DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2017 - page 63

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gen. Werden illegal betriebene Ferienwohnungen
aufgedeckt, drohen – je nach Kommune – Bußgel-
der von bis zu 100.000 €. Dies ist beispielsweise
die maximale Höhe in der Hauptstadt.
Zusätzliche Serviceangebote
Entscheidend für Wohnungsunternehmen ist die
Frage, ob die möblierten Wohnungen mit oder
ohne zusätzliche Services angebotenwerden. Falls
sie ohne Serviceleistungen offeriert werden, fallen
sie in der Regel unter eine klassische Vermögens-
verwaltung. Die Vermietung unterliegt nicht der
Umsatzsteuer (siehe hierzu DW 12/2014, S. 62).
Es besteht allerdings die Gefahr, dass sie unter das
Zweckentfremdungsverbot fallen. Etwas anderes
gilt, wenn sie mit Zusatzdiensten als so genannte
Serviced Apartments und damit ähnlich wie ein
Hotel betrieben werden. Dann wird die Vermie-
tung als gewerblich erachtet und unterliegt zu-
meist der Umsatzsteuer.
Für die Zuordnung ist ferner entscheidend, wie
lange die Nutzer darin wohnen wollen: nur einige
Tage oder Wochen oder mehrere Monate? Dies ist
für die Frage wichtig, ob der Mieter die Mieter-
schutzrechte des BGB für sich in Anspruch nehmen
kann. Auch für einen Beherbergungsvertrag gilt
Wohnraummietrecht, allerdingsmit Ausnahme der
Mieterschutzvorschriften, falls die Vermietung nur
zum vorübergehenden Gebrauch erfolgt (§ 549
Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ist ein solcher zweifelhaft, be-
steht die Gefahr, dass ein reguläres Wohnraum-
mietverhältnis vorliegt und vermieterfreundliche
Privilegien wie Vereinbarungen kürzerer Mietzei-
ten und Kündigungsfristen hinfällig sind.
Leider gibt es keine klare zeitliche Abgrenzung,
wann der Gebrauch nur vorübergehend ist, was
Rechtsunsicherheiten für den Vermieter bedeutet.
Da dies abhängig vomEinzelfall ist, kann gegebe-
nenfalls auch eine mehrmonatige Nutzung, etwa
im Rahmen eines Praktikums, das Kriterium des
vorübergehenden Gebrauchs erfüllen.
Wohnen oder Beherbergung?
Zweifelhaft ist oftmals auch die baurechtliche
Zulässigkeit. Anders als im Mietrecht kommt es
hier darauf an, ob es sich bei der Art der baulichen
Nutzung umWohnen oder Beherbergung handelt.
So sind Beherbergungsbetriebe in allgemeinen
Wohngebieten (§ 4 BauNVO) nicht ohne Weiteres
bauplanungsrechtlich zulässig. Umgekehrt sind
Wohnnutzungen in Gewerbegebieten unzulässig.
Obendrein fehlt eine eindeutige gesetzliche
Definition und Abgrenzung zwischen Wohnen
und Beherbergen. Etwas Licht lässt sich – dank
einschlägiger Gerichtsurteile – dennoch in das
Begriffswirrwarr bringen. So wird allgemein von
Wohnen ausgegangen, wenn die Nutzer in ihren
vier Wänden dauerhaft leben wollen und darin
eine eigenständige Haushaltsführung möglich
ist. Dazu zählen eine Kochgelegenheit und eine
Waschmaschine in der Wohnung oder im Keller.
Auch dürfen sie ihre Bleibe frei gestalten, Bilder
aufhängen und Gäste empfangen.
Für einen Beherbergungsbetrieb sprechen hinge-
gen hoteltypische Dienstleistungen wie Zimmer-
reinigung, Getränke in Kühlschrank oder Minibar
sowie Wäsche- und Frühstücksservice. Auch das
Vorhandensein von Neben- und Gemeinschaftsflä-
chenwie Lager, ein Fitness- oder Frühstücksraum
sind Indizien für einen hotelähnlichen Betrieb.
Zudem deutet die Möglichkeit spontaner und
kurzer Aufenthalte darauf hin. Für eine Beher-
bergung spricht ferner, dass die Einrichtung nicht
verändert werden darf (BVerwG, Beschluss vom
8.5.1989, 4 B 78.89) und die Zimmer eine Größe
von 25 bis 45 m
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nicht übersteigen.
Auf Wohnungsgenossenschaften bezogen bedeu-
tet dies, dass sie ihr Vermietungsmodell rechtlich
prüfen und klar strukturieren und kommunizieren
sollten, um gegebenenfalls Problemen des Miet-
rechts, der Zweckentfremdung und baurechtli-
chen Zulässigkeit zu entgehen. Bieten sie Gäste-
wohnungen für Dritte an, sollten sie dies mit den
genannten zusätzlichen Serviceleistungen tun.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Nutzer diese
optional buchen können oder diese imAngebot in-
begriffen sind. So ist klar, dass sie ein gewerblicher
Beherbergungsbetrieb sind und nicht unter das
Zweckentfremdungsverbot fallen. Zu prüfen ist
hierbei aber im Einzelfall die bauplanungsrecht-
liche Zulässigkeit.
Wollen sie Wohnungen nicht nur kurzfristig für
wenige Tage, sondern langfristigmehrereMonate
als Serviced Appartments offerieren, sind damit
ebenfalls Serviceleistungen verbunden. Solche
Wohnungen werden z. B. von Fernpendlern wie
Projektarbeitern oder Gastdozenten unter der
Woche an ihrem Arbeitsort genutzt. Hier besteht
aber das Risiko, dass die Nutzung nicht nur zum
vorübergehenden Gebrauch erfolgt.
Möglicherweise werden Zweckentfremdungsver-
ordnungen wieder gestrichen, falls sich die lokale
Wohnraumnachfrage beruhigt. Bereits 2003 hatte
Niedersachen diese abgeschafft, Berlin 2002. Zwi-
schen2014und2016führtenvieleStädtesiewieder
ein. Außerdem ist in den nächstenMonatenmit ers-
tenUrteilen zur Rechtmäßigkeit der Zweckentfrem-
dungsregelnzurechnen.MehrereEigentümerhaben
geklagt. Sieberufen sich auf ihreEigentumsfreiheit,
die es ihnen erlaube, ihre Liegenschaft auch als Feri-
enwohnung zu vermieten.
Quelle: Sebastian Duda / Shutterstock.com
Ob es zulässig ist, Gästewohnungen anzubieten,
sollte gewissenhaft geprüft werden
• Begrifflichkeit zwischen einer Beherber-
gung und einer Wohnnutzung sind nicht
klar definiert.
• Mit Zweckentfremdungsverboten
vieler Kommunen werden kurzfristige
Vermietungen ohne Serviceleistungen
wie Wäsche- und Frühstücksservice für
Wohnungsunternehmen schwieriger.
• Sie sollten Indizien, die für einen Beher-
bergungsbetrieb sprechen, befolgen.
• Bei Unklarheiten bei der Kommune mit
Zweckentfremdungsverbot um eine Er-
laubnis bitten bzw. die Situation klären.
BEI BEREITSTELLUNG VON
GÄSTEWOHNUNGEN BEACHTEN:
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