MARKT UND MANAGEMENT
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waltung als Bestandteil einer ordnungsgemäßen
Verfahrensdokumentation auch die Beschreibung
des internen Kontrollsystems (IKS) mit der Rege-
lung von Zugangs- und Zugriffsberechtigungen,
Funktionstrennungen, Erfassungs- und Verarbei-
tungskontrollen, Schutzmaßnahmen gegen den
Verlust oder die Verfälschung von Daten usw. Die
Dokumentation des IKS ist zwingend umden Nach-
weis der durchgeführten Kontrollen zu ergänzen.
Die Verfahrensdokumentationmuss während des
gesamten Aufbewahrungszeitraums dem tat-
sächlich eingesetzten Verfahren vollumfänglich
entsprechen. Ändert sich das Verfahren, ist die
Verfahrensdokumentation fortzuschreiben und
zusammenmit eine Änderungshistorie in alter und
neuer Version aufzubewahren.
Eine unzureichende Verfahrensdokumentation
ist ein formaler Mangel, der die Beweiskraft der
Buchführung beeinträchtigt und bis zu ihrer Ver-
werfung führen kann (Folge: Schätzung).
Datenzugriff
Zum Datenzugriff mit den Möglichkeiten des un-
mittelbaren (Z 1) und mittelbaren (Z 2) Zugriffs
sowie der Datenträgerüberlassung (Z 3) über-
nimmt die Finanzverwaltung die Grundsätze der
alten GDPdU. Dem steuerpflichtigen Unterneh-
men obliegt die Pflicht, die gleichberechtigten
Zugriffsmöglichkeiten zu gewährleisten und – im
eigenen Interesse – den Zugriff auf geschützte Da-
ten zu regeln; denn für den Fall, dass im Rahmen
einer steuerlichen Außenprüfung der Zugriff auf
geschützte Daten gewährt wird, kann die weitere
steuerliche Verwertung nicht verhindert werden.
Anforderungen an Digitalisierungsprozesse
Für die rasant fortschreitende Digitalisierung
betrieblicher Abläufe imWohnungsunternehmen
geben die GoBD Regeln vor, die für die Struktu-
rierung der Prozesse unbedingt beachtet werden
sollten. Im Einzelnen betreffen die prozessorien-
tierten Vorgaben der Finanzverwaltung
• die Aufbewahrung originär elektronischer Un-
terlagen,
• das ersetzende Scannen (die Umwandlung in
andere Datenformate) sowie
• den Wechsel des Datenverarbeitungssystems.
Aufbewahrung originär elektronischer
Unterlagen
ImWohnungsunternehmen entstandene oder ein-
gegangene aufzeichnungs- und aufbewahrungs-
pflichtige elektronische Daten oder Dokumente
dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht
gelöscht oder verändert werden. Grundsätzlich ist
die Aufbewahrung solcher Dokumente in ausge-
druckter Formnicht ausreichend. Ausnahmsweise
kann für elektronisch erstellte und in Papierform
versandte Handels- und Geschäftsbriefe eine
Aufbewahrung in Papierform ausreichen, wenn
das elektronische Dokument nicht tatsächlich in
einemFile- oder Dokumentenmanagementsystem
aufbewahrt wird.
Zur Aufbewahrung von E-Mails verweist die Fi-
nanzverwaltung auf eine funktionale Betrach-
tungsweise: E-Mails in der Funktion eines Han-
dels- oder Geschäftsbriefes oder Buchungsbelegs
sind in elektronischer Form aufzubewahren. Le-
diglich solche E-Mails, die gleich einem Briefum-
schlag ohne weitere Informationen in der Funktion
eines Transportmittels, z. B. für eine elektronisch
angehängte Rechnung, das Unternehmen errei-
chen, sind nicht aufbewahrungspflichtig.
Die Bearbeitung eines elektronischen Dokuments
ist zu protokollieren und mit ihm zu speichern,
ohne dass die Lesbarmachung des Originalzu-
stands beeinträchtigt wird. Die einem elektro-
nischen Dokument innewohnende (maschinelle)
Auswertbarkeit muss während des Aufbewah-
rungszeitraums erhalten bleiben. Eine Reduzie-
rung der Auswertungsmöglichkeiten durch Um-
wandlung in ein anderes Datenformat ist nicht
zulässig.
Ersetzendes Scannen
Sollen Papierdokumente nach Umwandlung in
ein elektronisches Dokument im Anschluss an
einen Scanvorgang vernichtet werden, setzt dies
eine Verfahrensbeschreibung oder Organisati-
onsanweisung voraus, in der die einzelnen Ver-
fahrensschritte genau festgelegt werden (u. a.:
Wer darf wann scannen? Welches Schriftgut ist
zu scannen? Wer überwacht die bildliche und
inhaltliche Übereinstimmung und protokolliert
aufgetretene Fehler?). Um eine möglichst weit-
gehende Rechtssicherheit zu erreichen, kann z. B.
auf eine von der Bundessteuerberaterkammer
und dem Deutschen Steuerberaterverband e. V.
herausgegebene Muster-Verfahrensdokumenta-
tion zur Digitalisierung und elektronischen Auf-
bewahrung von Belegen zurückgegriffen werden.
Nach dem Scanvorgang gilt der Grundsatz, dass
die weitere Bearbeitung nur noch am elektroni-
schen Dokument erfolgen soll, es sei denn, aus
organisatorischen Gründen ist die weitere Vor-
gangsbearbeitung auf dem Papierbeleg notwen-
dig. In diesem Fall ist der bearbeitete Papierbeleg
erneut einzuscannen und der Bezug zum ersten
Scanprodukt herzustellen.
Angemerkt wird, dass steuerliche und außersteu-
erliche Vorschriften für verschiedene Dokumen-
te die Aufbewahrung im Original verlangen (z. B.
Spenden- und Steuerbescheinigungen, Jahres-
abschluss, Bürgschaften und andere Urkunden).
Wechsel des Datenverarbeitungssystems
Für den Fall des EDV-Systemwechsels stellt die
Finanzverwaltung den Grundsatz auf, dass die
ursprüngliche Hard- und Software des Produk-
tivsystems über die Dauer der Aufbewahrungs-
frist vorzuhalten ist. Darauf kann nur verzichtet
werden, wenn die aufzeichnungs- und aufbewah-
rungspflichtigen Daten quantitativ und qualitativ
gleichwertig in ein neues oder anderes System
oder Archivsystemüberführt werden und das neue
Systemoder das Archivsystem in quantitativer und
qualitativer Hinsicht die gleichen Auswertungen
der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichti-
gen Daten ermöglichen wie das „alte“ Produktiv-
system. Es reicht nicht aus, wenn Daten lediglich
lesbar gemacht werden können oder nur Daten-
extrakte, Reports oder Druckdateien vorgehalten
werden. Dies steht im Einklang mit § 147 Abs. 6
AO, wonach die Finanzbehörde im Rahmen einer
Außenprüfung das Recht hat, „Einsicht in die ge-
speicherten Daten zu nehmen und das Datenver-
arbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen
zu nutzen. Sie kann im Rahmen einer Außenprü-
fung auch verlangen, dass die Daten nach ihren
Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die
gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen
auf einem maschinell verwertbaren Datenträger
zur Verfügung gestellt werden“.
Führt die Vorhaltung der abgelösten Hard- und
Software zu einer unbilligen Härte für das Woh-
nungsunternehmen, können im Einzelfall gemäß
§ 148 AO Erleichterungen beim Veranlagungs-
finanzamt beantragt werden, wenn die Besteue-
rung dadurch nicht beeinträchtigt wird.
Konsequenzen für die Praxis
Die GoBD geben Anlass, die Digitalisierungspro-
zesse im Wohnungsunternehmen mit den Anfor-
derungen der Finanzverwaltung abzugleichen,
damit die erwarteten Effizienzgewinne aus der
Digitalisierung nicht mit Risiken im Hinblick auf
eine ordnungsgemäße Rechnungslegung und Be-
steuerung erkauft werden. Dies verlangt in vie-
len Fällen die Hinzuziehung eines Beraters, der
zusammen mit dem Wohnungsunternehmen die
Voraussetzungen für ein sachgerechtes Verfahren
prüft, Risiken erkennt und bewertet, notwendige
Änderungen oder Ergänzungen initiiert und das
Unternehmen sicher durch den Digitalisierungs-
prozess begleitet.
Für Beratungsangebote in diesemZusammenhang
stehen die Prüfungsverbände des GdW sowie de-
ren nahestehende Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften gern zur Verfügung.
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