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2.2016
die Anschlussdichte, die den Verteilnut-
zungsgrad ausmachen. Und der sollte
nach Meinung von Gunnar Eikenloff,
der am Wolfenbütteler EOS – Institut für
energieoptimierte Systeme forscht, nie 90
Prozent unterschreiten. An diesem Wert
orientieren sich etwa Anbieter wie die
Stadtwerke Leipzig.
Übersetzt entspricht das einem Tras-
senverlust von 150 bis 250 kWh je Meter
im Jahr. Für denWohnungsbestand gelten
höhereWerte. Eikenloff geht von 25 bis 30
kWh jeQuadratmeterWohnfläche aus, bei
denen sich ein Wärmenetz noch rechnet.
Die Verlustwerte der Trasse können hier
sogar 500 kWh je Meter betragen. Eine
allgemeine, immer anwendbare Faustregel
jedoch, so Michael Nast vom Stuttgarter
Institut für Technische Thermodynamik
des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt, gebe es nicht. Jedes Projekt
bedürfe einer individuellen Prüfung.
DIE NETZVERLUSTE
sind also das A und O.
Doch wie kann man diese minimieren?
„Wir haben drei Möglichkeiten“, erklärt
Eikenloff. „Erstens: geringere Tempera-
turen, denn je geringer die Systemtempe-
raturen, desto geringer die Verluste. Zwei-
tens: geringer Wärmedurchgang durch
bessere Dämmung. Je dicker und quali-
tativ hochwertiger die Dämmung, desto
geringer die Verluste. Und drittens: Fläche.
Je kleiner der Rohrquerschnitt und
SUMMARY
»
Wärmenetze boomen.
Die Netze sind jedoch monopolisiert und mitunter durch Anschlusszwänge vorgegeben.
Deswegen ist
Fernwärme eine vergleichsweise teure Wärmequelle
. Ein weiterer Kostenverursacher sind die Netzverluste.
»
Wärmenetze
sind
nur bei hoher Anschlussdichte sinnvoll.
Dafür gibt es feste Parameter, deren Einhaltung vor jedem Projekt geprüft werden muss.
»
Wärmenetze sind
nur eine Brückentechnologie
, da sie nur für Wohnungen mit hohem Wärmebedarf sinnvoll sind. Das steht jedoch im
Widerspruch zum klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050.
»
Wärmenetze: pro und contra
VORTEILE
›
Technologieoffen, alle Wärmeträger
von Müll über Biomasse bis hin zu
Kohle können genutzt werden
›
Alte kann gegen neue, effizientere
Technologie ausgetauscht werden
›
Einsatz von billigen Brennstoffen
wie Stroh oder Abfällen
›
Keine Wärmequelle im Haus
›
Keine Wartung im Haus
›
Mögliche Lösung für denkmalge-
schützte Häuser in hochverdichteten
Wohngebieten, die nicht gedämmt
werden dürfen
›
Förderung durch KfW: mindestens
500 kWh Wärme je Meter Trassen-
länge und Jahr; 60 Euro je Trassen-
meter bis zu 1 Million Euro
›
Kleine Lösungen mit Biogas-BHKW,
das Nachbarschaft beheizt
›
Hoher elektrischer Wirkungsgrad mit
Wertschöpfung durch Stromverkauf
›
Ein zentraler Wärmeerzeuger güns-
tiger als 1000 Einzel-Wärmeerzeuger
›
Kein Schornstein
NACHTEILE
›
Hohe Wärmeabnahme nötig
›
Hohe Anschlussdichte nötig
›
Netzverluste
›
Oft nur durch Fördermittel
wirtschaftlich – KWK-Gesetz kann
jederzeit geändert werden
›
Wartung und Instandhaltung am
Netz – auch nach Auslaufen einer
Förderung
›
Tendenziell nachlassender Bedarf
durch besser gedämmte Häuser
(EnEV)
›
Nur in Gebieten mit stabiler
Bevölkerung oder Bevölkerungs-
wachstum sinnvoll
›
Kollektive Entscheidung erfor-
derlich (Beteiligte, politisches
Umfeld, Energieversorger)