wirtschaft und weiterbildung 2/2016 - page 15

wirtschaft + weiterbildung
02_2016
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etwas beim Publikum haften bleibt und ob sich einige ent-
scheiden, am nächsten Tag etwas Mutiges zu tun, hängt nicht
davon ab, was er sagt, sondern wie er es sagt. Es kommt
darauf an, eine gewisse Emotionalität auf die Bühne zu zau-
bern. Das gelingt Warth dadurch, dass er sich auf wenige
inhaltliche Kernbotschaften beschränkt („sieben Schritte“)
und dass er diese Kernbotschaften in Metaphern verpackt, an
die man sich leicht erinnern kann. Im Laufe seines Vortrags
landet er zum Beispiel beim Thema „Wagemut“ und berichtet
davon, wie sehr er sich dem Gespött der Menschen aussetzte,
als er im Stadtpark anfing, das Jonglieren mit drei Bällen zu
üben. Dann überrascht er das Publikum damit, dass er plötz-
lich anfängt, auf der Bühne mit fünf Bällen zu jonglieren.
Die Botschaft: Meisterklasse erreicht man nur, wenn man es
in Kauf nimmt, als Anfänger zu scheitern und belächelt zu
werden.
Ein Höhepunkt bahnt sich an, als Warth Zuhörer auf das Po-
dium holt und sie bittet, zwei Gruppen zu bilden, die bei einer
ernst gemeinten Tauzieh-Aktion gegeneinander antreten sollen.
Das Tauziehen soll den ewigen Kampf zwischen Außendienst
und Innendienst oder zwischen der Produktions- und der Ent-
wicklungsabteilung symbolisieren. Wenn zwischen den Ab-
teilungen um die beste Entscheidung gekämpft werde, sei das
durchaus zum Vorteil des Unternehmens, sagt Warth. Während
die beiden Gruppen auf der Bühne in entgegengesetzte Rich-
tungen ziehen, stellt sich Warth – in der Rolle als Chef – auf
das gespannte Seil und zeigt so, dass aus einem Gegeneinander
eine „tragfähige“ Lösung entstehen kann. Solange der Chef
oben bleibt, ziehen beide Gruppen nicht gegeneinander, son-
dern „wie in eine Richtung“, weil sie ein gemeinsames Ziel
haben.
Warth überzeugt mit einem Gemisch aus Wortwitz, gut ge-
wählten Metaphern und artistischen Aktionen. Er bietet mehr
Entertainment als die meisten Keynote-Speaker in Deutsch-
land. Dafür verträgt jeder Kongress auch nur einen Warth.
„Wissensforum“ der SZ
Warth trat in München im Rahmen der Vortragsreihe „Wissens-
forum“ auf, die seit dem Jahr 2002 von der Süddeutschen Zei-
tung durchgeführt wird. Zehn Mal im Jahr darf ein erfahrener
Kongressredner im großen Saal des Süddeutschen Verlags in
der Hultschiner Staße in München mit einem abendfüllenden
Vortrag „gastieren“.
Die Redner werden von einem SZ-Team ausgewählt, das bei
den Vortragenden sowohl auf inhaltliche Kompetenz als auch
auf Unterhaltungswert achtet. Es kommen neben sehr popu-
lären auch unbekannte Redner zu Wort. Die üblichen „Ar-
tisten“ aus dem „Motivationszirkus“ werden allerdings igno-
riert. In der Regel erscheinen etwa 300 bis 500 Zuhörer, die
54,90 Euro pro Vortrag bezahlen, wenn sie alle zehn Vorträge
im Abonnement buchen.
Johannes Warth.
Der
gelernte Schauspieler
beherrscht viele Musik­
instrumente und setzt sie
damaturgisch geschickt ein.
R
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