spürt richtiggehend, wie der Prozess der Digitalisierung zu einem Selbst-
läufer wird. Einfach ist dieser Prozess allerdings nicht. Jeder Workflow
braucht ein Jahr, bis er steht. Es bedeutet wirklich viel Arbeit, z. B. die
elektronische Verbrauchsabrechnung auf den Weg zu bringen. Wichtig ist
dabei, dass die Mitarbeiter entdecken, was sie mit den Daten alles anfan-
gen können. Mit den Workflows, die wir jetzt etablieren, schaffen wir die
Basis dafür, dass es nachher richtig losgeht. In diesem Zusammenhang
ist der Datenschutz von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich müssen wir
darauf hinarbeiten, Herr über unsere Daten und über die Daten der Mieter
zu bleiben. Wir stehen auch mit den Kollegen in ständigem Austausch, die
sich zum Teil mit guten Gründen dagegen aussprechen, diesen Prozess der
Digitalisierung voranzutreiben. Ein Kollege einer großen Genossenschaft
z. B. argumentiert, dass er keine Fernablesung von Heizung und Strom-
verbrauch will, weil er einmal im Jahr in die Wohnung kommen möchte.
Tatsächlich stellt es eine große Herausforderung dar, auch im Zeitalter der
Digitalisierung die persönliche Nähe zum Mieter zu bewahren.
In der Regel neigen wir dazu, uns mit Prozessen, Effizienz und Service
zu beschäftigen. Die Digitalisierung sollten wir aber auch aus Mieter-
sicht betrachten. Wir haben deshalb bei einem Institut eine Umfrage
unter 5.000 Mietern in Auftrag gegeben. Es handelte sich dabei um eine
repräsentative Auswahl, die Genossenschaften, kommunale und private
Gesellschaften in Städten und auf dem Land abdeckte. Dabei erklärten
ungefähr 40% der Befragten, an einem Portal für die Kommunikation mit
ihrem Vermieter interessiert zu sein. Das halte ich für ein bemerkenswer-
tes Ergebnis. Auf die Frage, was die Mieter bereits heute online erledigen,
antworteten über 70%, dass sie sich über Angebote aus der Nachbarschaft
– vom Arzt bis zum Restaurant – im Internet informieren. 66% erledi-
gen ihre Telefon- und Handy-Vertragsabschlüsse online. Und knapp 60%
schließen auch ihre Strom- und Gasverträge im Internet ab. Außerdem
wurde deutlich, dass ein großer Teil der Mieter online kommuniziert.
Neben der Frage, wie wir die nötige Infrastruktur für die Digitalisierung
schaffen, müssen wir deshalb genau verfolgen, wie sich das Verhalten
der Mieter ändert. Dieses Verhalten wird sich schneller ändern, als wir
glauben. Und zwar nicht deswegen, weil die Mieter an Smart City denken
oder für sich selber eine Digitalisierungsstrategie fahren, sondern einfach
deshalb, weil es chic und bequem ist und
weil es viele Apps sehr preiswert gibt.
Ein zweiter Punkt, den wir nicht unterschät-
zen sollten, ist der Trend zur temporären
Nutzung der Dinge. Bei der Internetplatt-
form Airbnb z. B. wird ja temporär Wohn-
raum zur Verfügung gestellt von Leuten,
die dies nicht professionell betreiben. Wir
bewegen uns dabei auch in einer rechtli-
chen Grauzone. Denn Freunde darf ein Mie-
ter natürlich zu sich nach Hause einladen. Wenn der Freund hinterher Geld
für die Übernachtung gibt, sind wir in einer juristischen Grauzone. Auch in
anderen Bereichen, etwa beim Auto, der Nutzung von Gemeinschaftsräu-
men oder von Hilfsmitteln im gesamten Wohnbereich, gibt es den Trend
zur temporären Nutzung. Damit wird die Wohnung eine Art sozialer Ser-
vicepunkt. Gerade für jüngere Mieter steht die Wohnung also nicht mehr
für „my home is my castle“, sondern bekommt einen anderen Charakter.
Dies wird durch die Digitalisierung beschleunigt. Deshalb vertrete ich die
These, dass Wohnungsunternehmen irgendwann nicht mehr umhin
Thomas Ortmanns, Vorstand, Aareal Bank AG, Wiesbaden
Die Wohnung wird eine Art sozialer Servicepunkt