wirtschaft und weiterbildung 2/2018 - page 50

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
02_2018
vernachlässigt, weil davon ausgegangen
wird: Die Ziele gehen aus dem Anliegen
hervor. Dies ist ein Irrtum. Zwar verbin-
det jede Person, die sich coachen lässt,
damit Ziele, doch diese sind oft sprach-
lich und mental vage als Wünsche oder
Hoffnungen oder negativ als „Weg-vom-
Problem“ formuliert. Und damit einher
geht häufig eine Problemzuschreibung,
die außerhalb des eigenen Einflussbe-
reichs liegt. Eine exakte Zielklärung ist
wichtig, denn ein Ziel lässt sich eher er-
reichen, wenn es
• konkret formuliert ist,
• selbst herbeiführbar ist,
• terminiert angestrebt wird und
• in einer „Hin-zu-etwas-Begrifflichkeit“
beschrieben wird.
Solche Ziele können Coachees, die sich
in einem Problemzustand befinden, oft
nicht formulieren. Also müssen Sie sie als
Coach hierbei unterstützen. Gute Fragen
zur Zielformulierung können zum Bei-
spiel sein:
• „Welches Ziel haben Sie denn in dieser
Situation?“
• „Was möchten Sie (idealerweise) errei-
chen?“
Diese sollten mit Fragen nach Erfolgskri-
terien für die Zielerreichung verknüpft
werden:
• „Woran würden Sie erkennen, dass Sie
Ihr Ziel erreicht haben?“
• „Wer außer Ihnen würde es noch er-
kennen und woran würde er es genau
erkennen?“
Beim Feedback am Schluss eines Coa-
ching-Prozesses berichten Coachees oft:
Die Zielarbeit habe einen wesentlichen
Beitrag zur Lösung ihres Problems ge-
leistet. In diesem Sinne stellt sie bereits
eine Intervention dar, denn Zielarbeit ist
Perspektivenarbeit. Sie führt den Coachee
im Idealfall aus einer Problem- in eine
Zieltrance.
Sind die Ziele formuliert, geht es um die
Frage, welche Wünsche und Erwartun-
gen der Coachee hat, wie Sie ihn bei der
Zielerreichung unterstützen. Das heißt,
Sie klären den konkreten Auftrag an Sie
ab. Dies geschieht in der Regel mit den
einfachen Fragen:
• „Wie kann ich Sie bestmöglich unter-
stützen?“
• „Was kann oder soll ich tun, damit Sie
Ihr Ziel erreichen?“
Auf diese Fragen wissen Coachees spon-
tan oft keine Antwort. Helfen Sie ihnen,
indem Sie Vorschläge machen, was Ihr
Part sein könnte – zum Beispiel: Dinge
hinterfragen, ungewöhnliche Fragen stel-
len, Advocatus Diaboli sein, neue Per­
spektiven eröffnen.
Phase 3:
Interventionsphase
In der eigentlichen Interventionsphase
werden die spezifischen Methoden der
Veränderungsarbeit eingesetzt. Diese
können aus systemischen Fragetechniken
oder Aktionsmethoden bestehen. Grund-
sätzlich sollten Interventionen geplant
sein und nicht als „Hüftschuss“ erfol-
gen. Es erfordert Erfahrung und Intuition
sowie ein ausreichend großes Repertoire
an Techniken, um als Coach die für das
jeweilige Anliegen und die jeweilige Per-
son passende Intervention auszuwählen.
Wenn Coachs die lösungsorientierte Ge-
sprächsführung verinnerlicht haben, sind
sie mental auch frei, um im Gespräch die
körpersprachlichen Signale des Coachees
wahrzunehmen. Einen erfahrenen Coach
zeichnet es aus, dass er die körpersprach-
lichen Veränderungen, die zum Beispiel
Überlegungsprozesse und Aussagen be-
gleiten, registriert und gegebenenfalls zu-
rückmeldet.
Hierfür ein Beispiel: Angenommen,
die Augen des Coachees füllen sich mit
Tränen. Dann kann der Coach diese
Wahrnehmung mit den Worten zurück-
melden: „Ich sehe, dass Sie das gerade
emotional stark beschäftigt!“. Angenom-
men nun, der Coachee erwidert hierauf
nichts. Dann kann der Coach nach einer
Weile nachfragen „Was geht Ihnen gerade
durch den Kopf?“ Ein weiteres Beispiel.
Angenommen, der Coach registriert, dass
der Coachee lächelt. Dann kann er sagen:
„Ich nehme eine Veränderung in Ihrem
Gesicht wahr. Sie lächeln! Was ist Ihnen
eingefallen?“
Phase 4:
Abschluss
Sobald die Maßnahmenbildung abge-
schlossen ist, also die nächsten Schritte
in Richtung Ziel definiert sind, neigt sich
das Coaching (beziehungsweise die Coa-
chingsitzung) dem Ende entgegen. In
einem gemeinsamen Rückblick sollten
nun die Veränderungen und Ergebnisse
zusammengefasst werden – zum Beispiel
mit Fragen wie
• „Wo stehen Sie nun im Hinblick auf
Ihre Ziele?“
• „Wo besteht noch Handlungsbedarf?“
Nun ist es auch an der Zeit, auf der Meta-
ebene eine Evaluierung des Coachingpro-
zesses vorzunehmen:
• „Wie haben Sie das Coaching empfun-
den?“
• „Was war hilfreich?“
• „Was war schwierig?“
Der Coach erhält so ein Feedback und
kann hieraus Anregungen und Schluss-
folgerungen für seine künftige Arbeit ab-
leiten. Und der Coachee? Er kann wieder
in das „Hier und Jetzt“ zurückkehren
und sich gedanklich von der Arbeit mit
dem Coach verabschieden. Der direkte
Coachingprozess ist nun vorbei: Auf der
Ebene der Gedanken, Gefühle und Hand-
lungen des Coachees wird er jedoch noch
lange nachwirken.
Sabine Prohaska
R
Sabine Prohaska
ist Inhaberin des
Trainings- und
Beratungsunter-
nehmens „Semi-
nar Consult Prohaska“, Wien, das
unter anderem Trainer und Coachs
ausbildet. Im Oktober 2013 erschien
ihr Buch „Coaching in der Praxis:
Tipps, Übungen und Methoden für
unterschiedliche Coaching-Anlässe“.
Seminar Consult Prohaska
Märzstraße 55/13
A-1150 Wien
Tel. +43 664 3851767
AUTORIN
„Gründliche Arbeit an den Zielen leistet einen
wesentlichen Beitrag zum Coaching-Erfolg.“
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