Die Wohnungswirtschaft 7/2017 - page 13

Gut funktionierend, qualtitätvoll
und ansehnlich
Aus der Praxis bekannt ist, dass der erste Stol-
perstein in der Definition der „Baukultur“ be-
steht, und die Planer i. d. R. der Kostentreiberei
zugunsten des Schönheitsgedankens verdächtigt
werden. Dass baukulturelle Leistungen nicht im-
mer mit mehr Geld zu tun haben müssen, wird
überzeugend durch viele Beispiele bewiesen: So
gibt es z. B. imWohnungsbau einige hervorragen-
de Siedlungen, vorwiegend aus den 1920er und
1930er Jahren, bei denen gerade mit sehr knap-
pen Etats gut funktionierende, qualtitätvolle und
ansehnliche Quartiere entstanden sind, die heute
noch Bestand haben – so z. B. die Genossenschafts-
siedlungen in Berlin, im Ruhrgebiet und anderen
Orten, wo in kurzer Zeit viele Wohnungen gebaut
wurden bzw. gebaut werden mussten.
Die Ansage „schnell und viel bauen“ ist zzt. ver-
ständlicherweise wieder sehr gebräuchlich. Sie
ist aber auch gefährlich, gilt doch der Grundsatz
„gut Ding will Weile haben“. Das mag altmodisch
klingen, hat aber heute eine besondere Bewandt-
nis. Denn nur gut und sorgfältig vorbereitete Bau-
maßnahmen haben die Chance, kostengünstig,
angemessen schnell und nachhaltig realisiert zu
werden. Dazu gehört unbedingt die ausführliche
Verständigung zwischen Bauherrn, Planern und
später auch mit den ausführenden Firmen zu den
Zielsetzungen und angestrebten Qualitäten. Auch
das ist ein Bestandteil der Baukultur, nämlich die
Prozesskultur. Die Beteiligung der Betroffenen ver-
dient zudemheute besondere Beachtung. Manmag
das als lästig empfinden. Infolge der heutzutage
recht transparenten Gesellschaft ist das ein Ele-
ment, das man nicht unterschätzen darf und soll.
Grenzen und Konsequenzen
zu enger Zielsetzungen
Eine Phase des Wohnungsbaus in der Nachkriegs-
zeit hat gezeigt, dass die schnelle Lösung nicht
immer lange hält: Viele Gebäude aus den 1950er
und 1960er Jahren müssen bereits abgerissen
oder umfassend saniert werden, da die damali-
gen Qualitätsansprüche für die heutige Zeit nicht
mehr ausreichen. Die damaligen Aufbauleistun-
gen sollen hier nicht kritisieren werden, aber sie
zeigen auch die Grenzen und Konsequenzen
Quelle: Margarethe-Krupp-Stiftung
Quelle: Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, Foto: Tina Merkau
Häuserreihe „Waldlehne“ in der Essener Siedlung
Margarethenhöhe
Die in den 1920er Jahren gebaute Siedlung Attila-/Marienhöhe in Berlin-Tempelhof bietet
mit ihren Gartenhöfen ein grünes Umfeld – ideal für Familien
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