DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2016 - page 82

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4|2016
MARKT UND MANAGEMENT
Interview mit Andreas Breitner
„Wie kann der Verband Trendsetter
und Spürnase für Innovation und
Entwicklung der Zukunft sein?“
Seit Mitte 2015 ist Andreas Breitner Verbandsdirektor beim VNW - Verband norddeutscher
Wohnungsunternehmen e. V. Davor war der 49-Jährige von 2012 bis 2014 Innenminister des Landes
Schleswig-Holstein. Mit der DW zieht er ein Resümee nach mehr als 250 Tagen.
Quelle: VNW
Sie sind jetzt ein gut neun Monate im Amt.
Wie geht es Ihnen? Ein kurzes Resümee?
Sehr gut. Ich habe in meinem ersten halben Jahr
viele Hände geschüttelt und interessante Ge-
spräche geführt, man kann sagen: Ich bin gut
angekommen. Die Wohnungswirtschaft ist eine
spannende Branche und hat ein überzeugendes
Produkt: die bezahlbareWohnung. Die wohnungs-
wirtschaftlichen Welten im VNW sind aber sehr
unterschiedlich.
Als Drei-Länder-Verband haben wir es gleicher-
maßen mit stark nachgefragten und schrump-
fenden Wohnungsmärkten zu tun. Das ist eine
interessante Aufgabe. Bisher läuft die Zusam-
menarbeit – auch mit Vertretern aus Politik und
Wirtschaft – sehr gut.
Womit haben Sie nicht gerechnet?
Ich komme aus der Politik. Daher weiß ich, dass
man immer mit allem rechnen sollte. An meine
neuen Aufgaben bin ich unvoreingenommen he-
rangegangen. Überrascht hat mich, wie stark das
Thema „Flüchtlingsunterbringung“ schon die ers-
tenMonate dominiert hat. Aber dies ist ja auch für
die Wohnungswirtschaft eine große Aufgabe. Die
Aufnahme, Unterbringung und Integration geht
uns alle an.
Sie steigen in einer Phase in die Wohnungs-
wirtschaft ein, in der eine große Anzahl an
erheblichen Aufgaben zu lösen ist. Darf ich
Ihnen Schlagworte nennen und Sie geben ein
kurzes Statement dazu ab?
Gerne!
Flüchtlingserstunterbringung und Unter-
künfte für Asylbewerber: Was können die
Unternehmen im VNW leisten?
Die Verbandsunternehmen leisten schon jetzt viel.
Sie haben in Norddeutschland tausende geflüch-
tete Menschen untergebracht. In Mecklenburg-
Vorpommern und Schleswig-Holstein verschieben
sie geplante Rückbauten, richten leer stehende
Wohnungen wieder her und beteiligen sich an
Gemeinschaftsunterkünften. Mit Projekten, wie
z. B. dem „Probewohnen“ in Lübeck, bringen sie
Menschen in reguläre Mietverhältnisse. In Ham-
burg ist vor allem das kommunale Unternehmen
SAGA GWG sehr aktiv.
Neben demWohnraum spielt die Integration eine
entscheidende Rolle. DieWohnungsunternehmen
imVNWengagieren sich seit Jahrzehnten intensiv
in diesem Bereich. Mit eigenen Sozialarbeitern,
Nachbarschaftstreffs, Veranstaltungen, Deutsch-
kursen u. v. m. VieleMitglieder bzw. Mieter unter-
stützen das Angebot ihrer Genossenschaft bzw.
ihrer Wohnungsgesellschaft ehrenamtlich, so dass
häufig ein Netzwerk von Nachbarn für Nachbarn
entsteht. Die Verbandsunternehmenwissen, dass
Integration der besteWeg zum sozialen Frieden im
Quartier ist. Sie werden sich weiterhin intensiv
dafür einsetzen und damit einen hohen gesell-
schaftlichen Beitrag leisten.
Zukunft bezahlbares Wohnen: Neubau –
aber wie und wie schnell?
Wichtiges Thema! Unsere Unternehmen stehen für
bezahlbare Mieten. Ende 2014 lagen die durch-
schnittlichen Nettokaltmieten in Hamburg bei
6,19 €, in Mecklenburg-Vorpommern bei 4,92 €
und in Schleswig-Holstein bei 5,24 €/m2. Auch
künftig wird bei den Verbandsunternehmen der
Mensch im Mittelpunkt stehen und nicht die
Rendite. Doch kaputt wirtschaften können sie
sich auch nicht. In Hamburg z. B. sind die Grund-
stückspreise eindeutig zu hoch. Mit erforderlichen
Architektenwettbewerben, Antragsstellungen etc.
müssten die Unternehmeen eine Nettokaltmiete
von 12,50 €/m2 ansetzen, um mit einer schwar-
zen Null rauszukommen. Das ist weder das, was
wir uns unter „bezahlbar“ vorstellen, noch ist es
wirtschaftlich.
Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen. Ge-
rade bei städtischen Grundstücken müssten die
Verantwortlichen noch genauer hinschauen, wer
da was bauen will. Nur dann können wir gemein-
sam für bezahlbaren Neubau sorgen.
Das Tempo ist das zweite Thema. Wir erleben es,
dass vom Bauantrag bis zur Baufertigstellung bis
zu acht Jahre vergehen. Im Verbandsgebiet liegt
1...,72,73,74,75,76,77,78,79,80,81 83,84,85,86,87,88,89,90,91,...92
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