DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 1/2017 - page 72

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RECHT
BGB §§ 241 Abs. 2, 543, 546, 569 Abs. 2, 573 Abs. 2 Nr. 1
Kündigung wegen Geruchsbelästigung
und Gesundheitsgefährdung durch
Zigarettenrauch
Durch das Rauchen in der Mietwohnung allein wird die Grenze zum
vertragswidrigen Gebrauch nicht überschritten, denn Rauchen
gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters.
LG Düsseldorf, Urteil vom 28.9.2016, 23 S 18/15
Bedeutung für die Praxis
Eine Kündigung nach § 569 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass eine Partei
den Hausfrieden stört, diese Störung nachhaltig ist, sie aufgrund ihrer
Nachhaltigkeit zu einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung führt, der
Störende vor der Kündigung abgemahnt wurde und dass zwischen Störung
und Ausspruch der Kündigung ein zeitlicher Zusammenhang besteht. Der
Begriff des Hausfriedens beruht auf der Erwägung, dass die Nutzung von
Wohn- und Geschäftsräumen durch mehrere Mietparteien ein gewisses
Maß an Rücksichtnahme voraussetzt. Mithin muss jede Mietpartei sich
bei der Nutzung der Mieträume so verhalten, dass die anderen nicht mehr
beeinträchtigt werden, als dies nach den konkreten Umständen unver-
meidlich ist. Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters.
Die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch wird erst dann überschritten,
wenn der Mieter bei Ausübung des grundsätzlich vertragsgemäßen Rau-
chens in der Wohnung das Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs.
2 BGB nicht genügend beachtet, etwa indem er einfache und zumutbare
Maßnahmen, wie z. B. ausreichendes Lüften oder Entsorgen der Asche,
nicht ergreift, um die übrigen Parteien des Hauses nicht mehr als vermeid-
bar zu beeinträchtigen. Nimmt er diese Maßnahmen nicht vor und kommt
es zu einer Beeinträchtigung der übrigen Parteien, liegt eine Störung des
Hausfriedens vor. Wann die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch inso-
weit überschritten ist, lässt sich jedoch nur im Einzelfall belegen. Wegen
des Kerngehalts der Gebrauchsnutzung einer Wohnung sind jedenfalls an
die Prüfung strenge Anforderungen zu stellen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG §§ 21, 23, 46 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt.
Nachgenehmigungsbeschluss für eine
bereits erfolgte Auftragsvergabe
Die Wohnungseigentümer können eine ohne vorherige Beschlussfas-
sung erfolgte Auftragsvergabe nachträglich genehmigen, wenn diese
einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprochen hat.
LG Itzehoe, Urteil vom 9.8.2016, 11 S 9/15
Bedeutung für die Praxis
Da der Verwalter – vgl. § 27 Abs.3 Nr.7 WEG: „durch Beschluss ermächtigt“ –
als Vollzugsorgan nur bei entsprechender Beschlussfassung etwa Bauverträ-
ge für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abschließen darf, kann bei
WEG-RECHT
BGB §§ 242, 535 ff., 543, UStG § 14
Gewerberaummiete: Anspruch auf
Erstellung einer Mietdauerrechnung
Will der Mieter die auf Miete und Betriebskosten geleistete Umsatz-
steuer imWege des Vorsteuerabzuges geltend machen, benötigt er
hierzu gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG eine Rechnung nach § 14 UStG.
LG Aachen, Urteil vom 9.3.2016, 8 O 355/15
Bedeutung für die Praxis
Die Beklagte hat sich erfolgreich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Sie
hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie – um ihrer vertraglichen Ver-
pflichtung nachkommen zu können – um Zusendung einer Mietrechnung bit-
te. Hieraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Beklagte ihre
Leistung von der Erteilung einer Mietrechnung abhängig machen und sich
dementsprechend auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen will. Die Beklagte
hat auch einen Anspruch auf eine Dauermietrechnung. Denn will der Mieter
die auf die Miete und die Betriebskosten geleistete Umsatzsteuer imWege
des Vorsteuerabzuges geltend machen, benötigt er gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1
UStG eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG. Als solche kommt jede Urkunde
in Betracht, aus der der Leistende, der Leistungsempfänger, die Menge und
Art der Leistung, der Zeitraum der Leistung und der auf das Entgelt entfal-
lende Umsatzsteuerbetrag erkennbar sind. Es müssen also sowohl das Netto-
entgelt als auch der Betrag der Umsatzsteuer genannt werden. Grundsätzlich
kommen als Rechnungen im Sinne des § 14 UStG alle Verträge in Betracht,
die einen Vertragspartner zu regelmäßigen Teilzahlungen verpflichten. Die in
einem solchen Vertrag enthaltene gesonderte Inrechnungstellung der Steuer
muss wie bei jeder anderen Abrechnungsform eindeutig, klar und unbedingt
sein. Für die Anerkennung eines Vertrags als Rechnung ist Voraussetzung,
dass er alle Angaben enthält, die § 14 IV UStG fordert.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
Bedeutung für die Praxis
Der Erwerber eines gewerblich vermieteten Hausgrundstücks tritt anstelle
des Vermieters in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und
Pflichten ein. Mit dem Eigentumsübergang entsteht ein neues Mietverhältnis
zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter mit dem gleichen
Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat. Von § 566 BGB
erfasst werden allerdings nur solche Rechte und Pflichten, die als mietrecht-
lich zu qualifizieren sind oder die in untrennbarem Zusammenhang mit dem
Mietvertrag stehen. Der Erwerber tritt deshalb nicht in Rechte und Pflichten
ein, die außerhalb des Mietverhältnisses liegen, selbst wenn sie als zusätzli-
che Vereinbarung im Mietvertrag geregelt sind. Für die Frage, welche Rechte
und Pflichten § 566 BGB unterfallen, ist daher auf den materiellen Gehalt der
jeweiligen Vertragsbestimmung abzustellen. Das Ankaufsrecht kann nicht
als mietrechtlich qualifiziert werden. Vielmehr stellt es als kaufrechtliche
Regelung ein Aliud zur Miete dar. Dabei kommt es nicht darauf an, was die
ursprünglichen Mietvertragsparteien als rechtlich untrennbar vereinbaren
wollten. Vielmehr ist eine objektive Betrachtung unter Berücksichtigung des
materiellen Gehalts der jeweiligen Vertragsbestimmung entscheidend.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
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