wirtschaft + weiterbildung
04_2017
41
Honorar niederschlägt. Bei den Evaluatio-
nen selbst geht es weniger wissenschaft-
lich als vielmehr pragmatisch zu. Dabei
haben sich die Methoden der Evaluation
im Vergleich zu 2010 sogar reduziert:
„Schriftliches Feedback durch Dritte, In-
terviews mit Dritten, Evaluationsbogen
des Auftraggebers“ wurden wesentlich
weniger häufig von den befragten Coachs
als Methode angegeben als noch bei der
Befragung 2010. Heute sind die mit Ab-
stand gängigsten Formen der Evaluation
das Abschlussgespräch mit Coaching-
Klient und Auftraggeber, das Gespräch
nur mit dem Coaching-Klienten und der
eigene Evaluationsbogen. Gleichzeitig
werden nun mehr „die Themen“ in die
Evaluation miteinbezogen. Dabei sind
die generellen Veränderungen sowie die
Rahmenbedingungen und der Coaching-
Prozess von besonderer Bedeutung bei
der Bewertung des Coachings.
Regulierung der Coaching-
Branche ist weiter umstritten
Ein Thema, das immer wieder im Zu-
sammenhang mit der Entwicklung des
Coachings als Profession diskutiert wird,
ist der Sinn oder Unsinn einer stärkeren
Regulierung. Durch die stark verbreitete
und oft bizarre Verwendung des unge-
schützten Begriffs Coaching oder auch
Coach wird immer wieder diskutiert, ob
man durch eine stärkere Regulierung das
Coaching und damit auch die Coaching-
Kunden besser vor Scharlatanen schützen
kann. Dass eine stärkere Regulierung Vor-
und Nachteile mit sich bringen kann, hat
man in anderen Bereichen der Beratung
(Psychotherapie, Mediation) bereits erle-
ben können.
Dennoch sprechen sich fast die Hälfte der
Befragten für eine stärkere Regulierung
aus. Knapp ein Viertel ist sich in dieser
Frage unsicher und das restliche Viertel
lehnt eine stärkere Regulierung ab. Inter-
essant ist allerdings, wer eine Regulierung
befürwortet und wer diese ablehnt. Die
Coachs, die die Regulierung ablehnen,
zeichnen sich in der Regel durch deut-
lich überdurchschnittliche Stundensätze
aus. Dies ist auch die Gruppe, die mehr
Berufserfahrung als Coach hat und viel-
leicht am ehesten als etabliert beschrie-
ben werden kann. Hier scheint der Druck
oder der Wunsch nach einer Regulierung
nicht mehr so groß zu sein. Was könnte
eine Regulierung bringen, wenn ich im
Coaching-Markt angekommen bin und
überdurchschnittliche Honorare erzielen
kann? Birgt dann eine Regulierung nicht
mehr Risiken als Nutzen? Müsste man
sich durch ein weiteres, womöglich büro-
kratisches, Verfahren zertifizieren lassen?
Würden weitere Fortbildungen zu be-
stimmten Themen oder bestimmte Arten
der Supervision Pflicht? Und all dies, ob-
wohl die Kunden sowieso nicht sehr auf
Zertifizierungen achten, sondern einfach
einen erfahrenen Coach haben möchten.
Diese Risiken könnten ein Grund sein,
warum in der Gruppe der berufserfah-
renen Coachs eher Ablehnung in Bezug
auf eine wesentlich stärkere Regulierung
anzutreffen ist.
Die Befürworter dagegen sind häufiger
noch nicht so lange im Markt aktiv und
erzielen eher durchschnittliche oder auch
nur unterdurchschnittliche Honorare.
Hier könnte die Hoffnung bestehen, dass
durch eine stärkere Regulierung die Kon-
kurrenten vom Markt verdrängt werden,
die eben nicht über eine umfangreiche
Coach-Ausbildung und eine entspre-
chende Qualifizierung verfügen. Einigkeit
besteht allerdings in der Frage, wer eine
mögliche Regulierung inhaltlich prägen
sollte, wenn sie denn käme. Hier werden
an erster Stelle die Coaching-Verbände in
der Verantwortung gesehen. An zweiter
Stelle werden Impulse von Coach-Prak-
tikern (Coachs) und an dritter Stelle von
der Wissenschaft erhofft. Der Gesetzge-
ber landet abgeschlagen auf Platz vier.
Die Vorstellung, dass der Gesetzgeber in
der Lage sei, in vernünftiger Art den Coa-
ching-Markt zu regulieren, scheint nicht
sehr verbreitet zu sein.
Abschließend kann festgehalten wer-
den, dass man im aktuellen Coaching-
Markt von vielen positiven Belegen und
Ansätzen für die Qualitätssicherung im
Coaching sprechen kann. Diese Ansätze
werden ganz klar von den Coachs selbst
verfolgt. Von der Primärausbildung über
die Berufserfahrung und Spezialisierung,
der ständigen Weiterbildung und der Eva-
luation von Leistungen haben sich heute
De-facto-Standards durchgesetzt, die im
Sinne des Kunden sind. Natürlich gibt
es auch eine große Bandbreite in diesen
Fragen, wenn man den einzelnen Coach
betrachtet. Hier wäre es aber vielleicht
stärker auch an den Coaching-Kunden,
bei der Auswahl eines Coachs auf weitere
Qualitätsmerkmale wie einer Verbands-
zugehörigkeit oder einer transparenten
Zertifizierung zu achten.
Jörg Middendorf, Lutz Salamon
„Aufgrund welcher Kriterien werden Sie als
Coach von Ihren Kunden angefragt?“
Marketing.
Die befragten Coachs sagten, dass sich Neukunden überwiegend
nach den Empfehlungen von anderen Menschen richten.
Quelle: Coaching-Umfrage Deutschland 2016
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Anzahl Befragte
Empfehlung einer bekannten Person
Berufserfahrung als Coach
Empfehlung durch Personalabteilung oder
Vorgesetzten
Feldkompetenz des Coachs (Erfahrung in
der jeweiligen Branche, Beruf, Position etc.)
Eigene Führungserfahrung des Coachs
Coaching-Ausbildung
Vorheriger Kontakt jenseits des Coachings
Thematische Spezialisierung im Coaching
Methodische Ausrichtung des Coachings
Zertifizierung als Coach durch einen
Berufs- oder Fachverband
Verbandsmitgliedschaft in einem Berufs-
oder Fachverband
Sonstiges
n = 546 Befragte, Mehrfachnennungen
396
328
244
215
200
161
147
137
125
81
60
27