DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 3/2017 - page 79

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3|2017
BGB §§ 546, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 985
Zahlungsverzug des Mieters;
ordentliche Kündigung
Der Zahlungsverzug des Mieters mit einem die Bagatellgrenzen des
Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen („small
claims procedure“) erheblich unterschreitenden Betrag kann bei
einem langjährigen Mietverhältnis die ordentliche Kündigung nach
§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB u. U. nicht rechtfertigen.
LG Berlin, Urteil vom 20.10.2016, 67 S 214/16
Bedeutung für die Praxis
Ein Mieter, der wegen seiner Erwerbslosigkeit an der Entrichtung des Miet-
zinses gehindert ist, handelt nicht schuldhaft i.S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Ein Verschulden kann sich allerdings daraus ergeben, dass er auch seine
Miete deckende Transferleistungen beanspruchen kann und er die Leistung
nicht rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen bean-
tragt oder bei etwaigen Säumnissen der Behörde auf eine pünktliche Be-
arbeitung und Zahlung drängt. Hier kann dahinstehen, ob den Mietern bei
der Beantragung und Überwachung ihrer Transferleistungen ein eigenes
Verschulden zur Last gefallen ist. Denn ein solches wäre lediglich geeignet
gewesen, den Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit zu begründen. Zwar steht
auch dieser vergleichsweise geringe Grad des Verschuldens der Bejahung
einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht entgegen, doch ist der darauf
gründende Zahlungsverzug der Beklagten nicht hinreichend erheblich, um
auch unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände eine Beendigung
des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Die Erheblichkeit der Pflichtver-
letzung ist im Rahmen einer umfassenden Abwägung zu klären, bei der
sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Dazu zählen
vor allem die beanstandungsfreie Dauer des bisherigen Mietverhältnisses,
das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverlet-
zung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der dem Mieter zur Last zu
legende Grad des Verschuldens. Gemessen daran ist dem Zahlungsverzug
der Mieter in der Gesamtschau kein Gewicht beizumessen, das die An-
nahme einer erheblichen Pflichtverletzung rechtfertigen würde. Es ist zu
Gunsten der Mieter vor allem der bisherige beanstandungsfreie Verlauf des
über 15 Jahre andauernden Mietverhältnisses zu berücksichtigen. Dieser
erheblichen Dauer steht bei der gebotenen absoluten Betrachtung mit
Mietrückständen in Höhe von 911,92 € ein vergleichsweise geringer Be-
trag entgegen, der in einem überschaubaren Zeitraum von lediglich einem
halben Jahr angefallen ist und zudem nicht geeignet war, die wirtschaftli-
chen Interessen der gewerblichen Vermieterin spürbar zu gefährden. Eine
der Vermieterin günstigere Beurteilung ergibt sich schließlich nicht daraus,
dass der Kündigungsrückstand in der Summe den auf eine von den Mietern
zu leistende Monatsmiete entfallenden Betrag geringfügig überschritten
hat. Denn es ist allenfalls umgekehrt die Unterschreitung der Grenze des
§ 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB, die im Wege einer abstrakten Negativabgrenzun-
gen bei einer Verzugsdauer von weniger als einem Monat unabhängig von
der wirtschaftlichen Bedeutung des Rückstands zu einer Unerheblichkeit
der Pflichtverletzung führen kann. Davon ausgehend bedarf es keiner
Entscheidung, ob die Pflichtverletzung der Mieter bereits deshalb nicht
hinreichend erheblich war, weil es sich bei dem Kündigungsrückstand von
911,92 € mit Blick auf das in den §§ 1097-1104 ZPO implementierte
MIETRECHT
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BGB §§ 546, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 985
Zahlungsverzug des Mieters; ordentliche
Kündigung
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BGB §§ 536, 543, 573
Vermietung von Wohnungen an
Touristen; Minderung der benach-
barten Mieter
WEG-RECHT
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WEG § 43 Nr. 1
Verbaler Streit unter Wohnungseigentümern
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WEG §§ 21, 22
„Notwendige Sanierungsarbeiten“
79
WEG §§ 21 Abs. 5 Nr. 4 und Abs. 8; 26; 28; 43 Nr. 4
Darstellung der Instandhaltungsrücklage;
gerichtliche Abberufung des Verwalters
79
WEG §§ 21, 26
Anforderungen an die Alternativangebote bei der
Verwalterwahl (Neubestellung)
79
WEG §§ 10 Abs. 6 Satz 3, 24 Abs. 4
Vergemeinschaftung von Individual-
ansprüchen; Ladungsfrist
MIETRECHT
INHALT
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RiAG Dr. Olaf Riecke
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