STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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7|2017
Die 2008 neben fünf weiteren Berliner Wohnanlagen der klassischen Moderne in die Welterbe-
liste aufgenommene, 1924-30 errichtete Siedlung Schillerpark ist mit ihren Häusern aus rotem
Backstein und klar gegliederten Gartenhöfen ein Beispiel für gelungenen Siedlungsbau
Quelle: Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, Foto: Tina Merkau
einer engen Zielsetzung. Andererseits kann hier
ein Beispiel aus München genannt werden, das die
Jahrzehnte bestens überstanden hat: Die „Bors-
tei“ – eine (private) Wohnanlage aus den 1920er
Jahren, die heute noch quasi unverändert als eine
der begehrtesten Mietwohnanlagen Münchens
gilt. Aufgrund der hohen Gesamtqualität und der
immer noch moderaten Mieten! Das ist nachhal-
tiges und baukulturell hochstehendes Bauen. Das
Musterbeispiel Margarethenhöhe in Essen steht
ebenso für eine gesamtheitliche, dauerhafte Qua-
lität. Und es gibt glücklicherweise viele Beispiele
dieser Art!
Die ehemals gemeinnützigeWohnungswirtschaft
hatte sich zum Ziel gesetzt, für angemessenen,
bezahlbaren Wohnungsbau für breite Schichten
der Bevölkerung zu sorgen. Heute ist dieses Ziel
angesichts steigender Vorschriften, Standards,
komplizierter Genehmigungsverfahren, knapper
Grundstücksressourcen und infolge immer höhe-
rer Baukosten kaumnoch erreichbar. So ist es ver-
ständlich, dass viele Bauherren im Wesentlichen
auf die Realisierbarkeit von Bauvorhaben und die
maximale Ausnutzung von Grundstücken achten
und andere Parameter nicht unbedingt im Fokus
haben. Somit werden die Planer oft mit dieser Ma-
xime konfrontiert, vor allem, umdie Realisierung
zu beschleunigen.
Bau-, Umfeld- und Prozessqualität
lohnen sich
Gerade die langfristig orientierteWohnungswirt-
schaft profitiert von baukulturell anspruchsvollen
Objekten. Dort, wo dieMenschen sichwohl fühlen,
bleiben sie gerne wohnen, pflegen die Anlagen und
bilden leichter eine Gemeinschaft als bei lieblos
„hingeknallten“, stereotypen Wohnkomplexen.
Jeder Mieterwechsel kostet Geld. Also ist es auch
wirtschaftlich sinnvoll, auf ansprechende Archi-
tektur und soziale Brauchbarkeit von Wohnanla-
gen zu achten.
In diesem Zusammenhang bleibt es daher den
Wohnungsunternehmen nicht erspart, nicht nur
an bewährtenMusternMaß zu nehmen bzw. diese
beizubehalten und weiterzuentwickeln, sondern
rationelle Bauweisen zu entwickeln. Das Bauen ist
schlichtweg zu kompliziert, zu teuer und in vielen
Elementen antiquiert. Die dramatischen Bedarfe
an mehr bezahlbarem Wohnungsbau in den Bal-
lungsräumen stellen für alle Beteiligten, Politik,
Behörden, Planer undBauherren, großeHerausfor-
derungen dar, aber auch eine großeVerantwortung.
Zurzeit werden deshalb interessante und weiter-
führendeModellprojekte entwickelt, die vor allem
in Holz- oder Holzhybridbauweise technisch und
gestalterisch neue Impulse setzen. Ermutigend sind
auch die im Zuge des Deutschen Bauherrenpreises
Modernisierung mit Ersatzbau: Mit der Erneuerung der Anlage am Kegelhof schaffte die GWG München
nicht nur bezahlbare Wohnungen in Au-Haidhausen, sondern bewahrte auch ein Stück Stadtgeschichte
Quelle: GWG, Foto: Stefan Müller-Naumann