WIRTSCHAFT_UND_WEITERBILDUNG 06/2016 - page 56

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wirtschaft + weiterbildung
06_2016
die man als leidenschaftliche, klassische
Seminarraum-Trainer kennt. Wie wollen
Sie denen klarmachen, dass die Zukunft
dem „Social Learning“ im Netz gehört?
Robes:
Danke, dass Sie mich daran er-
innern! Es wäre schon viel gewonnen,
wenn wir uns darüber verständigten,
dass die Digitalisierung als Entwicklung
unumkehrbar ist und dass es für die
meisten von uns keine Option ist, sich
dieser Entwicklung zu verschließen. Das
betrifft auch und gerade Business-Trainer.
Ich kann mir eigentlich auch nicht vor-
stellen, dass es heute noch Trainer gibt,
die nicht das Netz nutzen, um sich vor-
zubereiten, um auf dem Laufenden zu
bleiben und sich mit Teilnehmern auszu-
tauschen. Und ein zweiter Punkt: Es ist
höchste Zeit, sich auch mit dem Vorurteil
auseinanderzusetzen, dass „online“ und
die Vermittlung sozialer Kompetenzen
keine Schnittmenge haben oder sich gar
ausschließen.
Glauben Sie, dass in der 70-20-10-Regel
eine tiefere Wahrheit steckt, oder sollen
damit nur die guten alten Seminare
eingespart werden?
Robes:
Hinter der 70-20-10-Formel steckt
die einfache Wahrheit oder sagen wir
besser die Erinnerung daran, dass Lernen
und Kompetenzentwicklung vor allem
im Arbeitsprozess und im Austausch
mit anderen stattfinden. Die spannende
Frage lautet also eigentlich: Was bedeu-
tet das? Muss ich als PE überhaupt etwas
tun? Und da kommen wir wieder zu den
Rahmenbedingungen, zu Selbstlernkom-
petenzen und zu „Social Learning“. Denn
zum einen stoßen unsere alltäglichen
Dr. Jochen Robes ist Senior Consultant
bei HQ Interaktive Mediensysteme GmbH
in Wiesbaden und betreibt den bekann-
ten Weiterbildungsblog
-
dungsblog.de“. Er ist Mitglied der Gesell-
schaft für Wissensmanagement (GfWM),
des Hochschulforums Digitalisierung
und beschäftigt sich als Autor, Lehrbe-
auftragter und Referent seit vielen Jahren
mit dem Wandel der Weiterbildung und
neuen Formen des Lehrens und Lernens.
Wenn Weiterbildungsthemen nicht
mehr von der Personalentwicklung (PE)
aufbereitet und in Form von Seminaren
von Trainern vermittelt werden, bleibt ja
nur noch der Versuch, dass die „Lerner“
sich (gegenseitig) ihre Kompetenzen
selbst beibringen. Aber nur die wenigsten
haben die Fähigkeit und die Lust, sich
selbst etwas beizubringen …
Robes:
Und doch ist diese Selbstlernkom-
petenz in den meisten Fällen gegeben,
denn wir lernen ja täglich in unseren Pro-
jekten und in den Arbeitsprozessen, in
denen wir stecken. Was sicher noch fehlt,
ist ein offener Umgang mit den Möglich-
keiten des Selbstlernens. Das fängt bei
Führungskräften an, die das Selbstlernen
unterstützen und fördern und betrifft
Firewalls, die Mitarbeiter nicht von Res-
sourcen im Netz abschirmen. Und darü-
ber hinaus kommt natürlich auch die PE
ins Spiel, die sich aktiv mit diesen Rah-
menbedingungen des Lernens auseinan-
dersetzt. Ermöglichungsdidaktik ist da
das Stichwort, das es am besten auf den
Punkt bringt.
Sie sprechen am 4. Juni quasi in der
Höhle des Löwen vor Gabal-Mitgliedern,
Wie können Trainer die
Digitalisierung lieben lernen?
GABAL-JUBILÄUMS-IMPULSTAGE.
Jochen Robes, Experte für Bildungstechnologie und
Wissensmanagement, erklärt am 4. Juni auf den Gabal-Jubiläums-Impulstagen den
radikalen Wandel, der der betrieblichen Weiterbildung bevorsteht. In diesem Interview
schildert Robes, warum und wie Trainer fit in Sachen „Social Learning“ werden.
Dr. Jochen Robes (re.)
ist in der Corporate-Learning-Szene sehr gut vernetzt.
Das Foto zeigt ihn auf der Cebit 2015 mit seinen beiden Mitstreitern,
Karlheinz Pape (li.) und Simon Dückert von der „Corporate Learning Alliance“.
Foto: Pichler
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