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          Clubs zu bedrohen. Plakativ ausgedrückt ist es
        
        
          eine erfolgreiche Saison für den FC Schalke
        
        
          04, wenn es uns gelingt, uns für die Champi-
        
        
          ons League zu qualifizieren und wenn wir im
        
        
          Jahresergebnis eine schwarze Null schreiben.
        
        
          Letzteres ist Ausdruck dafür, dass wir unsere
        
        
          verfügbaren Ressourcen optimal eingesetzt
        
        
          haben. Von einem hohen Gewinn haben wir zu-
        
        
          nächst einmal nichts, da wir auch keine An-
        
        
          teilseigner haben, die nach einer Dividende
        
        
          verlangen. Natürlich wehren wir uns nicht ge-
        
        
          gen einen hohen Gewinn, wir steuern aber
        
        
          eben nicht aktiv darauf hin.
        
        
          Biel:
        
        
          Was bedeutet das von Ihnen dargelegte
        
        
          Zielsystem für das Controlling?
        
        
          Kasper:
        
        
          Die große Herausforderung im Con
        
        
          trolling besteht nun darin,
        
        
          diese Besonderhei-
        
        
          ten des Zielsystems im Controllingsystem
        
        
          abzubilden.
        
        
          Da viele klassische Controllingins-
        
        
          trumente vor dem Hintergrund einer nach Ge-
        
        
          winnmaximierung strebenden Organisation
        
        
          entwickelt wurden, stellen wir uns bei jedem In-
        
        
          strument die Frage, ist es für unsere Organisa-
        
        
          tion geeignet und/oder muss es entsprechend
        
        
          auf unsere Gegebenheiten angepasst werden.
        
        
          Biel:
        
        
          An dieser Stelle drängt sich die Frage
        
        
          nach den Steuerungs-Kennzahlen auf.
        
        
          Kasper:
        
        
          Unsere Top-Kennzahl im wirt-
        
        
          schaftlichen Bereich ist die Höhe des Cash-
        
        
          flows
        
        
          , den wir in den Lizenzspielerkader allo-
        
        
          kieren können. Diese Top-Kennzahl verweist
        
        
          allerdings direkt auf eine weitere Besonderheit
        
        
          des Controllings im Fußball. Wir sind in unse-
        
        
          rem Controlling wesentlich „
        
        
          liquiditätsgetrie-
        
        
          ben
        
        
          “, da in vielen unserer Geschäftsbereiche
        
        
          Erträge und Aufwendungen sowie Einzahlun-
        
        
          gen und Auszahlungen zum Teil zeitlich erheb-
        
        
          lich auseinanderfallen. So erfolgen die Einzah-
        
        
          lungen aus den Dauerkartenerlösen oder dem
        
        
          Sponsoring zum größten Teil am Anfang der Sai-
        
        
          son. Auch die Einzahlungen aus der Vermark-
        
        
          tung der TV-Erlöse erfolgen zu bestimmten
        
        
          Zeitpunkten in der Spielzeit. Transfereinzahlun-
        
        
          gen und -auszahlungen können sich ebenfalls
        
        
          zu hohen zweistelligen Millionenbeträgen zu
        
        
          bestimmten Zeitpunkten kumulieren. Um diese
        
        
          Liquiditätsspitzen zu steuern, verfügen wir über
        
        
          eine direkte Cashflow-Planung über bis zu 18
        
        
          Monaten in die Zukunft hinein.
        
        
          lings – der Controlling-Dreiklang Planung,
        
        
          Steuerung und Reporting – eines bedeutenden
        
        
          Fußballvereins von denen eines „normalen Un-
        
        
          ternehmens“, beispielsweise eines Maschinen-
        
        
          bauers oder Dienstleisters?
        
        
          Kasper:
        
        
          Ich glaube, der wesentliche Unter-
        
        
          schied zwischen einem „normalen“ Unterneh-
        
        
          men und einem Profifußballclub liegt
        
        
          in den
        
        
          Unterschieden im Zielsystem
        
        
          . Hieraus resul-
        
        
          tieren m. E. auch die meisten Missverständ-
        
        
          nisse bei der Beurteilung/Bewertung der Leis-
        
        
          tung von Fußballclubs und damit auch der
        
        
          Leistung des Controllings.
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Ein „normales“ Unternehmen strebt nach ei-
        
        
          nem möglichst hohen Jahresgewinn und einer
        
        
          entsprechenden Rendite, um damit das an-
        
        
          gelegte Geld der Anteilseigner zu verzinsen.
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Ich vertrete die These, dass für einen Fuß-
        
        
          ballclub der Gewinn als Zielgröße eine nach-
        
        
          geordnete Bedeutung aufweist. Das ist im
        
        
          Übrigen vollkommen unabhängig von der
        
        
          Rechtsform und gilt m. E. sowohl für Clubs,
        
        
          die als AG’s tätig sind, als auch für Clubs, die
        
        
          unter der Rechtsform des eingetragenen
        
        
          Vereins agieren. Hier ist stets der sportliche
        
        
          Erfolg im Fokus des Handelns.
        
        
          Biel:
        
        
          Müssen wir nicht das „Oberziel“ auch re-
        
        
          lativieren?
        
        
          Kasper:
        
        
          Dieses Oberziel muss in der Tat zwin-
        
        
          gend durch die Nebenbedingung einge-
        
        
          schränkt werden,
        
        
          mittel- und langfristig
        
        
          nicht mehr Geld auszugeben, als man zur
        
        
          Verfügung hat
        
        
          , um nicht die Existenz des
        
        
          Biel:
        
        
          Können Sie uns Ihre Darlegungen an einem
        
        
          Beispiel etwas verdeutlichen?
        
        
          Kasper:
        
        
          Gerne. Unser Club steht während der
        
        
          Transferperioden oft vor der Entscheidung, ob
        
        
          ein bestimmter Spieler noch verpflichtet werden
        
        
          soll oder nicht. Wir verstehen unsere Aufgabe
        
        
          hierbei darin, zunächst vor der Transferperiode
        
        
          zu analysieren, welches Lizenzspielerbud-
        
        
          get maximal zur Verfügung steht
        
        
          , um wäh-
        
        
          rend der Transferperiode jederzeit beurteilen zu
        
        
          können, inwieweit das Budget bereits ausge-
        
        
          reizt ist. Dadurch können wir bei der konkreten
        
        
          Entscheidung für einen zusätzlichen Spieler auf-
        
        
          zeigen, was ein potenzielles Überschreiten des
        
        
          Budgets zur Folge hätte und welche Maßnah-
        
        
          men dann erfolgen müssten. Unsere Aufgabe
        
        
          besteht nicht darin, zu beurteilen, ob Spieler X
        
        
          ins Mannschaftsgefüge passt oder einen we-
        
        
          sentlichen Beitrag zur Erreichung unserer sport-
        
        
          lichen Ziele leisten kann, dies ist die Kompetenz
        
        
          und Verantwortung des sportlichen Bereichs.
        
        
          Sie besteht auch nicht darin, ob eine Über-
        
        
          schreitung des Budgets zulässig ist oder nicht,
        
        
          auch diese Entscheidung obliegt dem Vorstand.
        
        
          Wichtig ist aber, dass der Vorstand jeder-
        
        
          zeit die Auswirkungen seiner Entscheidun-
        
        
          gen erkennen kann.
        
        
          Wir haben für unser Ver-
        
        
          ständnis das Bild des Lotsen geprägt, der das
        
        
          Fahrwasser der Branche Profifußball sehr gut
        
        
          kennt und Hinweise für das Manövrieren geben
        
        
          kann – aber nicht das Boot steuert.
        
        
          Biel:
        
        
          Lassen Sie uns bitte einen Perspektiv-
        
        
          wechsel vornehmen und uns fragen, wie unter-
        
        
          scheiden sich die Kernaufgaben des Control-
        
        
          
            Autoren
          
        
        
          Dr. Claudio Kasper
        
        
          verantwortet als Leiter Controlling und Corporate Finance beim
        
        
          FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. das Controlling der gesam-
        
        
          ten Schalke 04-Gruppe. Zusätzlich ist er eingebunden in ver-
        
        
          schiedene Projekte der Konzernentwicklung. Als Geschäfts-
        
        
          führer der FC Schalke 04 Esports GmbH verantwortet er ein
        
        
          strategisches Wachstumsfeld der S04-Gruppe
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          Dipl.-Betriebsw. Fachjournalist (FJS) Alfred Biel
        
        
          ist Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit
        
        
          betriebswirtschaftlichem und fachjournalistischem Studien
        
        
          abschluss. Er verfügt über reichhaltige Praxiserfahrung aus
        
        
          verantwortlichen Tätigkeiten in betriebswirtschaftlichen Funk-
        
        
          tionen großer und mittlerer Unternehmen. Der Deutsche Fach-
        
        
          journalisten Verband DFJV und der Internationale Controller
        
        
          Verein ICV verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft.
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          
            Wie gelingt Controlling im Profifußball?