wirtschaft und weiterbildung 2/2018 - page 53

wirtschaft + weiterbildung
02_2018
53
Foto: Messe Hannover
Für welche Berufe wir Menschen brauchen
Wie verändert sich gerade die Arbeitswelt?
Prof. Dr. Christoph Igel:
Da haben wir verschiedene Trei-
ber. Zum einen die Vernetzung von Maschinen mit dem
Internet und die Veränderung von Tätigkeiten durch diese
Vernetzung. Zum anderen alle Entwicklungen aus dem
Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), die sich unter dem
Schlagwort maschinelles Lernen zusammenfassen lassen.
Was ist bei der Zusammenarbeit von Mensch und
Roboter die größte Veränderung der letzten Jahre?
Igel:
Wir erleben zwei ganz wesentliche Veränderungen.
Das eine geht manchmal ein bisschen unter, weil das für
uns einfach selbstverständlich ist: mögliche Interaktions-
formen. Also dass wir heute Roboter haben, die mit uns
reden können, die auf Gestik reagieren, die zukünftig auf
Mimik reagieren. Und wir werden in zunehmendem Maße
Roboter haben, die im Alltag unterwegs sind, die in Bil-
dungsprozesse eingebunden werden, die unter Nutzung
von KI als autonome Systeme agieren und in eine quasi
menschliche Interaktionsform mit uns treten können.
Früher haben Roboter Menschen bei der Arbeit
unterstützt. Werden bald Menschen den Robotern
assistieren?
Igel:
Es ist sehr pauschal, aber Sie bringen es auf den
Punkt. Wir haben die ersten Arbeitsplätze, an denen der
Mensch unterstützend für Robotersysteme tätig ist. Wo wir
nicht mehr über eine Mensch-Roboter-Zusammenarbeit,
sondern über Roboter-Mensch-Kollaboration reden. Aber
dieses Assistieren ist keine intellektuelle Unterordnung
unter den Roboter. Wir nutzen im Prinzip die zunehmenden
Fähigkeiten, die da sind. Der Mensch hat dabei zu jedem
Zeitpunkt die Möglichkeit, die Steuerung wieder an sich zu
nehmen.
Glauben Sie, dass wir in Zukunft überhaupt noch
arbeiten müssen?
Igel:
Wir werden in der Lage sein, nur noch solche Dinge
zu tun (das „nur noch“ ist keine Einschränkung, sondern
eigentlich eine qualitativ erfreuliche Aussage), die Robotik
oder künstliche Intelligenz nicht besser können als wir. Es
ist gar nicht so sehr die Frage, ob KI oder Hochtechnologie
die Tätigkeit des Menschen ersetzt. Die Frage wird eher
sein: Was kann der Mensch mehr und besser und anders
als Hochtechnologie? Fakt ist, dass es uns die Chance gibt,
Interview.
Wie Menschen künftig arbeiten werden, verrät der Forscher Prof. Dr. Christoph Igel
auf der Didacta 2018. Er ist wissenschaftlicher Direktor des Educational Technology Lab des
Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Berlin.
auf Tätigkeiten zu schauen, die uns als Mensch am Ende
des Tages ausmachen.
In welchen Berufen sind Menschen besser?
Igel:
Es geht gar nicht so sehr um die Frage von Berufen,
es geht mehr um die Frage von Tätigkeiten. Denken Sie an
Sachbearbeitung in Versicherungen oder in Banken, Tätig-
keiten, bei denen komplexe Berechnungen notwendig sind,
wo viele standardisierte Prozesse ablaufen. Da werden wir
erleben, dass Technologien dies besser können als Men-
schen, weil sie schneller und exakter sind. An der Stelle ist
die Frage nicht, welcher Job wegfällt, sondern welche Tätig-
keiten potenziell substituiert werden können. Was übrig
bleibt, sind alle Dinge, die etwas mit Kreativität, kritischem
Denken, Reflexion, sozialer Interaktion zu tun haben – mit
allem, was Qualifizierung und Bildung erfordert.
Interview: Andrea Staude
Hinweis:
Igel spricht auf dem „Forum Berufliche Bildung“
(Halle 13, Stand F104) am Dienstag, 20. Februar, ab 11.30
Uhr zum Thema „Beruf 4.0 = Roboter und AI?“. Außerdem
erklärt Igel die Bedeutung der künstlichen Intelligenz am
Samstag, 24. Februar, ab 10.30 auf dem „Forum Qualifizie-
rung“ (Halle 13, Stand E50).
Prof. Dr. Christian Igel.
Er vertritt das Thema
„Künstliche Intelligenz“
auf der Didacta.
Foto: Pichler
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