DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2017 - page 66

MARKT UND MANAGEMENT
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deutlich über dem Durchschnitt (siehe Tabelle
auf Seite 63).
Dabei verfügen die Senioren mit Armutsrisiko mit
durchschnittlich 52 m
2
pro Person uber weniger
Wohnraum als die Gesamtbevölkerung uber 65
Jahren (61 m
2
pro Person). Mehr als 65% der
armutsgefährdeten Senioren bewohnen 2- oder
3-Zimmer-Wohnungen. Der uberwiegende Teil
der Wohnungen hat eine Fläche von 45 bis 60 m
2
.
Das zeigt: Sowohl was Raum- als auch Quadrat-
meterzahl betrifft, passen sie den Wohnraum
uberwiegend dem Einkommen an.
Das Risiko steigt
Prognosen zukunftiger Entwicklungen sind im-
mer mit einemUnsicherheitsgrad verbunden. Wie
die zukunftige Wohlstandsentwicklung und die
Entwicklung regionaler Wohnungsmärkte ver-
laufen könnten, ist daher nur näherungsweise
und in Szenarien abschätzbar. Es ist jedoch zu
erwarten, dass es in Zukunft absolut noch mehr
armutsgefährdete Senioren in Deutschland ge-
ben wird, als dies aktuell der Fall ist: Bundesweit
wird damit auch die Zahl der armutsgefährdeten
Älteren auf schätzungsweise 3,9 Mio. im Jahr
2030 ansteigen, was einem Zuwachs von 66%
gegenüber 2011 (2,36 Mio.) entspricht.
Regionale Unterschiede
Aufgrund der soziodemografischen Unterschie-
de wird sich die Armutsgefährdung allerdings
regional unterschiedlich entwickeln. Besondere
Risikofaktoren sind das Bildungsniveau, Migra-
tionshintergrund, geringfügige Beschäftigung
und Phasen der Arbeitslosigkeit.
Urbane Regionen
Insbesondere der hohe Anteil an Menschen mit
Migrationshintergrund in den starken, urba-
nen Regionen wird dazu führen, dass hier die
Armutsrisikoquote von 2011 (12%) bis 2030
(16%) deutlich steigen wird. Da dies zugleich
Zuzugsregionen sind, wird die Wohnungsnach-
frage zu überdurchschnittlichen Mietsteigerun-
gen führen. Darum ist hier auch von einem über-
durchschnittlich hohen Transferleistungsbedarf
auszugehen.
Regionalmetropolen
In den Regionalmetropolen wird die Armutsrisi-
koquote im Jahr 2030 durch die hohe Zahl an Per-
sonen in geringfügiger Beschäftigung bei etwa
18% liegen und somit ebenfalls deutlich anstei-
gen (2011: 14%). Der Wohnungsmarkt wird sein
überwiegend hohes Preis- und Mietniveau ferner
beibehalten, wodurch der Transferleistungsbe-
darf überdurchschnittlich hoch bleiben wird.
Städte mit schwachen Wohnungsmärkten
In Städten mit schwachen Wohnungsmärkten
wird die jetzt schon hohe Armutsrisikoquote
(17%) auf 24% ansteigen.
Wegen der entspannten Wohnungsmärkte und
stagnierender Mieten wird der Transferleis-
tungsbedarf durchschnittlich stark von 5 auf
7% steigen.
Stabile Kreise
In den stabilen Kreisen wird der Wohnungsmarkt
weiter angespannt sein. Insgesamt wird ein An-
stieg der Armutsrisikoquote von 11% im Jahr
2011 auf 14% im Jahr 2030 erwartet. Auch der
Transferleistungsbedarf nimmt durchschnittlich
stark von 2,8% auf 4,5% zu.
In den schrumpfenden Kreisen wird die Risi-
koquote deutlich von 15,5% im Jahr 2011 auf
19% 2030 ansteigen. Die Wohnungsmarktent-
wicklung mit dem vielerorts niedrigen Miet- und
Preisniveau wird aber zu einem stagnierenden
Transferleistungsbedarf führen.
Regionen mit schwachen Wohnungsmärkten
In Regionen mit schwachen Wohnungsmärkten
werden die Entwicklungen moderater verlaufen.
Niedrige Mieten, Wertverluste der Immobilien,
höhere Arbeitslosenzahlen, mehr geringfügige
Beschäftigung sowie weniger Personen mit ge-
ringer Bildung und Migrationshintergrund las-
sen zwar die Armutsrisikoquote auf rund 18%
im Jahr 2030 (2011: 15%) moderat ansteigen.
Der Transferleistungsbedarf wird jedoch wegen
der entspannten Wohnungsmärkte auf niedrigem
Niveau stagnieren.
Handlungsansätze für die
Wohnungswirtschaft
Diese Prognosen fordern die Politik, aber auch die
Wohnungswirtschaft: Sie sollte angesichts der
künftigen Entwicklung einen zielgruppenorien-
tierten Ansatz der Bestandsentwicklung wählen,
der einkommensschwache Personen einbezieht.
Hauptansatzpunkte sind hierbei der Erhalt preis-
werten Wohnraums und die Schaffung kleiner
Wohnungen für alleinlebende Ältere.
Außerdem werden künftig nicht zwangsweise
dieselben Quartiere von Altersarmut betroffen
sein wie heute. Für die Bestandsentwicklung ist
somit auch die Bewohnergruppe der heute 50-
bis 60-Jährigen zu berücksichtigen.
Zielführend ist in jedem Fall auch eine Koopera-
tion der Wohnungsanbieter mit den Kommunen
sowie den öffentlichen und sozialen Einrichtun-
gen. Dies erhöht letztlich die Passgenauigkeit
der Maßnahmen.
Weitere Informationen:
d
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
ARMUTSRISIKO ALTERER MENSCHEN NACH
WOHNUNGSMARKTTYPEN
A starke urbane Regionen
B Regionalmetropolen
C schwache Städte
D stabile Kreise
E schrumpfende Kreise
F schwache Regionen
Senioren gesamt
12,4%
14,0%
11,0%
15,3%
17,1%
15,5%
14,0%
Quelle: BBSR
Äquivalenzgewichtetes Nettoeinkommen (2010), Armutsgrenze 60 % des Median
1...,56,57,58,59,60,61,62,63,64,65 67,68,69,70,71,72,73,74,75,...76
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