PM HR-Start-ups - page 15

11/16 spezial Start-ups
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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
spräch mit Kunden, in den Köpfen der
Geschäftsführer oder von Mitarbeitern.
Teams definieren ihre Ziele, rekrutieren
und budgetieren selbst. Vierzehn Tage
sprinten sie los, dann werden die Ergeb-
nisse vorgezeigt. Tauchen Fragen auf
oder etwas läuft seltsam, wird im freitäg-
lichen Open Space debattiert. Das kann
so konkret sein wie die Frage nach der ge-
eigneten Softwaresprache oder etwas wei-
cher die nach der Zeitschiene. Denn auch
da setzen sich die Teams ihre Ziele selbst.
Verschätzen sie sich auffällig regelmäßig,
können sie ein Zeitmanagementtraining
belegen. Jens Goldmann, Mitglied der
Geschäftsleitung, nennt Eckdaten der
Personalarbeit: „Wir versuchen in allen
Bereichen größtmögliche Freiräume zu
schaffen, denn Ideen und deren Umset-
zung brauchen Platz. Wir fördern Eigen-
verantwortung statt Mikromanagement.“
Was nicht heißt, dass 30 Tage Urlaub,
Teamvisionstreffen auf Mallorca und das
„Du“ für alle eine druckfreie Arbeitswelt
erzeugen würde. Wer im Team nicht aktiv
ist, hat es schwer. Feedbackrunden oh-
ne den, über den sich die Teamkollegen
ärgern, rücken Erwartungen zurecht.
Und die werden dem Kollegen dann of-
fen mitgeteilt. Vielleicht im für Mitarbei-
ter kostenlosen Firmenrestaurant, dem
kulinarischen und kollegialen Zentrum
von Sipgate, wo es lecker-gesunde Salate
ebenso gibt wie Fleischgerichte und Fri-
kadellen und den ganzen Tag Kaffee und
selbst gebackenen Kuchen.
Neu erfinden, Überleben sichern
Die offensichtliche Lockerheit bei hohem
Arbeitseinsatz ist typisch für Start-ups
– auch schon in der etwas tempogemin-
derten Vor-Internet-Ära. Riskant ist die
Entwicklung vom innovativen Mini zum
wachsenden Unternehmen. Kai Ander-
son, Mitglied der Geschäftsführung von
Promerit, kennt solche Aufregungen
aus eigenem Erleben. Er hat Promerit
1999 als Talent-Management- und Ver-
änderungsberatung gegründet. „Es gibt
Sprungschwellen in der Firmenentwick-
lung“, sagt der Berater. „Mit sieben Kol-
legen sind Sie in der Jagdgemeinschaft,
bei 100 oder 150 Leuten sieht das dann
ganz anders aus.“ Er ist davon überzeugt,
dass es das Überleben von Unternehmen
sichert, wenn sie sich immer wieder neu
erfinden. Wobei Anderson klare Struk-
turen und gar Hierarchien heute nicht
mehr für erfolgversprechend hält. „Was
eine Organisation braucht, das ist ein
Ordnungsrahmen, in dem Eigenverant-
wortung und Selbstorganisation, Dezen-
tralität und Vernetzung Raum finden“,
so Anderson. Das Arbeiten in Projekten,
die ergebnisorientierte Gruppenbildung
auf Zeit, ein teamübergreifender Zugang
zu Spezialisten und eine offene Kommu-
nikation garantieren die Flexibilität, die
bei komplexen Aufgaben und Produkten
Erfolg verspricht. Start-ups müssen diese
agile Arbeitsweise im Wachstum für sich
retten; traditionell strukturierte Unter-
nehmen hingegen radikal umsteuern.
Besonders intensiv arbeiten Start-
ups mit freien Mitarbeitern zusam-
men. Diese Freelancer sind zum Teil
Spezialisten auf ihrem Gebiet und weit
davon entfernt, preiswerte Tagelöhner
zu sein. Der Berliner Digitalverlag Fox
& Sheep zum Beispiel entwickelt und
vermarktet weltweit Apps für Kinder.
Geschäftsführerin Verena Pausder: „Für
die Dauer eines Projekts gibt es keinen
Unterschied zwischen Festen und Frei-
en.“ Und betont: „Um gute Freie wird
genauso geworben wie um Festange-
stellte.“ Bei Fox & Sheep werden Selbst-
bestimmung und Zeitsouveränität groß
geschrieben, was zu einer ausschließ-
lichen Ergebnisorientierung führt. Mit
den alten Statussymbolen Auto und vier-
achsigem Büro ist kein Staat mehr zu
machen. Aber eine gute Kaffeemaschine
bei Besprechungen oder freie Wahl der
Arbeitsmittel vom Tablet bis zum Tele-
fon zieht Kreative an. Innovationsfreude
braucht in der jungen Generation eben
eine andere Firmenumgebung.
RUTH LEMMER
ist freie Journalistin in
Düsseldorf.
Der Sipgate-Blog
tet
Einblicke in die Unterneh-
menskultur des Düssel-
dorfer VoIP-Anbieters.
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