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12/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
17-millionenfachen Klick-Erfolg haben
die Verkehrsbetriebe auf Facebook und
Youtube mit ihrem „Is-mir-egal“-Spot, in
dem Schwule in Leder, Dragqueens und
Grufties neben Omas und Familien in
der U-Bahn sitzen. Intern werden Füh-
rungskräfte verpflichtet, ein Seminar
zum AGG sowie zum Führen gemischter
Teams und zum Umgang mit Vielfalt zu
besuchen. Im Mitarbeiternetzwerk LBS
engagieren sich 85 Lesben, Schwule und
heterosexuelle Mitglieder und auch Füh-
rungskräfte leben ihre sexuelle Identität
offen aus. „Es wäre bei einem Unterneh-
men mit rund 500 Führungskräften et-
was merkwürdig und traurig, wenn es
anders wäre“, meint Prévoteau.
„Proud and out” statt bis zu
20 Prozent Produktivitätsverlust
Beim diesjährigen Gala-Gastgeber, der
Stadt Dortmund, forciert das Stadtober-
haupt seit Jahren die Vielfalt. Mit per-
sönlichen Auftritten macht Ullrich Sier-
au klar, wo er die Ruhrgebietsmetropole
sieht. Der Oberbürgermeister lässt sich
mit einem Schild „Mein Kollege ist bi-
sexuell – kein Problem“ fotografieren.
Beim „Christopher Street Day“ tritt er
als Redner auf. „Dortmund – bunt statt
braun“ heißt die unmissverständliche
Botschaft der Regenbogenfraktion ge-
gen die immer wieder lautstarken Neo-
nazis in manchen Stadtteilen. Doch es
sind mehr als hehre Worte, denn auch
im Verwaltungsalltag hat die Haltung
der Stadtspitze Folgen. Susanne Hilde-
brandt leitet seit 2012 die städtische Ko-
ordinierungsstelle für Lesben, Schwule
und Transidente. Beraten und Netzwer-
ken sind Hauptaufgaben, die Arbeits-
welt ist zentrales Thema. Auszubilden-
de werden zum Thema Vielfalt und
Vorurteil geschult. „Wenn ich acht Stun-
den am Tag nicht sein kann, wie ich bin,
dann bremst mich das“, so Hildebrandt,
die den Ansatz „proud and out“ favori-
siert, also den offenen Umgang mit der
eigenen Lebensweise. Studien geben
Hildebrandt recht: Der Produktivitäts-
verlust wird auf 20 Prozent geschätzt.
Da helfen Information und Offenheit.
Seit fünf Jahren organisiert Dortmund
mit dem Völklinger Kreis den Diverse-
City-Kongress mit Menschen aus Wirt-
schaft, Verwaltung und Verbänden. Eine
„Charta der Vielfalt“ wurde unterzeich-
net. Am Tag gegen Homophobie weht
die Regenbogenfahne am Rathaus.
Der vormalige Mitsieger und jetzige
Mitveranstalter Daimler beweist eben-
falls Einsatz für sexuelle Vielfalt. Zum
einen gibt es im Unternehmen für Ehen
und eigetragene Partnerschaften diesel-
ben Leistungen, etwa bei der Hinterblie-
benenversorgung, beim Pflegeurlaub,
beim bezahlten Urlaubstag für den Gang
zum Amt und bei der Unterstützung für
Adoptionen. Zum anderen bei dem Auto-
konzern Toleranz, Akzeptanz und gegen-
seitiger Respekt öffentlich signalisiert
– etwa durch Trucks bei den Paraden
am „Christopher Street Day“ (CSD). Die
75 Plätze auf dem Stuttgarter Mercedes-
Benz-CSD-Truck waren 2016 so begehrt,
dass sie unter den Daimler-Mitarbeitern
verlost wurden – ganz gerecht, denn
auch Nichtmitglieder des Mitarbeiter-
netzwerks „GL@D“ („Gay Lesbian Bise-
xual Transgender at Daimler“) hatten
dabei ihre Chance.
Daimler ist nicht der erste Autoher­
steller, der den Max-Spohr-Preis nach
Hause tragen konnte. Gleich zum Start
2001wurden die Ford-Werke ausgezeich-
net. Der Autobauer hatte in Deutschland
nach Inkrafttreten des Lebenspartner-
schaftsgesetzes direkt seine Betriebs-
vereinbarungen und Sozialleistungen
durchforstet und dort die Ehe mit einge-
tragenen Partnerschaften gleichgesetzt
– samt Öffnung der Betriebskranken-
kasse, Rabatten beim Fahrzeugkauf und
Unterstützung bei Versetzungen im In-
und Ausland. Schon seit 20 Jahren macht
das internationale Mitarbeiter-Netzwerk
Globe („Gay Lesbian Or Bisexual Emplo-
yees“) beimCSDmit – mit Ford-Logo und
in Köln mit eigenem Wagen. Auch die
„Gay Games“, die in Köln 2010 wie eine
kleine Olympiade organisiert wurden,
unterstützte die Firma.
Akzeptanz am Arbeitsplatz
Heute geht es vor allem noch um Ak-
zeptanz am Arbeitsplatz – für alle Ge-
schlechter. So konnte ein Mitarbeiter
ohne Arbeitsplatzänderung sein Trans-
gender-Sein öffentlich machen. „Ford
gibt niemandem eine Plattform oder ein
Forum für Diskriminierung“, erklärt
Volker Ehrentraut, seit März 2016 Di-
versity-Manager Deutschland. „Äußern
sich einzelne Beschäftigte trotz unserer
Vielfaltskultur diskriminierend, werden
Manager in die Verantwortung genom-
men und müssen eingreifen.“
RUTH LEMMER
ist freie Journalistin in
Düsseldorf.
BILDERGALERIE
„Auch unsere Führungskräfte leben ihre
sexuelle Identität offen aus. Es wäre
traurig, wenn es anders wäre.“
Mark Prévoteau, Personalentwickler bei den Berliner Verkehrsbetrieben
VIDEO
In der Personalmagazin-App können
Sie sich das „Is-mir-egal“-Video der
BVG ansehen. Dort finden Sie auch eine
Bildergalerie mit Eindrücken von der
Verleihung des Max-Spohr-Preises.
© YOUTUBE
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