grundls grundgesetz
Boris Grundl
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wirtschaft + weiterbildung
02_2018
„Macht das Sinn?“ Dieser Satz besteht nur aus drei
Wörtern und einem Satzzeichen. „Sinn“ – ein Wort,
das wir häufiger hören, verpackt in eine starke
Frage, die immer öfter gestellt wird. Damit wächst
seine Bedeutung für das Leben von Menschen und
die Existenz von Unternehmen. Der Duden formu-
liert Sinn als „eine innere Beziehung zu etwas“.
Doch zu was lohnt es sich, eine solche Beziehung
aufzubauen und wohin führt das?
Wenn ich bei Vorträgen und Seminaren einen
kurzen Feldtest mache, was den Teilnehmenden
bei der Umsetzung einer Aufgabe am wichtigsten
ist, erhält das „Warum“ des Handelns die überwäl-
tigende Mehrheit der Stimmen (rund 70 Prozent)
– weit vor dem „Was“, dem „Wie“ oder „Womit“.
Gefühlt ist diese Zahl die letzten zehn Jahre perma-
nent angestiegen. Das beweist, wie wichtig der Sinn
für unser Leben geworden ist.
Im Fragen und Nachdenken darüber zeigen sich
zwei große Ansätze. Die einen fragen sich: Welchen
Sinn hat das Leben? Damit gehen sie mit ihrer
Suche nach außen und enden entweder in einer
Sackgasse oder bei einem zweifelhaften „Guru“. Die
anderen fragen sich: Wodurch wird mein Leben zum
Sinn für andere? Sie gehen den Weg ihrer Suche
nach innen. Und dieser Weg führt in den steinigen,
doch sehr lohnenswerten Weg der Selbsterkennt-
nis. Zusätzlich gibt es noch viele kleinere Ansätze
durch die Frage, was in welchem Kontext jetzt
gerade mehr oder weniger Sinn macht. Dabei geben
klare Werte und Ziele eine hervorragende Orien-
tierungshilfe. Und deshalb haben klare Werte und
klare Ziele so viel Sinn!
Beim Weg nach „innen“ geht es sehr schnell um
Selbstverantwortung und Selbstverpflichtung.
Beides Dinge, die nicht einfach so da sind, sondern
die wir entwickeln – für die wir viel lernen und ver-
stehen müssen. Immer wieder aufs Neue. Je nach
geistigem Level. Ziele haben für einen Azubi einen
anderen Sinn als für einen Abteilungsleiter. Und
wieder einen anderen für einen CEO. So manches
Mal verstehen wir den anderen erst, wenn auch wir
dessen Level an Verantwortung erreichen. Manche
verstehen ihre Eltern erst besser, wenn sie selbst
Kinder haben.
Wie weit wir bei unserer Sinnfrage und damit bei
einem erfüllten Leben gekommen sind, erkennen
wir an der Qualität der Sinnfragen. Hier ein paar
Ansätze zum Mitdenken: „Was soll das?“ mündet
schnell im Außen und im Beschweren. Ein bisschen
mehr Niveau zeigt sich beim „Was will ich nicht?“
Immerhin wird es schon persönlicher. Mit den Fra-
gen „Was soll ich?“ und „Was muss ich?“ beginnt
es, in Richtung Reife zu „kippen“, weil wir uns
unserer Verantwortung annähern.
Richtig stark wird es bei der Frage „Was darf ich?“
Ein ganz anderer Tenor zieht in unser Leben ein.
Es wird substanzieller. Jetzt ist der Boden endlich
bereitet für die Meisterfragen: „Wer bin
ich?“ Und an der Spitze der Pyramide ist
die Frage für Champions: „Für was bin
ich gemeint worden?“ Übertragen auf die
berufliche Lebenswelt heißt das: Damit ich
durch mein Handeln Sinn und damit Orientierung
geben kann, sollte ich mich immer weiter meinem
Lebenssinn annähern. Denn wer ein Warum zum
Handeln mitgeben kann, wird zum Sinnstifter und
damit zu einem starken Motivator für andere. Denn
wie heißt es so schön in Anlehnung an ein Zitat
Friedrich Nietzsches: „Wer ein Warum zum Handeln
hat, der erträgt fast jedes Wie.“
Paragraf 62
Werde zum Sinnstifter
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ
Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter zu
bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern.
Manche verstehen ihre Eltern erst
besser, wenn sie selbst Kinder haben
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