wirtschaft und weiterbildung 2/2018 - page 55

wirtschaft + weiterbildung
02_2018
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gung gelangen: „Diese Leistung könnte
mir einen Nutzen bieten.“ Oder im Ideal­
fall: „Diese Leistung muss ich haben.“
Das ist vielen Standmitarbeitern nicht
bewusst.
Die Praxis zeigt: Selbst erfahrene Verkäu-
fer agieren auf dem für sie ungewohnten
Terrain Messe oft recht hilflos. Eine Ursa-
che hierfür ist, das Business-to-Business-
Verkäufer im Arbeitsalltag, wenn sie po-
tenzielle Kunden besuchen, meist einen
Termin haben. Sie kennen den Namen
und die Funktion der Person, mit der sie
ein Treffen vereinbart haben. Und in der
Regel können sie auch den Bedarf ihres
Gesprächspartners beziehungsweise sei-
nes Unternehmens zumindest grob ein-
schätzen – beispielsweise aufgrund der
Vorgeschichte des Kunden oder der Vor-
gespräche. Also können sie sich auf die
Gespräche gezielt vorbereiten.
Herausforderung: Fremde
Menschen kontaktieren
Anders ist dies auf Messen. Hier müs-
sen die Verkäufer auf Fremde zugehen.
Sie müssen sich nach dem Bedarf von
Personen erkundigen, von denen sie
oft nicht einmal wissen, warum sie den
Messestand aufgesucht haben und ob sie
überhaupt Interesse an einem Gespräch
haben. Deshalb kämpfen sogar erfahrene
Vertriebsmitarbeiter auf Messen oft mit
ähnlichen mentalen Barrieren wie bei der
telefonischen Kaltakquise. Dies gilt insbe-
sondere dann, wenn sie nicht wissen, wie
sie auf Messen, bei denen viele Gesprä-
che „en passant“ geführt werden, Kunden
ansprechen und sich nach ihrem Bedarf
erkundigen sollen, ohne aufdringlich zu
wirken. Dieses Thema wird in Messetrai-
nings oft nicht ausreichend erörtert.
Noch wichtiger ist aber, den Standmitar-
beitern im Vorfeld zu vermitteln: Welche
Ziele verfolgt das Unternehmen mit dem
Messeauftritt? Oft hat man als Messebe-
sucher den Eindruck: Die Standmitar-
beiter wissen überhaupt nicht, warum
ihr Unternehmen auf der Messe ist und
welche Teilziele im Marketing- und Ver-
triebsprozess es hiermit verfolgt. Also
ist ihnen auch nicht klar, was ihre Auf-
gabe und Funktion auf der Messe ist. Die
Folge: Gerade die Verkauf-Profis unter
ihnen sind nach ein, zwei Messetagen
häufig frustriert. Denn sie gewinnen den
Eindruck: „Das bringt nichts! Hier wer-
den nur unverbindliche Gespräche mit ir-
gendwelchen x-beliebigen Menschen ge-
führt.“ Entsprechend unmotiviert stehen
sie in der Ecke. Eine Ursache hierfür ist:
Den Verkäufern ist nicht ausreichend be-
wusst, dass es nicht die zentrale Funktion
von Messen ist, irgendwelche (meist im
Vorfeld ausgehandelten) Kontrakte unter
Dach und Fach zu bringen. Das Ziel lautet
vielmehr: mit potenziellen Neukunden
in Kontakt kommen und mit ihnen erste
zarte Bande knüpfen, die nach der Messe
zu Kundenbeziehungen ausgebaut wer-
den können.
Aus dem Messeziel konkrete
Aufgaben ableiten
Diesen Punkt sollten Unternehmen ihren
Mitarbeitern bei der Messevorbereitung
stärker ins Bewusstsein rufen – gerade
weil sich bei komplexen Dienstleistungen
der Verkaufsprozess oft über Monate, teils
sogar Jahre, erstreckt. Deshalb ist für die
(Stand-)Mitarbeiter meist nicht erkenn-
bar, welchen Beitrag sie mit ihrer Arbeit
auf der Messe zum Gelingen des Gesamt-
prozesses leisten. Weil ihnen dies nicht
bewusst ist, ist den Standmitarbeitern
auch nicht klar, was ihre zentralen Aufga-
ben auf Messen sind. Sie lauten:
• Kontakte mit möglichst vielen poten-
ziellen (Neu-)Kunden anbahnen,
• ihr Interesse an den Produkten/Dienst-
leistungen des Unternehmens wecken
und schüren,
• die relevanten Besucher-/Interessen-
tendaten sammeln und
• diese Daten so dokumentieren, dass
der Vertrieb aus den Interessenten nach
der Messe mit einer hohen Wahrschein-
lichkeit Kunden machen kann.
Sind den Standmitarbeitern ihre Messe-
aufgaben nicht bewusst, zeigen sie oft
ein Verhalten, das den Messezielen wi-
derspricht. Entsprechend wichtig ist es,
den Mitarbeitern im Vorfeld von Messen
nachdrücklich den Zusammenhang zwi-
schen ihrer Tätigkeit und den Messezie-
len zu erläutern. Denn nur wenn die als
Standmitarbeiter eingesetzten Verkäufer
wissen, welche Ziele ihr Unternehmen
mit dem Messebesuch verfolgt, können
sie auch die Bedeutung ihrer Aufgaben
auf der Messe richtig einschätzen. Also
agieren sie auch nur dann am Messestand
zielgerichtet und motiviert.
Harald Klein
Harald Klein
hat über 13 Jahre
lang Erfahrung
in Vertrieb und
Marketing von
hochwertigen, beratungsintensiven
Produkten und Dienstleistungen
gesammelt. Er arbeitet als Trainer und
Berater für das auf den Vertrieb von
Industriegütern und -dienstleistungen
spezialisierte Trainings- und Bera-
tungsunternehmen Peter Schreiber &
Partner in Ilsfeld.
Peter Schreiber & Partner
Eisenbahnstraße 20/1
D-74360 Ilsfeld-Auenstein
Tel. +49 7062 96968
AUTOR
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