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11|2015
nehmen“, Hrsg. GdW, Hammonia Verlag 2002,
S. 89 ff.).
Vermietungsgenossenschaften
Vermietungsgenossenschaften sind unter be-
stimmten Voraussetzungen von der Körperschaft-
steuer und der Gewerbesteuer befreit (§ 5 Abs. 1
Nr. 10 KStG, § 3 Nr. 15 GewStG).
Grundsätzlich ist nur die Überlassung von Woh-
nungen anMitglieder begünstigt. Nach demBMF-
Schreiben vom 22. November 1991 (BStBl. Teil I
1991, S. 1014 ff.) können Genossenschaftsanteile
steuerbegünstigt auch von Dritten (z. B. Kommu-
nen) gehalten werden, wenn der Miet- oder Nut-
zungsvertrag mit dem die Wohnung tatsächlich
Nutzenden abgeschlossen ist (Billigkeitsrege-
lung). Die Vermietung eines Wohngebäudes an
eine Hausgemeinschaft ist steuerbegünstigt im
Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG, wenn die ein-
zelnen Wohnungsnutzer auch Genossenschafts-
mitglieder sind.
In den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2018
verlieren Vermietungsgenossenschaften die Steu-
erbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG nicht,
wenn sie Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbe-
werber vorübergehend in ihren Wohnungen un-
terbringen. Voraussetzung hierfür ist allerdings,
dass die Genossenschaft einen Miet- oder Nut-
zungsvertrag mit einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts (z. B. Kommune) abschließt,
die gleichzeitig Genossenschaftsanteile erwirbt
und hält. Eine Einweisungsverfügung nach dem
Ordnungsbehördengesetz der Länder steht dabei
einem Miet- oder Nutzungsvertrag gleich (vgl.
BMF-Schreiben vom 20. November 2014, BStBl.
Teil I 2014, S. 1613).
Dienstleistungen und Betreuungsleistungen
im Zusammenhang mit der Unterbringung von
Flüchtlingen sind nicht begünstigte Einnahmen
(Anrechnung auf die sog. 10-%-Einnahmengren-
ze) und im partiell steuerpflichtigen Bereich zu
erfassen. Bei Überschreiten der 10-%-Einnah-
mengrenze verliert die Genossenschaft den Sta-
tus einer Vermietungsgenossenschaft und wird
insgesamt steuerpflichtig.
Umsatzsteuerliche Fragen
Umsatzsteuerlich führt die Übergabe eines Miet-
gegenstandes vom Vermieter an den Mieter zu
einer umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Liefe-
rung (vgl. Abschnitt 3.5 Abs. 5 UStAE und obige
Hinweise zum wirtschaftlichen Eigentum). Dem
Vermieter stünde der Vorsteuerabzug zu.
Bei einer geplanten Mietvertragsdauer von bis
zu sechs Monaten wird von einem kurzfristigen
Mietvertrag ausgegangen. Kurzfristige Mietver-
träge sind – im Gegensatz zu langfristigen Miet-
verträgen – umsatzsteuerpflichtig (§ 4 Nr. 12
Satz 2 UStG) und unterliegen dem ermäßigten
Umsatzsteuersatz von 7% (§ 12 Abs. 2 Nr. 11
Satz 1 UStG). Eventuell erbrachte zusätzliche
Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Ver-
mietung dienen, unterliegen dagegen dem Re-
gelsteuersatz von 19% (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2
UStG; zu weiteren Details siehe Abschnitt 12.16.
Abs. 8 UStAE).
Es ist zu prüfen, ob zusätzlich erbrachte Dienst-
leistungen als Nebenleistung zur lang- bzw.
kurzfristigen Vermietungsleistung oder als ei-
genständige, gesondert erbrachte Leistungen
anzusehen sind. Eine einfache Standardmöb-
lierung (z. B. je Person ein Bett, ein Stuhl, ein
Schrank/Schrankfach, ein Tisch je Zimmer, ggf.
Gemeinschaftsküche) kann z. B. noch als Ne-
benleistung zur Vermietung angesehen werden.
Eventuell erbrachte Verpflegungsleistungen
stellen dagegen eigenständige Leistungen dar,
die dem Regelsteuersatz von 19% unterliegen.
Erhebliche Dienstleistungen im Zusammenhang
mit einer Vermietung können auch zur vollstän-
digen Umsatzsteuerpflicht des Vertrages führen
(sog. „Vertrag besonderer Art“, vgl. Verfügung
des BayLfSt vom 11. Februar 2015).
Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Vermie-
tung von Wohncontainern ist im Einzelfall davon
abhängig, ob es sich beimWohncontainer um ein
bewegliches Wirtschaftsgut oder um ein unbe-
wegliches Wirtschaftsgut, d. h. ein mit Grund
und Boden fest verbundenes Gebäude, handelt.
Eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a) UStG
umsatzsteuerfreie Grundstücksvermietung liegt
regelmäßig nicht bei der Vermietung von Bau-
lichkeiten vor, die nur zu einem vorübergehen-
den Zweck mit dem Grund und Boden verbunden
und daher keine Bestandteile des Grundstücks
sind (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1966,
V 252/63, BStBl. Teil III 1967, S. 209).
Bei der Vermietung von Wohncontainern ist
daher zu prüfen, ob eine umsatzsteuerfreie
Grundstücksvermietung oder eine umsatzsteu-
erpflichtige Vermietung eines beweglichenWirt-
schaftsguts gegeben ist. Die Beurteilung hängt
wesentlich davon ab, mit welchem Aufwand die
Wohncontainer wieder entfernt werden können.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs
vom 16. Januar 2003 (C-315/00) ist die Ver-
mietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen
errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen
werden, dass sie weder leicht demontiert noch
leicht versetzt werden können, eine Grund-
stücksvermietung, auch wenn dieses Gebäude
nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und
auf einem anderen Grundstück wieder verwendet
werden soll. Anders der EuGH in seinem Urteil
vom 3. Juli 1997 (C-60/96): Die Vermietung be-
weglicher Wohnräume, wie z. B. die Vermietung
von Wohnanhängern, Zelten, Mobilheimen und
Freizeitunterkünften in Leichtbauweise, die mit
dem Grundstück nicht fest verbunden sind, ist
keine Grundstücksvermietung.
Schlussbemerkung
Bei der Vermietung vonWohnrauman Flüchtlinge
und Asylbewerber können sich verschiedene steu-
erliche Fragen ergeben.
Insbesondere für Vermietungsgenossenschaften
und bei Beanspruchung der erweiterten Gewerbe-
steuerkürzung sind Besonderheiten zu beachten,
die jedoch nicht entscheidend einer Flüchtlings-
unterbringung entgegenstehen dürften.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Quelle: Wohnbau Mainz GmbH