personalmagazin 5/2018 - page 20

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TITEL
_PERSONALSTRATEGIE IM MITTELSTAND
personalmagazin 05/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
personalmagazin:
Die Themen Digitalisie-
rung und Industrie 4.0 fehlen in keinem
Tagungsprogramm zum Personalmanage-
ment. In der Regel sind es Konzerne, die
die Diskussion anführen: Sie flankieren
technologische Innovationen mit HR-
Maßnahmen, um sicherzustellen, dass
der Mensch der Technologie gewachsen
bleibt. Können mittelständische Unter-
nehmen in diesem Prozess Schritt halten?
Block:
Die Frage ist ja nicht, ob sie es
können. Sie müssen es. Andernfalls
werden sie mittel- bis langfristig vom
Markt verschwinden beziehungsweise
an Bedeutung verlieren. Auch die ver-
meintlich sicheren Nischen – Stichwort
Hidden Champions – bieten da keinen
Schutz. Die aktuell gute Konjunktur ist
für die Bewältigung eines solchen Wan-
dels leider nicht nur förderlich, viel-
leicht sogar trügerisch. Ich beobachte,
dass viele Mittelständler aufgrund der
aktuell guten Auftragslage sich mit dem
Thema Digitalisierung und Wandel der
Berufswelt noch nicht so intensiv befas-
sen, wie sie es eigentlich müssten. Dazu
kommt, dass bei einigen Mittelständlern
das Thema Unternehmensnachfolge
noch im Raum steht und nicht geklärt
ist. Das lähmt natürlich diese Unterneh-
men und verhindert im Einzelfall, dass
die Herausforderungen rund um die von
Ihnen angesprochenen Themen Digitali-
sierung und Industrie 4.0 beherzt ange-
gangen werden.
Generell bin ich aber zuversichtlich,
dass der Mittelstand die Situation des
technologischen Wandels und der Di-
„Flexibel und pragmatisch“
INTERVIEW.
Dem Mittelstand geht es gut – vielleicht zu gut? Volle Auftragsbücher
könnten dafür sorgen, dass strategische Themen wie Digitalisierung und New Work
verschlafen werden. Ein Gespräch mit Mittelstandsforscher Jörn Hendrich Block.
personalmagazin:
Herr Professor Block,
die Mittelstandsforschung hat eine lange
Tradition in Deutschland – erst kürzlich
feierte das IfM Bonn sein 60-jähriges
Bestehen. Welche Schwerpunkte prägen
aktuell die Mittelstandsforschung?
Jörn Hendrich Block:
Das lässt sich nur
schwer zusammenfassen, da es ja „die“
Mittelstandsforschung so nicht gibt.
Seit ihren Anfängen hat sich die Mit-
telstandsforschung sehr stark in Teil-
bereiche ausdifferenziert, wie KMUs,
Start-ups, Entrepreneurship, Hidden
Champions, Selbstständigkeit und Fa-
milienunternehmen. In jedem dieser
Teilgebiete gibt es wiederum eigene
Schwerpunkte.
personalmagazin:
Können Sie ein Beispiel
herausgreifen?
Block:
Im Bereich Familienunterneh-
men, die ja einen Großteil des Mittel-
stands in Deutschland ausmachen,
gibt es aktuell viel Forschung rund um
das Thema Innovation und Wandel in
Familienunternehmen. Das Thema ist
aus praktischer wie aus wissenschaftli-
cher Perspektive gleichermaßen span-
nend, da Familienunternehmen, wie
andere Unternehmen auch, aufgrund
vielfältiger technologischer und gesell-
schaftlicher Trends zum Wandel an-
gehalten oder sogar gezwungen sind.
Aus wissenschaftlicher Hinsicht ist es
spannend zu sehen, wie Familienunter-
nehmen, die oft viel Wert auf Tradition,
Langfristigkeit und generationenüber-
greifendes Handeln legen, mit diesem
Wandel umgehen und die Herausforde-
rungen meistern – oder eben auch nicht.
Im Bereich Selbstständigkeit und En-
trepreneurship liegt ein Schwerpunkt der
Forschung auf neuen Formen von Selbst-
ständigkeit wie Teilzeitselbstständigkeit
oder Social Entrepreneurship. Beide Phä-
nomene gewinnen aufgrund einer verän-
derten Berufswelt und sich verändernden
Berufs- und Lebenszielen – Stichwort
Generation Y – vermehrt an Bedeutung
und lassen sich mit der Forschung zu
„klassischem“ Unternehmertum bezie-
hungsweise zur klassischen Vollzeit­
selbstständigkeit nicht gut erklären.
PROF. DR. JÖRN HENDRICH BLOCK
ist
Professor für Unternehmensführung und
Sprecher der Forschungsstelle Mittelstand
der Universität Trier.
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