DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 11/2015 - page 59

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zung“ geißelt sie die Deutsche Umwelthilfe (DUH),
und der Entwurf der Novelle der Energieeinspar-
verordnung (EnEV) sah 2013 sogar die Pflicht
vor, Nachtspeicheröfen bis 2019 außer Betrieb zu
setzen. Dieser Passus wurde letztlich zwar gestri-
chen; trotzdemüberlegen sich viele Vermieter, die
noch Nachtspeicherheizungen in ihrem Bestand
haben, wie eine kosten- und umweltfreundliche
Alternative aussehen könnte.
Einfache Installation
In Berlin-Spandau hat sich die Eigentümerin der
Wohnanlage, die (von der börsennotierten Ad-
ler Real Estate AG kontrollierte) Westgrund AG,
für ein neues System entschieden. Dieses wird
ebenfalls mit Strom betrieben, weist nach An-
gaben seiner Entwickler aber eine ganze Reihe
von Vorteilen auf. Aelectra heißt das System, das
die in Berlin ansässige Deutsche Energiesysteme
GmbH entwickelt und auf den Markt gebracht hat.
Es basiert auf einer 0,1 mm dünnen Folie aus ei-
nem Carbon-Verbundmaterial, die an der Wand,
an der Decke oder auf dem Estrich angebracht
werden kann. Diese Folie wird an das Stromnetz
angeschlossen und erlaubt es, die Wohnung inner-
halb kurzer Zeit auf die gewünschte Temperatur
zu bringen.
Für Westgrund-Vorstand Arndt Krienen stehen
die wirtschaftlichen Vorteile des Systems im
Vordergrund: Es funktioniert, ohne dass Rohre
und eine zentrale Heizanlage installiert werden
müssen. Deshalb kann es wohnungsweise (etwa
beim Auszug des Mieters) angebracht werden.
„Die Installation ist denkbar einfach“, sagt Sascha
Burucker, Gesellschafter der Deutsche Energie-
systeme GmbH. Für eine 100 m
2
große Wohnung
brauchen demnach Maler und Elektroinstallateur
höchstens drei Tage. Die Kosten beziffert Burucker
auf 95 € pro laufenden Meter Folie. Da für eine
70-m
2
-Einheit etwa 65 m Folie benötigt werden,
summieren sich die Investitionen auf rund 6.000 €
Unterhaltskosten fallen nach Herstellerangaben
nicht an.
Profitieren können dabei auch die Bewohner. „Die
Wohnungen werden für die Mieter wesentlich at-
traktiver, denn die Einsparungen kommen aus-
schließlich ihnen zugute“, sagt Vermieter Krienen.
Nach den bisherigen Erfahrungen reduzieren sich
die Heizkosten von früher 2 €/m
2
und Monat um
30 bis 50%, so dass sie im besten Fall nur noch
1 €/m
2
betragen. Die Kosten für die Installation
des Systems legt die Westgrund AG nicht auf die
Miete um. Den Stromverbrauch rechnet der Mie-
ter direkt mit dem Versorger ab. Westgrund und
Deutsche Energiesysteme empfehlen dabei das
Produkt „WärmestromÖko 2018“ von Eon, das für
einen Arbeitspreis von 17,48 ct/kWh CO
2
-freien
Heizstrom aus europäischen Wasserkraftwerken
liefert.
Auch technisch bietet das System nach Angaben
von Robert Karas, geschäftsführender Gesell-
schafter der Deutsche Energiesysteme GmbH,
Vorteile. So heizt sich die Folie binnen nur 60 Se-
kunden auf diemaximale Temperatur von 33
0
C auf
und liefert eine gleichmäßige Infrarotwärme. „Da
dieWärme sehr konstant und ohne Luftbewegung
verteilt wird, gibt es auch keine Staubaufwirbe-
lungen“, sagt Karas. „Das ist hilfreich für Allergi-
ker.“ Weil das System mit Schutzkleinspannung
(24 bzw. 36 V) arbeitet, besteht für die Bewohner
auch im Bad keine Gefahr.
„Tatsächlich Vorteile“
Was aber halten unabhängige Stellen von diesem
Flächenheizungssystem? „Für die Mieter kann
das System beimAustausch einer Nachtspeicher-
heizung tatsächlich Vorteile haben“, antwortet
Dr. Ingrid Vogler, Referentin für Energie, Technik,
Normung beim GdW Bundesverband deutscher
Wohnungs- und Immobilienunternehmen. „Es
spart Platz, sorgt für eine angenehme Tempera-
tur und kann die Heizkosten reduzieren.“ Auch
technisch sei das System „rein fachlich gesehen
nicht schlecht“, erklärt Vogler weiter. „Dass sich
der Stromverbrauch im Vergleich zu einer Nacht-
speicherheizung um ein Drittel reduzieren lässt,
hat sich bestätigt.“
Allerdings stellt die GdW-Expertin auch kritische
Fragen. „Das System ist eine sehr dynamische
Heizung, die dann in Betrieb ist, wenn jemand
anwesend ist“, erläutert sie. „Was das für das Ge-
bäude bedeutet, muss meiner Ansicht nach noch
eingehend untersucht werden. Wohnungen sollten
ja nicht auskühlen. Was passiert also, wenn man
ein ganzes Haus auf diese Weise beheizt? Gelingt
es dann noch, die Speichermasse auf Temperatur
zu halten?“ Ebenfalls geprüft werden sollte nach
Ansicht Voglers, ob auf andere Weise beheizte
Nachbarwohnungen die betreffende Wohnung
quasi mitheizen müssen.
Grundsätzlich, betont Ingrid Vogler, „sollten wir
das Thema ,Heizen mit Strom´ nicht ideo-
„Grundsätzlich sollten wir das Thema ,Heizen mit Strom´ nicht
ideologisch sehen. In Zeiten, in denen es temporär Stromüberschüsse
gibt, kann es interessant sein, mit Strom zu heizen.“
Ingrid Vogler, GdW
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