ENERGIE UND TECHNIK
28
8|2017
vermieten & verwalten“ organisierten Exkursion
in Frage. Doch laut Martina Lindebaum sorgt die
degewo dafür, dass alle Kunden persönlich beraten
werden und eine Informationsbroschüre erhalten,
um die Technik bestmöglich zu nutzen.
Warmmiete moderat gestiegen
Die Nachfrage nach den 64 Wohnungen ist groß:
Lindebaumzufolgemeldeten sich amerstenWerk-
tag, nachdem die Presse über die Fertigstellung
des Hauses berichtet hatte, 500 Interessenten.
Darunter sind viele ältereMenschen aus der Nach-
barschaft, die gerne komfortabler wohnenwürden
als bisher.
Zuvor hatten alle Mieter ausziehen müssen, um
die 16 Monate dauernden Modernisierungs-
maßnahmen zu ermöglichen. Diese umfassten
in begrenztem Umfang auch Grundrissänderun-
gen. So entstanden zwei 4-Zimmer-Wohnungen,
und die zuvor sehr kleinen Bäder wurden auf gut
4m
2
vergrößert (wären sie kleiner, gälten sie laut
Berliner Mietspiegel als wohnwertminderndes
Merkmal).
Die Kaltmiete beträgt nun zwischen 7,90 und
8,30 €/m
2
und damit deutlich mehr als vor dem
Umbau, als die Mieter im Durchschnitt lediglich
5,04 €/m
2
zu entrichten hatten. Da die warmen
Betriebskosten von zuvor 1,05 €/m
2
den Berech-
nungen zufolge um bis zu zwei Drittel sinken
dürften, resultiert eine Warmmiete von 10 bis
11 €/m
2
. Damit ist die Miete stärker gestiegen,
als die degewo ursprünglich vorhatte. Als der da-
malige Vorstand Frank Bielka im Juni 2014 das
Projekt vorstellte, äußerte er die Erwartung, die
Gesamtmiete werde sich um lediglich rund 1 €/m
2
erhöhen. Die Heizkosten werden übrigens nicht
nach Verbrauch abgerechnet, sondern pauschal:
Da der Verbrauch äußerst gering sei, würden die
Zählerkosten die Heizkosteneinsparung verpuffen
lassen, begründet dies die degewo.
Kosten der Maßnahme
Insgesamt ließ sich das Wohnungsunternehmen
sein Leuchtturmprojekt rund 1.300 €/m
2
kosten.
Das ist laut Projektleiterin Lindebaum fast dop-
pelt so viel, wie Modernisierungen von 1950er-
Jahre-Häusern sonst kosten. Möglich wurde die
aufwändige Maßnahme nur deshalb, weil das Un-
ternehmen in diesem Fall auf sein übliches Ren-
diteziel verzichtet und sich mit einer schwarzen
Null zufriedengibt.
Strom für die Mieter
Interessant ist das Zukunftshaus auch vor dem
Hintergrund der Diskussion um Mieterstrommo-
delle. Denn die Mieter können den vor Ort er-
zeugten Sonnenstrom für einen Arbeitspreis von
26,18 Cent/kWh beziehen. Dabei kommt ein
kompliziertes Modell zum Einsatz: Die degewo-
Tochtergesellschaft netzWerk verkauft den vor
Ort erzeugten Strom an das Berliner Energie-
unternehmen BTB, das dann diesen Strom an
die interessierten Mieter weiterverkauft. Nach
degewo-Angaben ist eine Abnahmequote von
50% erforderlich, umdas Modell wirtschaftlich zu
machen. Wie viel Strom sie verbrauchen, können
die Kunden über ein Webportal kontrollieren.
Die Monitoring-Phase
Während die Baumaßnahmen ohne Förderung aus-
kamen, fördert das Bundeswirtschaftsministerium
die dreijährigeMonitoring-Phase, in der Prof. Sick
und sein Team von der HTW Berlin die Funktions-
tüchtigkeit der Anlagen und dass Verhalten der
Mieter unter die Lupe nehmen werden. „Mit dem
Monitoring wollen wir den Erfolg des Projekts
überprüfen und gegebenenfalls nachsteuern. Ziel
ist es, nicht nur nachhaltig neu zu bauen, sondern
unsereWohnungsbestände auch verantwortungs-
voll und nachhaltig zu entwickeln“, so degewo-
Vorstand Christoph Beck.
Vom Ergebnis des Monitorings wird abhängen,
welche Maßnahmen die degewo möglicherweise
auf weitere Modernisierungsprojekte übertragen
wird. Dabei, sagt Martina Lindebaum, gehe das Un-
ternehmen nicht davon aus, noch einmal ein derart
umfassendes Projekt mit allen Komponenten wie
in der Havensteinstraße zu realisieren.
Ende April 2017 wurde das Zukunftshaus in
Anwesenheit des Berliner Staatssekretärs
Sebastian Scheel, Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Wohnen (2.v.r.), eröffnet
Blick in eine der 64 modernisierten Wohnungen:
Beheizt werden diese über eine Deckenheizung
Quelle: degewo, Foto: Tina Merkau
Quelle: degewo, Foto: Tina Merkau
Die Mieter des Zukunftshauses werden intensiv darü-
ber informiert, wie sich sich verhalten müssen, damit
die Energieeffizienz des Gebäude zum Tragen kommt
Quelle: Christian Hunziker