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MANAGEMENT
_PERSONALDIAGNOSTIK
personalmagazin 05/17
aktiven Ausgleichs durch positive Dis-
kriminierung. Hierüber wacht eine bei
US-Arbeitgebern besonders gefürchtete
Institution, das innerhalb des „Depart-
ment of Labor“ angesiedelte „Office of
Federal Contract Compliance Programs“
(OFCCP). Ein sogenanntes „Affirmative
Action Program“ (AAP) muss installiert
und die wirksame Umsetzung nachge-
wiesen werden. Ein AAP ist wesentlich
konkreter als zum Beispiel die abstrakte
Forderung nach § 5 des deutschen AGG
und stellt hohe Anforderungen an das
Berichtswesen und Controlling sowie die
seitens des Arbeitgebers aktiv einzulei-
tenden Gegenmaßnahmen sobald im Rec-
ruiting, in der internen Stellenbesetzung
oder durch Fluktuation Proportionen
zwischen Beschäftigtengruppen und der
am jeweils lokalen Arbeitsmarkt verfüg-
baren Zusammensetzung abweichen. So
gilt zum Beispiel als Daumenregel ei-
ne 80-Prozent-Quote – die prozentuale
Besetzung von Stellen innerhalb eines
unter die OFCCP-Regularien fallenden
Unternehmens darf nicht um mehr als
20 Prozent von den am Arbeitsmarkt
verfügbaren Arbeitskräften abweichen.
Es gilt also nicht nur, intern Diversity bei
der Personalauswahl zu berücksichtigen,
sondern zusätzlich die jeweils lokalen Ar-
beitsmarktgegebenheiten einzubeziehen
– und die können für Unternehmen, die in
mehreren Bundesstaaten arbeiten, lokal
sehr unterschiedlich sein (zum Beispiel
hinsichtlich des Anteils von „Blacks“ im
lokalen Arbeitsmarkt). Die Regelungen
sind deshalb je einzelnem Standort um-
zusetzen und zu dokumentieren. Die An-
forderungen an das Berichtswesen und
lückenlose Dokumentation sind akribisch
und erfordern in der Regel sachkundigen
Rat bei der Installation und Umsetzung.
In den Jahren 2009 bis 2016 wurden
147.000 Mitarbeiter und Bewerber mit
insgesamt knapp 86 Millionen US-Dollar
für erlittene Diskriminierungen durch
die OFCCP entschädigt.
Für alle Arbeitgeber in den USA, un-
abhängig von Staatlichkeit oder der Er-
zielung von Umsätzen mit staatlichen
Stellen, gelten die Guidelines der EEOC
(siehe oben). Die EEOC ist eine Bundes-
behörde mit Sitz in Washington D.C.
und soll berufliche Diskriminierung
beenden. Menschen, die sich in ihrem
beruflichen Fortkommen von Betrieben,
aber auch Behörden aufgrund Ethnizi-
tät, Alter, Religion, Geschlecht oder Be-
hinderung diskriminiert fühlen, können
die Commission direkt anrufen und
dort Beschwerde führen. Wesentliche
Rechtsgrundlagen für die EEOC sind der
„Civil Rights Act“, der „Equal Pay Act“,
der „Age Discrimination in Employment
Act“, der „Rehabilitation Act“ und der
„Americans with Disabilities Act“ so-
wie der zugehörige „ADA Amendments
Act“. In der Praxis werden die meisten
Beschwerden von Arbeitnehmern von
der EEOC abgewiesen und nur in we-
nigen Fällen eine weitergehende Un-
tersuchung eingeleitet. Bei staatenweit
insgesamt 139 Fällen 2016 betrugen die
Bußgelder, Strafen oder Vergleichsko-
sten insgesamt 52,2 Millionen US-Dollar
– im Durchschnitt also rund 375.000 US-
Dollar je Fall.
Psychologische Auswahlverfahren in
den USA
Die Gestaltung psychologischer Aus-
wahlverfahren in den USA orientiert
sich ebenfalls an den vorgenannten Re-
gelwerken. „Adverse Impact“ ist, was
amerikanische Unternehmen hierbei
fürchten. Hiermit wird das Ausmaß
der faktischen Diskriminierung der zu
schützenden Gruppen durch Personal-
auswahlverfahren bezeichnet. Als Indi-
kator gilt laut EEOC-Guidelines erneut
Für jedes Land dieser Serie zeigen wir exemplarisch fünf Dos and Don‘ts dazu, was
bei Rekrutierung und Personalauswahl besonders zu beachten ist. Diese grobe Orien-
tierung ist nicht vollständig, Expertenrat sollte zwingend eingeholt werden.
Dos
•
Führen Sie standardisierte Anforderungsanalysen unter Expertenbegleitung durch
•
Dokumentieren Sie bereits die Anforderungsanalysen lückenlos.
•
Setzen Sie ausschließlich passgenaue und valide Auswahlmethoden ein.
•
Führen Sie ein aktives „Adverse Impact Monitoring“ ein, gegebenenfalls ergänzend
ein „Affirmative Action Program“.
•
Dokumentieren Sie alle Personalentscheidungen – egal, ob extern oder intern – detail-
liert und dauerhaft.
Don‘ts
•
Niemals Personalentscheidungen treffen, ohne sicher zu sein, dass sie mit EEOC-Guide-
lines und gegebenenfalls OFCCP-Regularien „compliant“ sind.
•
Kein Einsatz von „One fits all“-Auswahlverfahren, diese müssen stets engen Anforde-
rungsbezug haben.
•
Verzichten Sie nicht auf den Rat von juristischen und eignungsdiagnostischen Experten
bei der Gestaltung von Prozessen, Dokumentationen und Auswahlverfahren.
•
Keine Nachlässigkeit in der Definition interner und regelkonformer Policies und Prozes-
se – beachten Sie hierbei Bundes- und Landesgesetze.
•
Stellen Sie keine demografischen oder biografischen Fragen, die zu indirekter Diskrimi-
nierung beitragen.
Recruiting in den USA
TIPPS