Die Wohnungswirtschaft 7/2017 - page 18

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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7|2017
Baukultur in der Wohnungswirtschaft
Grundlage nachhaltiger Investitionen
Der Bau von bezahlbaren Wohnungen ist eine der derzeit großen Anforderungen für die Immobilien- und
Bauwirtschaft. Die Herausforderung dabei ist, in den von Zuzug geprägten Regionen Deutschlands rasch
zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Doch daraus kann und sollte kein vermeintliches Spannungsfeld bei
der Berücksichtigung baukultureller Ziele konstruiert werden. Die Wohnungswirtschaft beweist vielerorts,
dass nachhaltige Neubau- und Bestandsinvestitionen und Baukultur sich bedingen.
Eine der gegenwärtig größten Herausforderun-
gen in der Wohnungswirtschaft – besonders in
den wachsenden Regionen – ist es, bezahlbaren
Wohnraum zu errichten. Unter Berücksichtigung
des prognostizierten Bedarfs an zusätzlichenWoh-
nungen in Deutschland von rund 400.000 pro Jahr
bestehen die Anstrengungen derWohnungsunter-
nehmen darin, inmöglichst kurzer Zeit eine große
Anzahl von Wohnungen zu wirtschaftlich vertret-
baren Baukosten zu errichten. Wenn dann noch der
Fokus auf den Anforderungen zukunftsorientierten
Wohnens liegt – wie flexible Wohnungsgrundrisse
für sich ändernde Lebensentwürfe oder die Bedürf-
nisse einer alternden Gesellschaft, Anpassungen
für Smart-Home- und Smart-Meter-Lösungen
sowie letztendlich die Umsetzung gebäudeener-
getischer Forderungen –, dann scheint sich ein
Spannungsfeld zwischen den Zielen der Woh-
nungswirtschaft und der Baukultur aufzuzeigen.
In diesem Zusammenhang werden baukulturelle
Ansprüche gelegentlich auch als weiterer Kosten-
faktor und „Renditehemmnis“ dargestellt.
Baukulturelle Dimensionen
„Baukultur ist wesentlich, um eine Umwelt zu
schaffen, die als lebenswert empfunden wird. Sie
hat neben sozialen, ökologischen und ökonomi-
schen Bezügen auch eine emotionale und ästhe-
tische Dimension…“, so z. B. die Bundesstiftung
Baukultur. Setzt man sich mit dieser Definition
der Baukultur auseinander, wird deutlich, dass
sich gerade die Wohnungsunternehmen des GdW
der Baukultur in ganz besonderem Maße wid-
men. Nicht nur die Preisträger und Nominierten
der Wettbewerbe umden Bauherrenpreis und den
Preis Soziale Stadt, sondern die insgesamt einge-
reichten Beiträge allein zu diesen Wettbewerben
zeigen die positive Auseinandersetzung der Woh-
nungswirtschaft mit dem Thema Baukultur.
Die Projekte sind nicht nur durch die Architektur
der Gebäude geprägt, sondern sie spiegeln die
vielfältigen Anforderungen des Quartiers wider,
so z. B. die Optimierung der Flächeninanspruch-
nahme, eine energetische Gesamtbetrachtung auf
Quartiersebene und die in den Planungen ange-
legte soziale Mischung. Darüber hinaus gewinnen
der halböffentliche und öffentliche Raum sowie
die Infrastruktur immer mehr an Bedeutung bei
Quartiersplanungen. Die Schaffung von Kommu-
nikationsbereichen und Erholungsflächen, die
Integration von Kindertagesstätten und Schulen
in das Stadtquartier, aber auch überregionale Ver-
bindungen zu anderen Stadtquartieren, z. B.mittels
Radwegenetzen und durch denÖPNV, finden immer
öfter Berücksichtigung in den Projekten.
Dies ist insofern besonders hervorzuheben, da
eine Vielzahl dieser über den reinen Bau von
Wohngebäuden hinausgehender Leistungen nur
bei einer werteorientierten Unternehmensfüh-
rung erbracht werden kann – so z. B. hinsichtlich
der projektbezogenen Gesamtkapitalrentabilität
(siehe Abbildung) und einer jährlichen Wertent-
wicklung des Gesamtimmobilienvermögens. So
kann der Barwertvorteil der stabilisierendenMaß-
nahmen imQuartier ausgewiesen werden und die
Rentabilität des Quartiers steigern.
Nachhaltigkeit und Werteorientierung
Die Umsetzbarkeit der vorgenannten Ausführun-
gen soll hier anhand von zwei Beispielen der wbg
Nürnberg verdeutlicht werden.
Das Quartier Nordostbahnhof wurde größtenteils
Ende der 1920er Jahre erbaut und umfasst rund
2.500 Wohneinheiten. Im Zeitraum 2000 bis
2011 war das Quartier eines der Projektgebiete
THEMA DES MONATS
Ralf Schekira
Geschäftsführer
wbg Nürnberg GmbH
Immobilienunternehmen
QUARTIERSENTWICKLUNG DER WGB NÜRNBERG
Quelle: wbg Nürnberg
Investitionsvolumen/Gesamtkapitalrendite
Wohnquartier St. Johannis
(74 Wohnungen, 1 Kinderkrippe,
SIGENA)
Neues Wohnen Sündersbühl
(94 Wohnungen, 4 Gewerbe-
einheiten, SIGENA)
IQ Nordostbahnhof
(153 Wohnungen, SIGENA)
20,3 Mio. €
3,9%
23,3 Mio. €
4,0%
24,5 Mio. €
4,2%
4,0% wbg GK-Zielrendite
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