wirtschaft und weiterbildung 7-8/2019 - page 55

wirtschaft + weiterbildung
07/08_2019
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schaftler. Es ließe sich nicht herstellen,
indem man etwas „Liquid Trust“ mit dem
Hormon Oxytocin versprühe.
„Das Wunderspray ist Unsinn“, bestä-
tigte auch Christian Montag, Professor
für Molekulare Psychologie an der Uni-
versität Ulm. Die Dosis bei einem Kör-
perspray oder im Raum sei üblicherweise
viel zu gering, um tatsächlich Einfluss
auf menschliches Verhalten nehmen zu
können. Das Hormon fahre zwar „die
Alarmanlage im Hirn herunter“ und er-
höhe damit das Vertrauen, es als „Ku-
schelhormon“ zu bezeichnen, sei jedoch
falsch. So hätten Experimente gezeigt,
dass Oxytocin auch mit Schadenfreude
und Neid assoziiert ist. Zudem hätten
sich Wissenschaftler damit beschäftigt,
inwieweit sich interindividuelle Differen-
zen beim Vertrauen und bei der Vertrau-
enswürdigkeit durch die Persönlichkeit
erklären lassen. In einer Studie wurden
dabei die Unterschiede bei den Big Five-
Persönlichkeitsmerkmalen (Offenheit für
Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extra-
version, Verträglichkeit und Neurotizis-
mus) untersucht. So seien Personen, die
anderen leichter vertrauen, extravertier-
ter und weniger neurotisch. Personen, die
vertrauenswürdiger sind, hatten dagegen
höhere Werte bei Gewissenhaftigkeit.
Vertrauen bringt Markentreue
Darüber, wie Vertrauen auch einem
kleinen Unternehmen helfen kann, neu
durchzustarten, berichtete Stefan Kre-
min, Geschäftsführer des Familienunter-
nehmens Brauns-Heitmann in Paderborn.
Das 400-Mitarbeiter-Unternehmen stellt
Spezialmittel für die Haushalts- und Wä-
schepflege sowie Lebensmittel- und Eier-
farben her, darunter auch die Textilfarbe
Simplicol. Dabei hatte man sich lange auf
seiner Alleinstellung ausgeruht, bis der
Henkel-Konzern plötzlich ein Konkur-
renzprodukt lancierte. Das 140 Jahre alte
Unternehmen belebte seine Marke neu
mit einem neuen Claim und modernem
Verpackungsdesign. „Wir haben erkannt,
dass wir uns viel zu wenig um den Kun-
den gekümmert haben und uns nur auf
die technische Umsetzung konzentriert
hatten“, gesteht Kremin. „Die meisten
Kunden wollen stolzer Renovator sein
und ihre vergilbte Bluse nicht wegschmei-
ßen.“ Die Neuausrichtung überzeugte
Handel und Verbraucher, sodass Henkel
sein Produkt wieder vom Markt nahm.
Vertrauen zurückerobern
Mit dem Thema „Vertrauen verlieren und
zurückerobern“ beschäftigte sich Frank
Roselieb, Direktor von „Krisennavigator –
Institut für Krisenforschung“ in Kiel. „In
Krisenzeiten entwickeln Unternehmen
oftmals Aktivitäten, um auch noch den
letzten Funken Vertrauen zu verspielen“,
resümiert der Experte. Seine Empfehlung
für gute Krisenkommunikation: „Reagie-
ren Sie konsistent, schnell und leiden-
schaftlich und beantworten Sie alle Fra-
gen.“ Und man brauche ein Gesicht, das
die Botschaft glaubhaft vermittle. „Der
Pressesprecher genügt da nicht“, warnt
Roselieb.
Den Abschlussvortrag hielt der als „Pro-
filer“ angekündigte „Kriminal- und Ge-
heimdienstanalyst“ Mark T. Hofmann,
der laut eigenen Angaben gerade zum
Thema Serienmörder und funktionelle
Psychopathen promoviert. Profiling sei
nichts anderes als Datenanalyse, erklärt
er. Der „FBI-Profiling Ansatz“ bestehe aus
dem Was (die Tat), dem Warum (Motiv)
und dem Wer (Profil), wobei das Warum
zum Profil führe. Die Motivsuche klang
dann allerdings verdächtig nach Küchen-
psychologie.
Hofmann erklärte: Die drei Grundtechni-
ken des Überzeugens seien das Konsis-
tenzstreben (Wer A sagt, muss auch B
sagen). Die zweite Technik sei das Sym-
pathieprinzip: „Wir lassen uns nur von
Leuten überzeugen, die wir sympathisch
finden. Sympathie entsteht durch Ähn-
lichkeit, egal wie trivial sie ist.“ Das funk-
tioniere über das Spiegeln der Körperspra-
che, Stimmung und Ausdrucksweise. Und
dann gebe es noch das Autoritätsprinzip:
„Wir sind viel beeinflussbarer, wenn wir
jemanden als Autorität ansehen.“
Bärbel Schwertfeger
Foto: Nymphenburg Gruppe
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