personalmagazin 5/2017 - page 38

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MANAGEMENT
_PERSONALDIAGNOSTIK
personalmagazin 05/17
B
ei deutschen Unternehmen in
den USA sind rund 750.000
Menschen beschäftigt. Die
USA stehen damit auf Platz 3
(nach EU und Asien) der Top-10-Liste
der Auslandsbeschäftigung deutscher
Unternehmen. Alleine die zehn größten
deutschen Unternehmen in den USA
(DHL, Siemens, Volkswagen, Fresenius,
T-Mobile, Continental, Bosch, Daimler,
SAP und Thyssenkrupp) beschäftigen
zusammen über 420.000 Mitarbeiter
(Quelle: de.statista.com). Doch auch der
deutsche Mittelstand ist gut in den USA
vertreten und aktuell wachsen nicht nur
die Beschäftigtenzahlen bei deutschen
Einzelhändlern in den USA stark an.
Die Sorge vor neuen Zoll- und Handels-
schranken sowie allgemein protektio-
nistischer Wirtschaftspolitik, aber auch
die Hoffnung auf die amerikanische
Reindustrialisierung treiben gegenwär-
tig manches deutsche Unternehmen zu
Direktinvestitionen in den USA – vom
Automobilzulieferer bis zum Süßwaren-
hersteller.
Berufsbildung „on the job“ erschwert
die Personalauswahl
Größte Herausforderung für das Re­
cruiting und die Personalauswahl aus
deutscher Sicht ist ein gänzlich anders
organisiertes Bildungs- und Ausbil-
dungssystem. Eine Trennung von Schü-
lern in verschiedene Schulformen mit
unterschiedlichen Bildungsansprüchen
gibt es nicht. Berufliche Qualifikationen
und formale Fähigkeitsnachweise ana-
Von
Andreas Frintrup
und
Brandon G. Phillips
log des deutschen dualen Systems mit
Facharbeiterbrief, Meister, Techniker
oder Kaufmannsgehilfenbrief und zahl-
reichen weiteren Ausbildungs- und Qua-
lifizierungsnachweisen sind in den USA
ebenfalls weitestgehend unbekannt, res-
pektive sind die wenigen Möglichkeiten
einer „Registered Apprenticeship“ oder
das „Vocational Training“ sehr wenig
verbreitet. Ausnahmen bilden wenige
und lokal begrenzte (meist unter deut-
scher Initiative begründete) Leucht-
turmprojekte wie zum Beispiel eine du-
ale Berufsausbildung nach deutschem
Vorbild im Central Piedmont Commu-
nity College von Charlotte, North Caro-
lina oder eine Technikerausbildung im
Michigan Advanced Technician Training
in Detroit, aber auch unternehmensspe-
zifische Ausbildungswerkstätten wie
die „Volkswagen Academy“ in Tennes-
see. Die breite Berufsbildung in den
USA erfolgt jedoch auch heute noch
„on the job“ und ist viel weniger forma-
lisiert und nicht auf die Kombination
theoretischer und praktischer Wissens-,
Kenntnis- und Fertigkeitsvermittlung
ausgerichtet. Generelle und berufliche
Mobilität unterstützende Berufsbildung
erfolgt kaum, formale und vergleichba-
re Berufsabschlüsse im außerakademi-
schen Bereich sind nahezu unbekannt.
Mangels einer flächendeckend forma-
lisierten und überbetrieblich relevanten
Ausbildung sind die biografischen An-
gaben von Bewerbern über vergangene
Berufserfahrung wenig tragfähig für
berufliche Eignungsaussagen auf Positi-
onen, die nicht exakt der bisherigen Be-
schäftigung entsprechen. Das erfordert
seitens der Arbeitgeber umfangreiche
Eignungsfeststellungen, umqualifizierte
Bewerber aus einer qualitativ weitestge-
hend unbeschriebenen Bewerberstich-
probe auszuwählen. Entsprechend ist
der Einsatz überfachlicher Testverfah-
Personalauswahl in den USA
SERIE.
Beim Recruiting in den USA lauern zahlreiche Fallstricke. Vor allem die kom-
plexen Regeln zur Antidiskriminierung bergen immense Haftungsrisiken.
SERIE
Unternehmen, die im Ausland Vertretungen oder Produktionsstandorte aufbauen, müs-
sen vor Ort das richtige Personal auswählen. Kulturelle, rechtliche oder arbeitsmarktspe-
zifische Bedingungen und die von Bewerbern erwarteten Usancen zu kennen, ist eine
große Herausforderung. Andreas Frintrup von der HR Diagnostics AG erläutert gemein-
sam mit lokalen Experten, worauf zu achten ist, wenn in der Ferne rekrutiert wird.
In diesem Serienteil geht es um das
Recruiting und die
Personalauswahl in den USA
– ein gleichsam aktueller
und durch zahlreiche Fallstricke juristischer Art geprägter
Einstieg in unsere Serie.
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