11/16  spezial Start-ups
        
        
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          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
        
        
        
          lich mitgestalten, aber es liegt an uns, die
        
        
          richtigen Rahmenbedingungen dafür zu
        
        
          schaffen und proaktiv zu gestalten.
        
        
          Start-ups als Bindeglieder zwischen
        
        
          alter und neuer Arbeitswelt
        
        
          Eine hohe Unsicherheitsvermeidung,
        
        
          eine hohe Machtdistanz, eine Fokussie-
        
        
          rung auf Gegensätze und eine diffuse
        
        
          Angst vor der Macht der Maschinen kön-
        
        
          nen als Merkmale einer alten Arbeitswelt
        
        
          zusammengefasst werden. Ein Gegenpol
        
        
          dazu wäre eine experimentelle, spieleri-
        
        
          sche Grundhaltung bei flachen Hierar-
        
        
          chien, bei der Gegensätze aufgegriffen
        
        
          und kombiniert werden und Technologie
        
        
          aktiv gestaltet und bewusst eingesetzt
        
        
          wird. Genau an dieser Schnittstelle zwi-
        
        
          schen alter und neuer Arbeitswelt befin-
        
        
          den sich aktuell viele Start-ups, ob mit
        
        
          HR-Fokus oder losgelöst davon.
        
        
          Start-ups können es sich momentan
        
        
          gar nicht leisten, Merkmale der alten Ar-
        
        
          beitswelt anzuwenden, da sie ansonsten
        
        
          genauso unflexibel und langsam agieren
        
        
          würden wie manche etablierte Firmen.
        
        
          Bei HR-Start-ups kommt dazu, dass diese
        
        
          nicht nur Merkmale der neuen Arbeits-
        
        
          welt aktiv leben, sondern genau für die-
        
        
          se neue Arbeitswelt Tools und Prozesse
        
        
          entwickeln und damit experimentieren.
        
        
          Das Spektrum reicht dabei von innova-
        
        
          tiven Ansätzen im Recruiting wie bei
        
        
          Mobilejob über flexibles Jobsharing wie
        
        
          bei Tandemploy bis hin zu agilen Feed-
        
        
          backtools wie bei HRinstruments.
        
        
          Mehr Mut für neue Wege
        
        
          Die Lösungen von HR-Start-ups können
        
        
          allerdings nur dann die Transformation
        
        
          der alten in die neue Arbeitswelt mitge-
        
        
          stalten, wenn sie auch aktiv eingesetzt
        
        
          werden. Genau an dieser Stelle kommen
        
        
          wir auf die Unsicherheitsvermeidung
        
        
          in Deutschland zurück, die gerade in
        
        
          der Personalszene sehr sichtbar ist.
        
        
          Vermeintlich bewährte Lösungen von
        
        
          Anbietern, die bereits Jahrzehnte am
        
        
          Markt sind, stellen weiterhin den Nor-
        
        
          malfall und die Präferenz von Personal-
        
        
          entscheidern dar.
        
        
          Die Lösungen von Start-ups sollen
        
        
          einerseits vollkommen neu und inno-
        
        
          vativ sein, andererseits sollen bereits
        
        
          möglichst viele bekannte Firmen damit
        
        
          arbeiten, damit man ein möglichst ge-
        
        
          ringes Risiko eingeht. Dabei gibt es Be-
        
        
          denken sowohl bezüglich der Zukunft
        
        
          des jeweiligen Start-ups („Woher wissen
        
        
          wir denn, dass es Sie nächstes Jahr noch
        
        
          gibt?“), als auch bezüglich der Unterneh-
        
        
          mensrichtlinien („Wir arbeiten aufgrund
        
        
          von Sicherheitsbedenken nicht mit Start-
        
        
          ups zusammen.“), gepaart mit genereller
        
        
          Skepsis („Wir haben die letzten 30 Jahre
        
        
          gute Erfahrungen mit unserem Vorge-
        
        
          hen gemacht, also müssen wir damit
        
        
          richtig liegen“).
        
        
          Wir bewegen uns hier im typischen
        
        
          Spannungsfeld bei der Etablierung einer
        
        
          Innovation, die auf altbewährte Haltungen
        
        
          und Prozesse trifft. Selbstverständlich
        
        
          sind nicht alle Lösungen von HR-Start-ups
        
        
          richtig und wichtig, aber eine kritische
        
        
          und unvoreingenommene Prüfung ist
        
        
          heute bedeutender denn je. Ein möglicher
        
        
          Rahmen dafür ist dieses Sonderheft des
        
        
          Personalmagazins oder auch die HR In-
        
        
          novation Roadshow, die im Sommer in
        
        
          Deutschland an Fahrt aufgenommen hat.
        
        
          Gerne würde man als Start-up manch-
        
        
          mal fragen: „Woher wissen wir denn, dass
        
        
          es Sie mit Ihrem Geschäftsmodell aus der
        
        
          altenWelt und starren Strukturen nächstes
        
        
          Jahr noch gibt, sodass sich der Aufwand für
        
        
          eine Zusammenarbeit für uns als Start-up
        
        
          auch lohnt?“ Lassen Sie uns darüber einen
        
        
          offenen Dialog zwischen Start-ups und
        
        
          Personalverantwortlichen starten, davon
        
        
          können alle profitieren – insbesondere die
        
        
          Mitarbeiter und Führungskräfte in Unter-
        
        
          nehmen sowie der gesamte Wirtschafts-
        
        
          standort Deutschland.
        
        
          wünschten sich die befragten mittleren
        
        
          Führungskräfte eine geringere Machtdi-
        
        
          stanz, als zum Zeitpunkt der Erhebung
        
        
          vorlag. Die GLOBE-Studie ist zwar schon
        
        
          einige Jahre alt, doch diese Ergebnisse
        
        
          spiegeln sich auch in aktuellen Studien
        
        
          wider.
        
        
          Kombiniert mit der hohen Unsicher-
        
        
          heitsvermeidung von allen Stakehol-
        
        
          dern in deutschen Unternehmen ist das
        
        
          sicherlich eine herausfordernde Aus-
        
        
          gangslage, wenn wir uns auf dem unsi-
        
        
          cheren Terrain der Digitalisierung der
        
        
          Arbeitswelt bewegen.
        
        
          Die diffuse Angst vor der
        
        
          Macht der Maschine
        
        
          Dazu kommt eine diffuse Angst, dass
        
        
          Maschinen und Technologie in Zukunft
        
        
          uns steuern und nicht mehr wir diese
        
        
          Maschinen und diese Technologie. Ge-
        
        
          rade bei zunehmender Automatisierung
        
        
          und dem Einsatz von Robotern in der
        
        
          Produktion wird das direkt sichtbar,
        
        
          sodass diese diffuse Angst auch bei al-
        
        
          len Diskussionen zu einer digitalisier-
        
        
          ten Arbeitswelt auftaucht: Kann ich
        
        
          als Personaler mit meiner jahrelangen
        
        
          Erfahrung nicht viel bessere Entschei-
        
        
          dungen treffen als ein fehleranfälliger
        
        
          Algorithmus? Können digital erhobene
        
        
          und automatisiert ausgewertete Zahlen
        
        
          und Analysen die Zufriedenheit meiner
        
        
          Mitarbeiter wirklich besser abbilden als
        
        
          ein offenes Gespräch im realen Leben?
        
        
          An dieser Stelle ist eine systemische
        
        
          Grundhaltung hilfreich, die anstatt einer
        
        
          Perspektive der Gegensätze viel mehr auf
        
        
          Gemeinsamkeiten und eine Kombination
        
        
          vermeintlicher Widersprüche aufbaut.
        
        
          In Zukunft werden Maschinen und wird
        
        
          Technologie unsere Arbeitswelt maßgeb-
        
        
          
            PROF. DR. SIMON
          
        
        
          
            WERTHER,
          
        
        
          Gründer der HR-
        
        
          instruments GmbH, Professor
        
        
          für Innovationsmanagement
        
        
          an der Hochschule der Medien in Stuttgart
        
        
          und Vorsitzender der Fachgruppe HR-Start
        
        
          ups im Bundesverband Deutsche Startups.
        
        
          Deutschland ist Spitzen-
        
        
          reiter bei der Unsicher-
        
        
          heitsvermeidung. Doch
        
        
          der tiefgreifende Wandel
        
        
          der Arbeitswelt erfordert
        
        
          genau das Gegenteil:
        
        
          Mut und Experimente!