtigen. Einen Eindruck, wie
solche Gebäude aussehen können, gibt das sog.
„Kombohus“, das bereits in unterschiedlicher Aus-
führung in Schweden realisiert wurde.
Wird das Ergebnis nicht die „Platte von
morgen“ sein?
Es wird definitiv keine langweilige Einheitsar-
chitektur geben, denn bei dem Ausschreibungs-
verfahren wird großer Wert auf eine hohe archi-
tektonische und städtebauliche Qualität und die
Berücksichtigung baukultureller Belange gelegt.
Der Einsatz standardisierter Serienfertigung soll
einen kostengünstigen, zugleich qualitätsvollen
sowie standort- und sozialverträglichen Bau er-
möglichen. Zudemwird der serielleWohnungsbau
als Teillösung für den Wohnraummangel keines-
falls einenMarktdurchdringungsgrad der „WBS70“
erreichen. Das ist auch gar nicht gewollt.
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Olaf Berger.
Interview mit Axel Gedaschko
„Prototypische, mehrgeschossige Wohnbauten
zu reduzierten Baukosten gesucht“
Vergabestelle bei dem erstmalig in dieser Form durchgeführten Verfahren ist
der GdW. Er wird auf Grundlage der Ergebnisse eines einberufenen Bewertungs-
gremiums fünf bis zehn Bieter bzw. Bietergemeinschaften auswählen. Ende März
2018 soll die Rahmenvereinbarung mit den Siegern des Verfahrens unterschrie-
ben werden. Der GdW-Präsident erklärt, worum es bei dem neuen Weg geht.
möglicht es denBietern undBietergemeinschaften,
ihre Lösungen fürmoderne serielle Fertigung einer
breitenÖffentlichkeit vorzustellen. Ferner können
so die theoretischen Angaben – z. B. zu Baukosten,
technischer Machbarkeit, Prozessoptimierung der
Produktion, Vorfertigungsgrad und bestmöglicher
Digitalisierung – praxisgerecht evaluiert werden.
Teilnahmebedingungen
Das Verfahren wurde durch GdW, BMUB, BAK und
HDB sowie InWIS Forschung&BeratungGmbHund
der auf Vergaberecht spezialisierten Kanzlei Rede-
ker Sellner Dahs erarbeitet. Bis zum 27. Juli 2017
können sich potenzielle Bieter um die Teilnahme
an der Ausschreibung bewerben. Die konkreten An-
gebote der ausgewählten, teilnahmeberechtigten
Bieter müssen dann
bis zum 27. Oktober 2017
,
12:00 Uhr, eingereicht werden.
Weitere Informationen sowie voll-
ständige Vergabeunterlagen unter:
web.gdw.de/seriellesbauen
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Quelle: GdW
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