DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2017 - page 12

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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8|2017
Zufriedenere und glücklichere Mieter
Warum gesellschaftlicher Zusammenhalt ein
wichtiges Thema für die Wohnungswirtschaft ist
In den Medien und in Teilen der Bevölkerung wird regelmäßig ein Verlust des Miteinanders
beklagt; in der Politik werden Appelle lauter, Maßnahmen zur Stärkung des Zusammenhalts
zu ergreifen. Auch für die Wohnungswirtschaft ist dieses Thema von Bedeutung.
In Wohngebieten, Nachbarschaften und Hausge­
meinschaften – also überall dort, wo Menschen
zusammenleben, ist das Miteinander entschei­
dend für die Lebensqualität. Dies ergab jüngst
eine Studie, die im Auftrag der Bertelsmann
Stiftung und mit Unterstützung der agWohnen
Bremen und Bremerhaven – einem Zusammen­
schluss von Wohnungsunternehmen in Bremen
und Bremerhaven (siehe Infokasten auf S. 12) –
an der Jacobs University Bremen
1
durchgeführt
wurde.
Zusammenhalt – Was ist das eigentlich?
Aber was ist Zusammenhalt – auch Kohäsion ge­
nannt – eigentlich? In der Wissenschaft ist man
sich weitgehend einig
2
: Erstens wird Zusam­
menhalt als Merkmal eines Gemeinwesens, also
etwa eines Landes, einer Region oder einer Stadt,
und nicht einzelner Bürger betrachtet. Zweitens
geht man davon aus, dass Kohäsion ein gradu­
elles Phänomen ist, dass es also Gemeinwesen
mit stärkerem oder schwächerem Zusammenhalt
gibt. Und schließlich geht es beim Zusammen­
halt um unterschiedliche Lebensbereiche. Diesen
Annahmen folgend, definieren wir Zusammen­
halt „als die Qualität des gemeinschaftlichen
Miteinanders in einem territorial abgegrenzten
Gemeinwesen“
3
.
Wie Abbildung 1 verdeutlicht, gibt es dabei drei
Kernbereiche gesellschaftlichen Zusammenhalts,
nämlich die sozialen Beziehungen der Mitglie­
der eines Gemeinwesens, ihre Verbundenheit mit
diesem und ihre Gemeinwohlorientierung.
Möchte man untersuchen, wie es um den Zu­
sammenhalt in einer Stadt bestellt ist, müs­
sen diese drei Kernbereiche messbar gemacht
werden. Deshalb untergliedern sie sich jeweils
in drei Dimensionen, die die einzelnen Baustei­
ne von Zusammenhalt darstellen. Im Bereich
„Soziale Beziehungen“ wird erfasst, ob Bürger
starke und belastbare soziale Netze haben, ob
sie Vertrauen in ihre Mitmenschen haben und
ob sie Diversität akzeptieren. „Verbundenheit“
erzeugt Zusammenhalt durch die Identifikation
der Menschen mit ihremGemeinwesen, Vertrau­
en in dessen Institutionen sowie das Empfinden,
dass die Güter in der Gesellschaft gerecht verteilt
sind und man selbst gerecht behandelt wird. Die
Dimensionen Solidarität und Hilfsbereitschaft,
gesellschaftliche Teilhabe und die Anerkennung
sozialer Regeln bilden schließlich den Bereich
„Gemeinwohlorientierung“.
Die Studie: Zusammenhalt in den
Ortsteilen der Stadt Bremen
Ziel der Bremer Studie war es, Zusammenhalt
dort zu untersuchen, wo Menschen sich täglich
begegnen, nämlich in ihren Quartieren. Diese
sind heute oft sehr heterogen: Menschen ver­
schiedenen Alters, unterschiedlichen Familien­
stands, Bildungsgrads und Einkommensniveaus,
Dr. Regina Arant
Jacobs University
Bremen
Prof. Dr. Klaus Boehnke
Jacobs University
Bremen
ABB. 1: DIE DREI BEREICHE DES GESELLSCHAFTLICHEN ZUSAMMENHALTS
Quelle: Bertelsmann Stiftung
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