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SPEZIAL BAV
_MOBILITÄTSRICHTLINIE
spezial bAV 04/17
erforderlich, also beispielsweise dann,
wenn ein Arbeitnehmer gekündigt hat
und sich deshalb über den Stand seiner
bAV informieren möchte.
BAG: Überschussanpassung
doch erst ab 2016
Bei Direktversicherungen und Pensions-
kassen werden laufende Renten in der
Regel aus anfallenden Überschüssen
angepasst („Überschussanpassung“).
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der EU-
Mobilitätsrichtlinie wird dies auch für
Zusagen ermöglicht, wenn sie vor dem
16.5.1996 erteilt wurden oder wenn re-
gulierte Pensionskassen einen höheren
Rechnungszins als Lebensversicherun-
gen verwenden („Höchstrechnungszins
gemäß Deckungsrückstellungsverord-
nung“). Hier bestand in der Vergangen-
heit eine „Lücke“, die Anpassung kam
nur gemäß Verbraucherpreisindex in-
frage. Der kann stärker steigen als die
Überschussanpassung, zumal bei älte-
ren Verträgen mit hohem Garantiezins
ohnehin keine Überschüsse mehr ent-
stehen.
Betroffene Arbeitgeber waren daher
sehr erleichtert, dass dieses Risiko be-
reits mit Verabschiedung des Gesetzes
Ende 2015 beseitigt wurde. Die Rech-
nung wurde allerdings ohne das BAG
gemacht. Denn das hat mit Urteil vom
13.12.2016 (3 AZR 342/15) entschie-
den, dass die Gesetzesänderung keine
Bedeutung habe, „wenn über die An-
passung laufender Leistungen an An-
passungsstichtagen vor dem 31.12.2015
zu entscheiden war“. Damit bestehen
Nachhaftungsrisiken aus unterlassenen
oder zu geringen Rentenanpassungen
bis einschließlich 2015. Diese müssen
direkt vomArbeitgeber erbracht werden,
soweit die Ansprüche auf Rentenzahlung
noch nicht verjährt sind.
gesetzliche Unverfallbarkeit gegeben
ist. Der steuerliche Aufwand kann dann
sofort geltend gemacht werden. Um eine
„harte“ Absenkung des Mindestalters
zu vermeiden, ist auch eine stufenweise
Absenkung des Mindestalters über die
nächsten Jahre verteilt denkbar.
Abfindung von Kleinstanwartschaften
nur mit Zustimmung
Aktuell können bei vorzeitigem Aus-
scheiden eines Arbeitnehmers „Kleinst-
anwartschaften“ (mit einer monatlichen
Rentenanwartschaft für 2017 unter
29,75 Euro (West)) einseitig vom Arbeit-
geber abgefunden werden. Ab 2018 ist
das jedoch nur noch mit Zustimmung
des Arbeitnehmers möglich, wenn
dieser ein neues Arbeitsverhältnis in
einem anderen EU-Mitgliedsstaat auf-
nimmt und dies innerhalb von drei Mo-
naten nach dem Ausscheiden seinem
ehemaligen Arbeitgeber mitteilt. Übri-
gens: Dem Wortlaut nach gilt die Frist
für die Mitteilung. Dass auch das neue
Arbeitsverhältnis innerhalb dieser Frist
schon aufgenommen worden sein muss,
geht nicht eindeutig aus dem Gesetzes-
text hervor.
Wenngleich ein Wechsel ins Ausland
eher die Ausnahme darstellen dürf-
te, müssen Unternehmen ab 2018 die
Dreimonatsfrist abwarten, bis eine ein-
seitige Abfindung rechtssicher möglich
ist. Das gilt für alte sowie neue Zusagen
gleichermaßen.
Dynamisierungspflicht von
gehaltsabhängigen Zusagen
Ausgeschiedene Arbeitnehmer dürfen
gegenüber vergleichbaren Aktiven nicht
benachteiligt werden. Daher müssen
zukünftig auch Versorgungsanwart-
schaften unverfallbar Ausgeschiedener
dynamisiert werden, wenn dies auch bei
Aktiven der Fall ist. Praktisch relevant
ist die Regelung aber nur für gehalts-
abhängige Leistungszusagen. Und auch
nur dann, wenn das zugrunde liegende
Versorgungswerk nicht bereits bis zum
20.5.2014 für Neueintritte geschlossen
wurde. Alle anderen Fallgestaltungen
nimmt das Gesetz von der Dynamisie-
rungspflicht aus, wie beispielsweise
Direktversicherungen, Pensionskassen
und Pensionsfonds sowie Festbetrags-
zusagen oder Zusagen, die eine Verzin-
sung auch für den ausgeschiedenen Ar-
beitnehmer beinhalten.
Liegt eine gehaltsabhängige Leistungs-
zusage vor, kann die Dynamisierung mit
einem Prozent pro Jahr erfolgen. Auch ei-
ne Anpassung gemäß Verbraucherpreis-
index oder vergleichbaren Nettolöhnen
aktiver Arbeitnehmer sowie gemäß der
Anpassung laufender Renten kommt in
Betracht.
Praxistipp:
Arbeitgeber sollten Versor-
gungswerke mit gehaltsabhängigen
Leistungszusagen schließen. Diese Zu-
sagen sind in der Regel mit erheblichen
Risiken verknüpft: Jede Gehaltserhö-
hung wirkt anspruchserhöhend für die
gesamte Rentenbezugszeit. Beiträge
zur Ausfinanzierung steigen daher im
Zeitverlauf exponentiell an, da bei jeder
neuen Gehaltssteigerung immer weni-
ger Zeit bleibt, um die gestiegene Rente
bis Rentenbeginn auszufinanzieren.
Arbeitgeber ist jetzt bereits auf
Verlangen auskunftspflichtig
Die Auskunftsrechte nach § 4a BetrAVG
wurden erweitert: Zukünftig müssen
Arbeitgeber „auf Verlangen“ des Ar-
beitnehmers zum Beispiel die Höhe der
unverfallbaren Anwartschaft oder den
Übertragungswert mitteilen. Bisher ist
das nur bei „berechtigtem Interesse“
MARKUS KELLER
ist
Geschäftsführer der febs
Consulting GmbH in Mün-
chen.
Schließen Sie Versor-
gungswerke mit gehalts-
abhängigen Zusagen.
Sie sind mit erheblichen
Risiken verknüpft.
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