23
          
        
        
          Biel:
        
        
          Können wir daraus mit aller Vorsicht einen
        
        
          Schluss ziehen?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Die in diesem Zusam-
        
        
          menhang im elektronischen Bundesanzeiger
        
        
          nach § 37q Abs. 2 Satz 1 WpHG veröffentlich-
        
        
          ten Fehlerfeststellungen deuten tatsächlich in
        
        
          einem nicht unwesentlichen Umfang eher dar-
        
        
          auf hin, dass die relevanten Entscheidungsträ-
        
        
          ger
        
        
          diese Informationen tendenziell eher
        
        
          nicht machen wollten
        
        
          1
        
        
          , als dass diese Er-
        
        
          kenntnisse zum Zeitpunkt der Erstellung des
        
        
          (Konzern-) Lageberichts nicht vorlagen bzw.
        
        
          schlicht und ergreifend versehentlich verges-
        
        
          sen wurden.
        
        
          Biel:
        
        
          Haben wir hier ein Wollensproblem oder
        
        
          eher eine Komplexitätsfalle?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Wir haben ein Problem,
        
        
          denn nach vielfacher Auffassung sollte eigent-
        
        
          lich auch die Sicherstellung der Vollständigkeit
        
        
          der Angaben im (Konzern-) Anhang von der Pra-
        
        
          xis durch im Internet von jeder Big Four Wirt-
        
        
          schaftsprüfungsgesellschaft kostenlos zum
        
        
          Download zur Verfügung gestellten Checklisten
        
        
          und Musterkonzernabschlüssen gut zu bewälti-
        
        
          gen sein. Oftmals stellt sich hier aus unserer
        
        
          Sicht aber die Frage, welchen Nutzen Checklis-
        
        
          ten im Umfang von zwischenzeitlich nahezu 200
        
        
          Seiten (mit steigender Tendenz) stiften,
        
        
          wenn
        
        
          man die Hälfte der Fragen nicht versteht
        
        
          oder zumindest nicht umfassend in den Ge-
        
        
          samtkontext der Standards und der dahin-
        
        
          ter stehenden Ratio einordnen kann
        
        
          .
        
        
          2
        
        
          Exem-
        
        
          plarisch seien hierbei die opulenten Angaben zu
        
        
          Finanzinstrumenten nach IFRS 7 genannt.
        
        
          Biel:
        
        
          Könnte es möglicherweise ein Kalkül
        
        
          geben? Können Sie uns dies augenzwinkernd
        
        
          kommentieren?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Ja, wir haben bereits
        
        
          weiter oben erwähnt: „More rules, more fees“
        
        
          oder „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“
        
        
          passt auch hier.
        
        
          Biel:
        
        
          Sollten wir in diesem Zusammenhang auch
        
        
          einen Blick auf die
        
        
          ESMA
        
        
          (Europäische Wert-
        
        
          papier- und Marktaufsichtsbehörde) werfen?
        
        
          Amann/Geissbühler:
        
        
          Eindeutig „Ja.“ So
        
        
          wurden doch im Herbst 2014 von der ESMA
        
        
          erstmals europaweit einheitliche Prüfungs-
        
        
          schwerpunkte festgelegt, die von den nationa-
        
        
          len Enforcementeinrichtungen, in Deutschland
        
        
          
            Rechnungslegung nach IAS/IFRS – besser
          
        
        
          
            oder anders?
          
        
        
          
            Interview mit Thomas Amann, WP, StB, CPA und Prof. Beat Daniel
          
        
        
          
            Geissbühler, Berner Fachhochschule
          
        
        
          Von Alfred Biel
        
        
          Teil – 2 –
        
        
          
            CM Juli / August 2015