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          sich mit Bilanzierungsfragen beschäftigen und
        
        
          die Ergebnisse des externen Rechnungswe-
        
        
          sens in den Reporting- und Steuerungsprozess
        
        
          einfließen lassen muss. Dazu wurde der
        
        
          IFRS-
        
        
          Fach-Arbeitskreis des Internationalen
        
        
          Controller Vereins ICV
        
        
          in 2004 gegründet. Er
        
        
          befasst sich mit den praktischen Herausforde-
        
        
          rungen, Chancen und Schwierigkeiten, die sich
        
        
          aus der Internationalen Rechnungslegung für
        
        
          Controller ergeben. Die Controller Akademie
        
        
          hat ihre Arbeit ausgeweitet und gründete die
        
        
          iaf bzw. genauer gesagt das CA institute for
        
        
          accounting & finance. Wo stehen die Controller
        
        
          aus Ihrer Sicht heute bei der Bewältigung der
        
        
          IFRS-Rechnungslegung?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Wahrscheinlich zu gro-
        
        
          ßen Teilen eher
        
        
          noch „in den Kinderschu-
        
        
          hen“.
        
        
          Allerdings merken wir auf unseren Se-
        
        
          minaren auch, dass sich die
        
        
          Controller mit
        
        
          dem Erlernen der IFRS-Regelungen oft-
        
        
          mals sehr viel einfacher tun
        
        
          als die Buch-
        
        
          halter oder neudeutsch vielleicht korrekter die
        
        
          „Accountants“. Dies ist aus unserer Sicht aber
        
        
          ebenfalls durchaus verständlich und nachvoll-
        
        
          ziehbar, da viele der Standards vorrangig auf
        
        
          Informationen aus dem internen Rechnungs-
        
        
          wesen aufsetzen.
        
        
          Biel:
        
        
          Können Sie uns hierzu einige Beispiele
        
        
          vermitteln?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Beispielhaft
        
        
          und ohne
        
        
          Anspruch auf Vollständigkeit seien hier folgen-
        
        
          de Sachverhalte genannt:
        
        
          ·
        
        
          die schwierigen Regelungen zum Impair-
        
        
          menttest nach IAS 36,
        
        
          ·
        
        
          die Aktivierung von Entwicklungskosten
        
        
          nach IAS 38,
        
        
          ·
        
        
          Regelungen zur Umsatzrealisierung nach der
        
        
          Percentage-of-Completion-Methode ent-
        
        
          sprechend den Vorgaben des derzeit noch
        
        
          gültigen IAS 11,
        
        
          ·
        
        
          Ausweisfragen nach der international übli-
        
        
          chen Darstellung der Gewinn- und Verlust-
        
        
          rechnung nach dem Umsatzkostenverfahren
        
        
          sowie
        
        
          ·
        
        
          die Überlegungen zur Darstellung der Seg-
        
        
          mentberichterstattung entsprechend dem
        
        
          Management-Approach des IFRS 8.
        
        
          Biel:
        
        
          Es gibt auch Diskussionen um neue Funk-
        
        
          tionsformen, etwa den „Biltroller“ und auch den
        
        
          „Acctroller“. Wie schätzen Sie diese möglichen
        
        
          Weiterentwicklungen ein?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Ja, in diesem Zusam-
        
        
          menhang sehen wir auch noch erheblichen
        
        
          Spielraum für die individuelle Weiterentwick-
        
        
          lung vieler Controller hin zum immer wieder dis-
        
        
          kutierten „Biltroller“ oder umgekehrt vielleicht
        
        
          auch die Entwicklung einiger Accountants zum
        
        
          „Acctroller“. In welche Richtung auch immer
        
        
          die weitere Entwicklung vorrangig gehen mag,
        
        
          besteht aus unserer Sicht hier insbesondere
        
        
          auch für viele Unternehmen eine große Chance,
        
        
          die internen Prozesse sowie die Abstimmung
        
        
          zwischen Controlling und Accounting ggf. sogar
        
        
          bei gleichem Ressourceneinsatz an Personal zu
        
        
          verbessern.
        
        
          Biel:
        
        
          Nimmt man noch einmal ältere Lehrbü-
        
        
          cher zur Hand, so finden sich dort vielfältige
        
        
          Gründe für die Rechnungslegung nach IFRS.
        
        
          Ein Argument bezieht sich beispielsweise auf
        
        
          die „besseren Informationen“. Beispielsweise
        
        
          besagt die „IFRS-Kapitalkostenhypothese“,
        
        
          dass die Anwendung der IFRS zu geringeren
        
        
          Kapitalkosten führt.
        
        
          Haben uns die IFRS
        
        
          „bessere Informationen“ gebracht?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Aus unserer Sicht ist die
        
        
          Antwort eindeutig „Ja“!
        
        
          Das Problem in der
        
        
          Praxis liegt vielfach eher darin, dass sich die
        
        
          Adressaten der Rechnungslegung mit der Inter-
        
        
          pretation der IFRS-Abschlüsse oftmals noch
        
        
          schwer tun.
        
        
          Biel:
        
        
          Es beeindruckt, wie schön Sie Sach-
        
        
          verhalte bildlich zum Ausdruck bringen
        
        
          können. Ist die Erwartung richtig, dass Sie uns
        
        
          einen weiteren bildlichen Ausdruck anbieten
        
        
          können?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Gerne.
        
        
          Die Abschlüsse
        
        
          sind generell vergleichbar einem Arbeits-
        
        
          zeugnis.
        
        
          In der Bilanz und GuV steht oftmals
        
        
          nur die „halbe Wahrheit“. Im Zusammenspiel
        
        
          mit Kapitalflussrechnung, Gesamtergebnis-
        
        
          rechnung sowie den umfassenden Erläuterun-
        
        
          gen im (Konzern-) Anhang entsteht dann aller-
        
        
          dings ein „rundes“ Bild, mit dem eine umfas-
        
        
          sende Interpretation des gesamten Abschlusses
        
        
          (erst) möglich wird. In diesem Gesamtkontext
        
        
          erlauben IFRS-Abschlüsse unserer Auffas-
        
        
          sung nach einen sehr viel besseren Einblick
        
        
          in die gesamte Vermögens-, Finanz- und
        
        
          Ertragslage als ein Abschluss nach deut-
        
        
          schem HGB.
        
        
          Biel:
        
        
          Und wo sehen Sie die tieferen Probleme
        
        
          oder auch Schwierigkeiten im Umgang mit
        
        
          diesem
        
        
          „Unternehmenszeugnis“?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Nun wie gesagt, das
        
        
          Kernproblem besteht in aller Regel darin, dass
        
        
          erst
        
        
          eine fundierte Kenntnis
        
        
          der Regelungen
        
        
          der Standards eine sachgerechte Interpretation
        
        
          zulässt. An sich ist das aber eine Selbstver-
        
        
          ständlichkeit.
        
        
          Biel:
        
        
          Was meinen Sie damit? Dürfen wir zur Ver-
        
        
          deutlichung wieder um einen Vergleich bitten?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Es würde ja auch nie-
        
        
          mand auf die Idee kommen, ein Buch in engli-
        
        
          scher Sprache zu lesen, wenn er keine oder
        
        
          über nicht hinreichende Englischkenntnisse
        
        
          verfügt.
        
        
          Biel:
        
        
          Da wir dieses
        
        
          Interview für das Control-
        
        
          ler Magazin führen
        
        
          , zum Abschluss noch eine
        
        
          typische Controllerfrage: Welchen Einfluss übt
        
        
          die IFRS-Rechnungslegung auf die Steuerung
        
        
          des Unternehmens aus? Wieweit ist die Konver-
        
        
          genz bereits fortgeschritten?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Dies ist in der Praxis
        
        
          nach unserer Erfahrung sehr heterogen. In vie-
        
        
          len Fällen ist die
        
        
          Konvergenz zwischen inter-
        
        
          nem und externem Rechnungswesen
        
        
          ,
        
        
          sprich Controlling und Accounting, bereits sehr
        
        
          weit fortgeschritten. Insbesondere Gründe der
        
        
          Kommunikation zu verschiedenen Stakeholdern
        
        
          (Management, Kapitalmarkt, Aktionäre, Auf-
        
        
          sichtsrat, Mitarbeiter, letztere oftmals vertreten
        
        
          durch Gewerkschaften und/oder Betriebsrat)
        
        
          machen es in der Praxis vielfach nahezu un-
        
        
          möglich, verschiedene Zahlen, insbesondere
        
        
          Ergebniszahlen, zu kommunizieren.
        
        
          Biel:
        
        
          Eine gängige Praxiserfahrung ist die, dass
        
        
          beim Vorliegen verschiedener Zahlen – wie be-
        
        
          rechtigt diese auch immer sein mögen – sofort
        
        
          eine Diskussion einsetzt, welche Zahl nun tat-
        
        
          sächlich stimmt.
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Ja, wenn dann irgend-
        
        
          wann drei oder noch mehr Ergebniszahlen im
        
        
          
            Interview zum Thema: Rechnungslegung nach IAS/IFRS – besser oder anders?