MARKT UND MANAGEMENT
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3|2016
Entwicklungen und Ausblick
Das Internet und Fortschritte in der Informati-
onstechnologie gelten als wesentliche Treiber
für kollaborative Ansätze und Open Innovation
im Speziellen. Internetbasierte Werkzeuge oder
Plattformen für Innovationswettbewerbemachen
sich Web-2.0-Anwendungen und soziale Netz-
werktechnologien zunutze und können damit viele
Teilnehmer ohne hohe Transaktionskosten integ-
rieren. Wie Beispiele zeigen, setzenWohnungsun-
ternehmenmeist auf Face-to-face-Interaktionmit
Kunden in Workshops und persönlichen Treffen.
Abgesehen von Crowdfunding-Initiativen sind
digitale Interaktionsansätze, wie sie z. B. auch
bei der Produktgestaltung mithilfe internetba-
sierter Werkzeuge zum Einsatz kommen, bislang
die Ausnahme.
Der Blick in andere Industrien lohnt. Der Tele-
kommunikationsanbieter Vodafone z. B. startete
zusammen mit dem Schweizer Startup Mila den
Piloten „Vodafone Service Friends”, ein Online-
angebot, das lokale technische Unterstützung
für Vodafone-Kunden in Berlin bietet, indem es
die Weisheit der Vielen nutzt. Die Idee: Technisch
versierte Kunden helfen weniger sachkundigen
gegen eine Gebühr in einempersönlichen Treffen.
Das Beispiel zeigt, wie qualifizierte Kunden in den
erweiterten Kundensupport einbezogen werden
können, um diesen schnell, kostengünstig und
persönlich auszubauen.
Weitere Beispiele, die sich das crowdbasierte
Prinzip zunutze machen, finden sich bei Dienst-
leistungen rund um das neue Zuhause oder
Nachbarschaftshilfe in Sachen Energie und
Energieeffizienz. Letzteres ist auch für die Woh-
nungswirtschaft ein elementares Handlungsfeld.
Um z. B. die Potenziale der energetischen Sanie-
rung zu heben und Bruttomieten bezahlbar zu
halten, haben Wohnungsunternehmen wie die
Berliner GESOBAU AG, die Erfurter KOWO mbH
oder die ProPotsdam auf Mieterbeteiligung beim
Thema Energieeffizienz gesetzt, wie das Projekt
„Der richtige Dreh. heizen lüften sparen“ zeigt
(siehe Kasten).
Fazit
Was passiert, wenn Mieter gemeinsam mit Un-
ternehmen Produkte entwickeln und verbessern?
Die systematische Einbindung von Nutzerwissen
bietet vielfältige Chancen für Wohnungsunter-
nehmen und liefert neue strategische Optionen.
Durch die aktive Erweiterung des Innovationspo-
tenzials können Produkt- und Serviceentwicklung
oder -verbesserung wesentlich gestärkt werden.
Umden geringen Innovationsfokus der Projekte zu
überwinden, wird es für Wohnungsunternehmen
notwendig sein, ihre Wahrnehmung der Mieter
weg vompassiven Rezipienten von Dienstleistun-
gen hin zu aktiven Wissensträgern weiterzuent-
wickeln und fortschrittliche Nutzer systematisch
zu identifizieren. Die Potenziale von Mietern als
externeWissensquellen zu erschließen, kann so in
der kompletten Breite der immobilienwirtschaft-
lichen Wertschöpfung gelingen.
Screenshot des crowdbasierten Beratungs-
angebots von IWB und Mila für energie-
effizientes Verhalten und Energiesparen
Quelle: Mila
PROJEKT „DER RICHTIGE DREH“
Energieeffizienz durch Beteiligung
HD - Die GESOBAU beteiligte sich mit 2.400 Wohnungen im Märkischen Viertel an
dem Projekt „Der richtige Dreh“, die ProPotsdam nahmmit rund 100 ausgewähl-
ten Wohneinheiten in Potsdam-Babelsberg teil und die KOWO war mit fast 1.000
Wohnungen in Erfurt-Wiesenhügel beteiligt.
Ziel des vor ca. vier Jahren durchgeführten Projekts war es, durch mehr Mieter-
beteiligung verhaltensbedingte Energieeinsparpotenziale zu heben. In einem
mehrstufigen Beteiligungsverfahren wurden Mieter eingeladen, sich über ihre
Erfahrungen in den modernisierten Wohnungen auszutauschen. Anschließend
erarbeiteten die Mieter gemeinsammit Fachleuten Ideen, wie alle Bewohner für
das Thema sensibilisiert werden können. Während der anschließenden Aktions-
wochen wurden diese Ideen ausprobiert. In einem Abschlussworkshop konnten
die Mieter die Aktionen bewerten.
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