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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2019
siert darauf, alle Mitarbeiter transparent
einzubinden und zu beteiligen. Dabei
nehmen sie verschiedene Rollen ein und
organisieren sich in Kreisen, deren Zu-
ständigkeiten klar geregelt sind. „Für uns
ist es das richtige Modell“, resümierte
Schertler. Holakratie biete Orientierung,
liefere Rollenklarheit und die Mitarbeiter
seien heute besser nach ihren Stärken
eingesetzt. Aber es sei kein Selbstläufer
und auch nicht für jeden angenehm, son-
dern anstrengend und man brauche viel
Mentoring und Geduld. „Da muss man
schon intrinsisch motiviert sein“, so die
Agenturmanagerin. „Denn Lorbeeren be-
kommt man keine dafür.“
„Mit Start-up-Spirit zu Bildungsinnova-
tionen“ lautete das Thema von Deborah
Schnabel, Geschäftsführerin der Lern-
plattform „Creative Learning Space“
und Professorin für Personal- und Orga-
nisationspsychologie an der Hochschule
Fresenius. „Wir müssen die neuen Ar-
beitsmethoden auch auf das Lernen
übertragen“, forderte Schnabel. Ansätze
wie Lean Start-up, Design Thinking und
Intrepreneurship ließen sich auch aufs
Lernen anwenden. Lernexperten müss-
ten daher denken und handeln wie ein
Entrepreneur oder Gründer. Konkret
bedeute das: Starte immer mit dem Pro
blem. Lernexperten sollten sich als krea-
tive Problemlöser verstehen. „Denken Sie
sich in den Lerner hinein und überprüfen
Sie alle Kontaktpunkte, die er mit Ihrem
Produkt hat“, so ihr Tipp. Manchmal sei
es schon eine unverständliche Seminar-
beschreibung, die den Lernenden ab-
schrecke. Agil zu sein bedeute auch, im
Sturm der Veränderungen robust zu sein.
„Planen Sie keine großen Lernsysteme für
die nächsten zwei Jahre, sondern testen
Sie lieber kleine Lösungen“, empfiehlt
die Unternehmerin. So sei auch die Ent-
wicklung ihrer Lernplattform stets iterativ
verlaufen. „Unsere Einnahmen haben wir
immer wieder in Verbesserungen inves-
tiert.“ Es sei daher besser – so wie es das
Konzept des Lean Start-ups vorschlägt –
Prototypen zu entwickeln und diese zu
testen. Aber diese Fehlerkultur werde in
der Personalentwicklung bisher nicht ge-
lebt. „Lernprofis müssen klein anfangen,
selbst ausprobieren und viel reflektieren“,
so Schnabel.
„Wir konzentrieren uns in Trainings da
rauf, effektive Manager zu trainieren,
statt Menschen zu Persönlichkeiten zu
entwickeln“, bemängelte Norbert Lei-
feld, Geschäftsleiter von Bust automotive.
Zur Verbesserung der Performance seien
vier Schritte notwendig: die Relevanz
der Lerninhalte, der Entwicklungsstand
des Mitarbeiters, die Lernziele und der
Lerntransfer vom Wissen
zum Können. Diese As-
pekte bildeten die Basis
des firmeninternen „Ba-
lanced Learning Models“.
Nur wer sich im Leben
Ziele setze, den Mut habe,
etwas zu riskieren, nicht
aufgebe und Selbstver-
antwortung zeige, sei
erfolgreich. „Der Mitar-
beiter muss ziehen, weil
er weiterkommen will“,
so Leifeld. „Und die Füh-
rungskraft muss ihm einen
Schubser geben oder ihn
wieder von seinen Hö-
henflügen herunterho-
len.“ Francisco Ramon
Pelzing, Global Manager
beim Professional Cam-
pus der Klebstoffsparte bei
Henkel, berichtete über
ein Pilotprojekt mit Plan-
„Viele Transformationsprojekte haben
sich längst verselbstständigt“, kritisierte
Karin Maria Schertler. „Man macht sie,
weil alle sie machen und verwechselt
dabei Mittel und Zweck.“ Denn agile Ar-
beitsformen könnten nur das Mittel sein.
Das Entscheidende sei das Warum. Dabei
zitierte die Geschäftsleiterin der Service-
plan Holding den Erfinder von New Work
Frithjof Bergmann: „Wissen wir, was wir
wirklich wirklich wollen?“. Das müsse
man auch mit dem Herzen spüren. „Füh-
len ist das neue Führen“, so Schertler in
ihrem Vortrag bei der 1. Rethinking Work
& Learning Conference in München.
Mit einem Start-up-Spirit zu
mehr Innovationen
Eingeladen hatten das Münchner Bera-
tungsunternehmen [bu:st] und der An-
bieter von Planspielen Celemi. Neben
den Vorträgen hatten die rund 70 Teilneh-
mer – zumeist Entscheidungsträger aus
Großunternehmen und Mittelstand aus
allen Branchen – auch die Gelegenheit,
Kurzversionen von zwei Planspielen zu
erleben. Echte Transformation gehe ans
Eingemachte und erzeuge Gegenkräfte,
mit denen man umgehen müsse, warnt
die Serviceplan-Managerin. „Da darf man
kein Warmduscher sein“, so Schertler.
„Transformation tut weh und sie braucht
auch ihre Zeit.“ Und sie erfordere eine
Veränderung des Denkens. Dazu gehöre
es, sich seine Glaubenssätze, Einstellun-
gen und Sichtweisen bewusst zu machen,
und zwar auf der individuellen und orga-
nisationalen Ebene. Wesentlich sei daher
die Frage: Was denken Sie – und nicht,
was machen Sie morgen anders?
Seit eineinhalb Jahren setze sie mit einem
zehnköpfigen Team bei Serviceplan auf
Holakratie. Das Organisationskonzept ba-
„Fühlen ist das neue Führen“
NACHBERICHT.
Auf der „1. Rethinking Work & Learning Conference“ des Münchner
Beratungsunternehmens „Bust“ sowie des Anbieters von Planspielen „Celemi“
diskutierten 70 Personalmanager über die Zukunft des Lernens in Zeiten von Agilität und
digitaler Transformation.
Fotos: Bust/Celemi