DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 3/2017 - page 71

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tivenRisikomanagement gehört auch die Erfüllung
von Verkehrssicherungspflichten.
Die Verkehrssicherungspflicht ist eine Rechts-
pflicht. Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümer
sind verpflichtet, Maßnahmen zur Vermeidung,
Beseitigung oder Reduzierung von Gefahrenquel-
len zu ergreifen. Wird diese Pflicht schuldhaft
verletzt und es kommt zu einem Personen- oder
Sachschaden, besteht gemäß § 823 Abs. 1 BGB An-
spruch auf Schadensersatz für den Geschädigten.
Die ordnungsgemäße Durchführung der Verkehrs-
sicherungspflichten nimmt somit maßgeblichen
Einfluss auf das Risikomanagement-Ergebnis.
Ein Beispiel
Diese wesentliche Verbindung zwischen Risiko-
management und Verkehrssicherung haben auch
die „Wohnraumkönner“ der Baugenossenschaft
Langen eG
kannt.
Die Genossenschaft möchte zukünftig die Umset-
zung der Verkehrssicherung stärker controllen.
Hierbei sollen insbesondere die Einhaltung defi-
nierter Fristen, die Anzahl gemeldeter Mängel und
Schäden sowie die Dauer der Mängelbearbeitung
überwacht werden. Diese Ergebnisse sollen dann
im Rahmen des Risikomanagements regelmäßig
ausgewertet werden.
Pflichtenheft
Voraussetzung für die Wahrnehmung der Ver-
kehrssicherungspflichten ist die Erstellung eines
Pflichtenhefts. In diesemwerden sowohl die spe-
zifischen Bestandsrisiken des Wohnungsunterneh-
mens festgelegt und bewertet als auch Zeit- und
Fristenpläne zur Umsetzung der Verkehrssiche-
rungsmaßnahmen dokumentiert.
Die Baugenossenschaft Langen verfügt über ein
umfassendes Pflichtenheft mit mittlerweilemehr
als 80 Prüfpflichten für Wohngebäude. Der Kata-
log der Verkehrssicherungspflichten ist imSystem
Mevivo der Wowiconsult GmbH hinterlegt. Zu den
jeweiligen Maßnahmen lassen sich verschiedene
Eckdaten erfassen:
• Prüfungspflicht inkl. entsprechender Gesetzes-
texte,
• Prüfungsart,
• Verantwortliche Personen für die Durchführung
der Maßnahmen,
• Ausführungsintervalle inkl. Erinnerungsfunk-
tion vor Ablauf der Prüffrist,
• Ergebnisse der Besichtigungen (Vorhandensein
von Schäden oder Mängeln) und daraus resul-
tierende Aufgaben,
• Fotos.
Die Ergebnisse der Maßnahmendurchführung
können mobil erfasst und protokolliert werden.
Gleichzeitig lassen sich Notizen hinterlegen und
Schadensmeldungen auslösen. Dadurchwird eine
manipulationssichere Dokumentation aller Maß-
nahmen gewährleistet.
Risikokennzahlen
Zur aktiven Steuerung und Überwachung rele-
vanter Objekt-, Markt- und Unternehmensrisiken
setzt die Baugenossenschaft Langen das Modul
„Risikomanagement“ der Software Avestrategy
ein. ImSystem ist bereits ein Risikokatalogmit den
für das Unternehmen relevanten Risiken hinter-
legt. Zudem wurden wesentliche Risikokennzah-
len definiert, die durch das Unternehmen laufend
überwacht und kontrolliert werden. Nun sollen
für Risiken, die sich aus der Vernachlässigung der
Verkehrssicherungspflichten ergeben, weitere
Kennzahlen herangezogen werden.
Besonderer Fokus bei der Kennzahlenanalyse liegt
dabei auf der Analyse der Qualität, der Kosten so-
wie der Bearbeitungszeit bei der Umsetzung der
Verkehrssicherungspflichten. Für die Auswertung
werden die relevanten Daten aus Mevivo über eine
Schnittstelle an das Modul Risikomanagement
übergeben. Folgende Kennzahlen dienen zur Ri-
sikobewertung der Verkehrssicherungspflichten:
• Anzahl gemeldeter Mängel und Schäden,
• Einhaltung definierter Fristen,
• Dauer der Mängelbeseitigung und Schadenbe-
hebung,
• Kosten der Bearbeitung,
• Häufigkeit auftretender Schäden in bestimmten
Objekten/an bestimmten Gewerken,
• Beschwerden/Reklamationen.
Durch die Definition von Schwellenwerten für
die Risikokennzahlen ist es zudem möglich, auf-
fällige Risiken und Risikobereiche rechtzeitig zu
erkennen: Werden kritische Schwellenwerte über-
schritten, ist dies das Signal, die Risiken sowie die
Gegenmaßnahmen zu überprüfen.
Einblick in die Umsetzung
Aus den Ergebnissen will die Unternehmensfüh-
rung einen tieferen Einblick in die Umsetzung
der Verkehrssicherungsmaßnahmen erhalten
und möglichen Handlungsbedarf ableiten, etwa:
• Wie lässt sich der Prozess schneller und effizi-
enter gestalten?
• Wie lassen sich die Personalressourcen effizi-
enter planen?
• Welche Verkehrssicherungsmaßnahmen sollten
an externe Unternehmen übertragen werden?
• Bei welchen Objekten und anwelchen Gewerken
treten häufigMängel oder Schäden auf undwie
lassen sich diese Erkenntnisse für die Planung
der Instandhaltungs- und Modernisierungs-
maßnahmen nutzen?
• Bei welchenMaßnahmen ist eine Anpassung der
vorgesehenen Prüfrhythmen erforderlich?
• Wie kann die Qualitätssicherung noch besser
sichergestellt werden?
Die Durchführung der Verkehrssicherungspflich-
ten ist Teil des gesamtheitlichen Risikomanage-
ments. Durch eine bessere Verknüpfung der The-
men und der technischen Systeme lassen sich
prozessuale, strukturelle und organisatorische
Optimierungspotenziale aufzeigen.
Quelle: BBT GmbH
Auszug aus dem Programm Avestrategy
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