Wirtschaft und Weiterbildung 09/2016 - page 58

messen und kongresse
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wirtschaft + weiterbildung
09_2016
Digitalisierung und Globalisierung unter
einem immer größeren Veränderungs-
und Innovationsdruck. Und ihre Mitarbei-
ter? Unter einem höheren Arbeitsdruck.
Deshalb erwarteten sie von den Beratern,
die für sie arbeiten, zunehmend rasch
umsetzbare Lösungen in kurzer Zeit.
Zugleich sollten die Lösungen aber nach-
haltig sein. Und diese Erwartung könn-
ten systemische Berater nach Auffassung
mancher Klienten, die der systemischen
Beratung eher kritisch-distanziert gegen-
überstehen, aufgrund ihrer Arbeitsweise
und ihres Selbstverständnisses nicht er-
füllen.
Dessen ungeachtet zeigten sich die Kon-
gress-Teilnehmer davon überzeugt, wie
es zum Beispiel Iris Fischer, die Leite-
rin der DGSF-Fachgruppe „Systemische
Supervision, Coaching und Organisati-
onsentwicklung“ formulierte, dass die
Zukunft systemisch ist. Unter anderem
aus folgendem Grund: Weil nicht nur die
Strukturen in den Unternehmen immer
vernetzter würden, sondern diese auch in
stets engere Beziehungsnetzwerke einge-
bunden seien, ließen sich heute für viele
Probleme tragfähige und somit nachhal-
tige Lösungen nur noch entwerfen, wenn
man die Interdependenzen, also das Be-
ziehungsnetzwerk sowie die bestehenden
Einflussfaktoren und Wechselwirkungen,
berücksichtige.
Das gelte auch für die Beratung von Ein-
zelpersonen. Dies führe im Einzelfall,
wenn zum Beispiel ein Musterwechsel,
also eine Einstellungs- oder Verhaltens-
änderung nötig sei, zwar dazu, dass das
Finden und Entwickeln der Problemlö-
sung etwas länger dauere. Dafür sei die
Lösung aber trag- und zukunftsfähiger,
als wenn man reagierend auf einen aku-
ten Bedarf nur nach einer Optimierung
des Bestehenden strebe.
Mehrwert der systemischen
Arbeit
Dessen ungeachtet müssen sich die Be-
rater sowie Personalentwickler, die sys-
temisch arbeiten, der Erwartungshaltung
ihrer Kunden stellen und sich mit ihr
auseinandersetzen. So waren denn auch
viele Kongress-Teilnehmer der Auffas-
sung, dass sich die systemischen Berater
noch stärker darum bemühen müssten,
transparent zu machen,
• wodurch sich der systemische Bera-
tungsansatz von anderen Beratungsan-
sätzen unterscheidet,
• was dessen „Stärken“ sind und
• warum eine systemische Betrachtungs-
weise gerade in einer vernetzten Welt
von sehr hoher Bedeutung ist.
Dies ihren Klienten in einer einfachen
und bildhaften Sprache und anhand prak-
tischer Beispiele zu vermitteln, falle lei-
der vielen systemischen Beratern schwer,
betonte ein Kongress-Teilnehmer. Sie
müssten lernen, ihren Zielkunden den
„Mehrwert“ ihrer Arbeitsweise aufzuzei-
gen – „sonst können sie sich im Markt
nicht behaupten“.
Auf der Veranstaltung wurde auch deut-
lich, dass das Online-Coaching in den
kommenden Jahren im Coaching- und
Beratungsmarkt zunehmend an Bedeu-
tung gewinnen wird – gerade auch im
Business-Kunden-Geschäft. Denn die jun-
gen Leute, die allmählich in die Schlüssel-
Bei der als Bar-Camp organisierten Ver-
anstaltung diskutierten Angehörige der
unterschiedlichsten Berufsgruppen in 16
Workshops unter anderem über die Fra-
gen:
• Inwieweit beeinflussen und verändern
solche Megatrends wie die Digitalisie-
rung und Globalisierung die Gesell-
schaft und die Arbeitswelt?
• Welche Auswirkungen haben sie auf
das systemische Coaching sowie die
Supervision und Organisationsentwick-
lung?
• Welche Anforderungen ergeben sich
daraus vonseiten der Klienten, Organi-
sationen und Unternehmen?
• Entstehen in diesem Kontext neue
Denk- und Verhaltenstabus und verän-
dern sich die „Spielregeln“?
Neben (Personal-)Managern sowie Perso-
nal- und Organisationsentwicklern nah-
men an dem Kongress Berater, Coachs
und Supervisoren teil, die für Profit- und
Non-Profit-Organisationen arbeiten. Be-
wusst wurde in dem Kongress, wie IFSM-
Geschäftsführer Klaus Kissel betonte, ein
Brückenschlag zwischen dem Profit- und
Non-Profit-Bereich gesucht, da diese Be-
reiche sich zunehmend „befruchten“. Das
heißt, Methoden, die ihre Wurzeln im
Profit-Bereich haben, halten zunehmend
im Non-Profit-Bereich Einzug und umge-
kehrt.
Kunden fordern immer
schneller eine Lösung
Übereinstimmend betonten die Teilneh-
mer: Die Organisationen, für die sie arbei-
ten, stünden unter anderem aufgrund der
„Der systemischen Beratung
gehört die Zukunft“
DGSF.
„Quo vadis – Systemisches Coaching, Supervision und Organisationsentwicklung?“,
so lautete der Titel eines Kongresses, den die Fachgruppe „Systemische Supervision,
Coaching und Organisationsentwicklung“ der Deutschen Gesellschaft für Systemische
Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und das Institut für Sales &
Managementberatung (IFSM) veranstalteten.
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