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4|2016
WEG §§ 27 Abs. 2 Nr. 2 und 4, 28; BGB § 139
Bloße Teilungültigerklärung einer
Jahresabrechnung
Eine Beschlussfassung über Ersatzansprüche gegen Wohnungseigen-
tümer in der Jahresabrechnung ist unzulässig. Betroffene Eigentü-
mer müssen ggf. eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels
erwirken; sonst ist der allgemeine Verteilungsschlüssel nach Mitei-
gentumsanteilen maßgeblich (vgl. etwa LG Itzehoe ZMR 2015, 51).
LG Frankfurt, Urteil vom 23.7.2015, 2-13 S 172/14
Bedeutung für die Praxis
Wenn es sich bei den beanstandeten Teilen der Jahresabrechnung um
rechnerisch selbständige und abgrenzbare Teile handelt, kommt in der
Regel nur eine teilweise Ungültigerklärung des Genehmigungsbeschlusses
in Betracht. Oft ist ein Fehler nur im Rahmen der Kostenverteilung ge-
geben. Dann ist die Gesamtabrechnung nicht betroffen und kann isoliert
in Bestandskraft erwachsen. Nur soweit die Einzelabrechnungen formal
korrekt angegriffen wurden, ist der Genehmigungsbeschluss für ungültig
zu erklären. Die darüber hinaus gehende Anfechtung führt zu anteiliger
meist nicht unerheblicher Kostentragungspflicht des Anfechtenden.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 13, 14, 15
Hausordnung; Hunde- und Katzenhaltung
Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Tieren auf Wohn-
grundstücken ist häufig anzutreffen. Selbst wenn es bei Anschaffung
der Katze noch keine entsprechende Regelung gegeben hat, musste
der Tierhalter damit rechnen, dass deren freies Herumlaufen durch
eine zukünftige Änderung der Hausordnung untersagt werden kann.
LG Frankfurt, Urteil vom 14.7.2015, 2-09 S 11/15
Bedeutung für die Praxis
Ob die in einem Mehrheitsbeschluss enthaltene, nicht gegen ein gesetz-
liches Verbot verstoßende Regelung (egal, ob Verbot oder Erlaubnis),
Tiere (Hunde, Katzen etc.) auch unangeleint auf einer Rasenfläche des
Gemeinschaftseigentums spielen zu lassen, ordnungsmäßigem Gebrauch
entspricht, kann nicht generell bejaht oder verneint werden. Die Eigentü-
mer haben hier ein weites gerichtlich nicht überprüfbares Ermessen. Das
Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die Ermessensgrenzen gesehen und
beachtet wurden. Als absolute Grenze kommt ein vollständiges Tierhal-
tungsverbot einerseits sowie eine unbeschränkte Tierhaltungserlaubnis
andererseits in Betracht (vgl. LG Itzehoe ZMR 2014, 912).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 21 ff.; BGB §§ 687, 812
Eigenmächtige Instandsetzung oder
Instandhaltung des Gemeinschafts
eigentums
1. Ein Bereicherungsanspruch für eine eigenmächtige Instandset-
zung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums kommt
nur in Betracht, wenn die Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen
werden müssen.
2. Wer einen solchen Bereicherungsausgleich schuldet, bestimmt
sich danach, ob die Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Vornahme erst
noch beschlossen werden muss (dann die Wohnungseigentümer)
oder ob sie – sei es wegen eines entsprechenden Beschlusses,
sei es aus Dringlichkeit – durchgeführt werden musste (dann die
Gemeinschaft).
3. Schuldner des Entschädigungsanspruchs nach § 14 Nr. 4 Halbsatz
2 WEG ist jedenfalls der Verband.
BGH, Urteil vom 25.9.2015, V ZR 246/14
Bedeutung für die Praxis
Der BGH hat die umstrittene Frage, wer wegen Bereicherungsansprüchen
einzelner Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden kann,
endgültig und mit einer WEG-spezifischen Begründung entschieden.
Es kommt nun zu einem Gleichlauf mit dem – unterstellt bestehenden -
Instandsetzungsanspruch. Lag zum Zeitpunkt der Aufwendungen nur ein
Negativbeschluss oder gar keine Entscheidung in Beschlussform vor, ist
der Verband der falsche Anspruchsgegner.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 10
Festlegung der Sondernutzungsrechte
durch Lageplan, nicht Aufteilungsplan
1. Zur Bezeichnung einer bestimmten zur Sondernutzung zuge-
wiesenen Fläche kann auf einen Lageplan Bezug genommen
werden, der nicht der Aufteilungsplan ist.
2. Auch wenn der Lageplan für die zugewiesene Fläche vom Auf-
teilungsplan abweicht, bedingt dies im Bereich gemeinschaftli-
chen Eigentums nicht die Unzulässigkeit der Vereinbarung.
OLG München, Beschluss vom 4.2.2016, 34 Wx 396/15
Bedeutung für die Praxis
Während Sondereigentum nur in den Grenzen entstehen kann, die sich
aus dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan
ergeben – so jüngst BGH, Urteil vom 20.11.2015, V ZR 284/14 – gilt
für Sondernutzungsrechte Anderes. Umfang und Grenzen müssen nicht
zwingend aus dem Aufteilungsplan abzulesen sein. Entscheidend ist, dass
die Sondernutzungsrechte hinreichend bestimmt umschrieben sind. Die
Ermächtigung des Bauträgers zur Begründung von Sondernutzungsrech-
ten hat dem Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen. Denn: Wohnungseigen-
tümer sind später nicht befugt, eine (solche) Vereinbarung etwa durch
Beschluss zu konkretisieren.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT