MARKT UND MANAGEMENT
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10|2016
Alternativen zum Eigentum
Dauerwohnrecht als clevere Alternative zu Miete
und Wohneigentum?
Das Wohnungseigentumsgesetz ermöglicht alternativ zum Wohnungseigentum das Dauerwohnrecht
(DWR). Dieses kaum genutzte Rechtsinstitut wird im Folgenden aus der Sicht des Nutzers und des
Unternehmens beleuchtet. Alternativen sind das Wohnungsrecht nach § 1093 BGB und die
Mietvorauszahlung. Sind hier Möglichkeiten denkbar, die angesichts Niedrigzinsen und Altersarmut als
Alternativen zu Miete und Wohneigentum sinnvoll sind?
Nach § 31 WEG erhält eine Person ein DWR an
einer abgeschlossenenWohnung durch formfreie
Einigung mit dem Eigentümer und Eintragung im
Grundbuch. Das Recht kann nicht mit Hypotheken
belastet, jedoch verpfändet und gepfändet wer-
den. Es ist veräußerlich und vererblich. Es kann
unbefristet, auf Zeit oder auf Lebenszeit bestellt
werden. Der Berechtigte könnte die Wohnung an
Dritte vermieten oder verpachten.
Das DWR ist flexibler auszugestalten als klassi-
sches Wohnungseigentum (größere Vertragsfrei-
heit). Mietrecht gilt hier nicht. Das DWR ist nicht
kündbar, aber Rücknahme oder ein „Heimfall“
vereinbar. Das Recht wird einmalig oder laufend
bezahlt. Es ist billiger als Volleigentum, weil
Grundstückseigentumnicht übertragenwird. Des-
halb fällt bei Bestellung und Übertragung keine
Grunderwerbsteuer an. Bei Grundstücksverkauf
tritt der Erwerber in das DWR ein. Es erlischt aber
bei Zwangsversteigerung durch den Gläubiger ei-
nes vorrangigen Grundpfandrechts und ist inso-
weit gefährdet.
DWR aus Kundensicht
Wohnungseigentum ist das eindeutigere Wert-
objekt, das auch Kreditinstitute abgesichert
durch Grundpfandrechte finanzieren und das an
Preissteigerungen teilhat. Das DWR ist nicht sehr
bekannt und daher psychologisch im Nachteil.
Banken werden es trotz möglicher Verpfändung
kaum finanzieren. Wenn es einmalig zu bezahlen
ist, scheidet es für alle ohne solche Liquidität aus.
Umgekehrt kann es für alle mit Geldvermögen
interessant sein, die auf Lebenszeit das Wohnen
sichern wollen. Altersvorsorge und Altersarmut
sind in aller Munde – die Unsicherheit über die
Finanzmärkte, Mieten undWohnungspreise auch.
Vorteile
DWR ist billiger als eine Eigentumswohnung.
Die Transaktionskosten sind viel geringer: keine
Grunderwerbsteuer, niedrigere Notar- und Grund-
buchkosten. Gewiss habenWohnberechtigte weni-
ger Mitsprache als Wohnungseigentümer. Eigen-
tümerversammlungen sind aber nicht immer reine
Freude. Der Wohnungseigentümer hat gesetzlich
mehr Pflichten, Lasten und Risiken, z. B. erhebli-
che Sanierungskosten.
Gegenüber Mietern hat der Wohnberechtigte den
Vorteil einer imGrundbuch gesichertenWohnung
ohneMietsteigerungen. Durch die Vorauszahlung
sind dieWohnkosten über die Laufzeit geringer als
bei laufender Mietzahlung. Dieser zinsähnliche
Vorteil ist steuerfrei. Man hat vorhandenes Geld-
vermögen in künftiges Wohnen investiert – ohne
Abhängigkeit von volatilen Aktienmärkten. Man
muss sich nicht über Niedrigzinsen und Kapital-
ertragsteuer ärgern. Wer 100.000 € früher für
30 Jahre anlegte mit 5% Zinsen, hatte am Ende
330.000 € zusätzlich, heute bei 0,5% Zinsen nur
15.000 € (Steuern und Inflation jeweils ausge-
klammert). Die Niedrigzinspolitik der Notenbank
bedroht die Altersvorsorge. Immer weniger Men-
schen sorgen für die Zukunft vor.
Für einen Mieter ist der Wohnungswechsel leicht:
er kündigt. Beim DWR ist die Rücknahme- bzw.
Heimfallregelung relevant. Sonst kann der Be-
rechtigte das DWR veräußern oder die Wohnung
vermieten.
Die Achillesferse des DWR ist die Gefährdung im
Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks.
Dies wäre nur bei höchster Bonität des Grundei-
gentümers akzeptierbar – zumal wenn das DWR
einmalig im Voraus zu bezahlen ist. Es würde
wirtschaftlich wertlos – und es besteht kein Mie-
terschutz. Das setzt hohes Vertrauen oder gute
rechtliche Absicherung voraus (etwa für den Fall
des Erlöschens des DWR ein auflösend bedingter
Mietvertrag).
DWR aus Unternehmenssicht
Die Belastung im Grundbuch mindert den Grund-
stückswert, was zu bilanzieren ist. Die Vorteile
sind: weniger Leerstandsrisiko und Kosten bei
Mieterwechsel. Es fließen durch den DWR-Verkauf
Geldmittel zu, die Bankkredite vermindern. Der
DWR-Nutzer verlangt für das eingesetzte Geld
weniger Gegenleistung als Banken.
Der Preis für das DWR und die etwaige Rücknah-
me ist je nach Befristung oder Bestellung auf
Lebenszeit zu fixieren. Hinsichtlich des Sterberi-
sikos könnte sich eine Kooperationmit Lebensver-
Das Dauerwohnrecht steht zwischen Miete und Wohneigentum.
Der Berechtigte erhält wirtschaftlich, nicht juristisch Wohneigentum.
Dr. Joachim Wege
Rechtsanwalt
HFK Rechtsanwälte LLP
Verbandsdirektor i. R.
Hamburg